Berlin. Entspannung, Spaß, Erholung – das kann auch im Familienurlaub gelingen. Eine Psychologin verrät, was Kindern auf Reisen wichtig ist.

Familienurlaub kann die Zeit im Jahr sein, wo man sich näher kennenlernt. Was sich schon bei der Vorbereitung des Urlaubs mit Kindern beachten lässt und warum wenig Geld einen erholsamen Familienurlaub nicht verhindern muss, erklärt im Interview Hanna Busch, Leiterin des Jugendpsychologischen Instituts Essen-Steele.

Wie kann man bei der Planung eines Familienurlaubs sicherstellen, dass sowohl die eigenen Bedürfnisse als auch die des Kindes berücksichtigt werden?

Hanna Busch: Es ist wichtig zu beachten, dass jede Familie unterschiedliche Bedürfnisse hat. Man sollte das Alter der Kinder berücksichtigen und sich fragen, ob das Reiseziel für sie geeignet ist. Die Bedürfnisse von Kindern sind sehr unterschiedlich und können sich über die Zeit hinweg ändern. Kleine Kinder haben grundsätzlich das Bedürfnis, bei ihren Eltern zu sein.

Man sollte die Bedürfnisse der Kinder abfragen und beachten, dass Kinder mehr im Hier und Jetzt leben. Es kann also vorkommen, dass ihre Vorstellungen sich vor Ort ändern. Es ist auch wichtig, im Voraus Regeln festzulegen, zum Beispiel in Bezug auf die Mediennutzung, um Konflikte während des Urlaubs zu vermeiden.

Ist Familienurlaub generell gut für Kinder? Wann kann es besser sein, getrennt von den Kindern zu verreisen?

Busch: Viele Eltern sind vor dem Urlaub bereits erschöpft und sie sollten überlegen, ob sie die Kapazitäten haben, eine längere Reise mit Kindern zu planen und umzusetzen, ohne gestresst anzukommen. Denn entspannte Eltern haben einen positiven Einfluss auf ihre Kinder. Es hängt auch vom Alter ab. Jugendliche kommen bei eigenen Freizeitangeboten oft mehr auf ihre Kosten. Jede Familie sollte ihre eigenen Bedürfnisse berücksichtigen und aus dem gemeinsamen Urlaub keinen Zwang machen.

Hanna Busch ist Leiterin des Jugendpsychologischen Instituts Essen-Steele.
Hanna Busch ist Leiterin des Jugendpsychologischen Instituts Essen-Steele. © Privat

Ab welchem Alter sollten Kinder beim Packen einbezogen werden?

Busch: Bereits ab einem Alter von ein bis zwei Jahren kann man mit kleinen Kindern über ihre Lieblingsspielsachen und die Dinge, die sie zum Schlafen benötigen, sprechen. Es ist wichtig, das Konzept des Urlaubs zu erklären, insbesondere, dass man nicht einfach nur woanders hinfährt, sondern dort auch übernachtet. Die Selbstständigkeit beim Packen entwickelt sich individuell im Grundschulalter, aber es ist immer ratsam, gemeinsam zu überprüfen, ob alles Notwendige eingepackt wurde.

Welche Art der Anreise ist für Familien mit Kindern am besten geeignet?

Busch: Das ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Einige Kinder haben keine Probleme mit dem Auto oder dem Flugzeug, aber manche Kinder brauchen die Nähe und Sicherheit ihrer Eltern während der Reise. Bei längeren Autofahrten ist es ratsam, viele Pausen einzuplanen und flexibel zu sein. Auch eine halbe Stunde nach der letzten Pause kann es sein, dass das Kind schon wieder eine braucht. Grundsätzlich ist es eine ganz wichtige Empfehlung, die Reise so zu gestalten, dass sie bereits Teil des Urlaubs ist.

Welche Spielzeuge und Unterhaltungsmöglichkeiten empfehlen Sie für Flug-, Bahnreisen und Autofahrten?

Busch: Grundsätzlich ist es sinnvoll, Spielzeug mitzunehmen, das die Kinder bereits gut kennen und damit positive Erfahrungen gemacht haben. Gleichzeitig kann es auch hilfreich sein, ihnen etwas Neues und Spannendes mitzugeben. Manchmal kann schon ein Schlüsselbund oder andere interessante Gegenstände faszinierend sein.

Es gibt keine festen Regeln. Bahnfahrten sind vorteilhaft, da die Eltern nicht auf den Verkehr achten müssen und sich auf ihr Kind konzentrieren können. Bei jeder Art der Reise ist es wichtig, dass zumindest ein Elternteil Zeit und Aufmerksamkeit für das Kind hat.

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Kann es schädlich sein, im Urlaub Familienregeln aufzugeben?

Busch: Es kommt darauf an, welche Regeln bereits etabliert sind oder gerade neu gelernt wurden. Wenn gerade eine Einschlafroutine erst kürzlich im Familiensystem etabliert wurde, ist es sinnvoll, diese auch im Urlaub beizubehalten.

Kinder können lernen, dass der Urlaub eine besondere Zeit ist, in der bestimmte Regeln gelten und manche ausgesetzt sind und dies auf die Urlaubszeit begrenzt ist. Für ältere Kinder oder Jugendliche kann es beispielsweise bedeuten, dass sie eine Stunde länger aufbleiben dürfen oder öfter Eis essen gehen. Es ist wichtig, individuell zu entscheiden, welche Regeln im Urlaub angepasst werden können.

Welche Vor- und Nachteile hat ein All-Inclusive-Urlaub zum Beispiel in einem Urlaubs-Ressort?

Busch: Einige Kinder finden es toll, mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen und an Unterhaltungsprogrammen teilzunehmen. Ein weiterer Vorteil kann sein, dass es feste Zeiten für die Mahlzeiten gibt, an denen man teilnehmen kann oder auch nicht.

Das kann zu einer allgemeinen Entlastung der Familie führen und den Eltern ermöglichen, den Urlaub zu genießen. Andere Familien empfinden es als qualitativ hochwertigere Zeit, die gemeinsame Urlaubszeit flexibel und spontan selbst gestalten zu können, sei es am Strand oder in einer Ferienunterkunft.

Wie viel Bildung – in Form von Sightseeing – ist im Urlaub mit Kindern sinnvoll?

Busch: Es gibt interaktive Museumsführungen, bei denen Kinder etwas anfassen und spielen können, aber das ist nicht die Regel. Ein klassischer Sightseeing-Urlaub ist für kleine Kinder oft nicht entspannend, es sei denn, das Angebot ist kindgerecht. Es kann sinnvoll sein, flexibel zu bleiben und einen Tag in der Hauptstadt zu verbringen, ohne straffes Zeitprogramm.

Man sollte vor Ort schauen, ob das Kind Interesse zeigt, und gegebenenfalls alternative Betreuungsmöglichkeiten finden, um Ausflüge für Erwachsene zu ermöglichen. Das richtige Alter für einen Sightseeing-Urlaub ist unterschiedlich. Im Grundschulalter können Stadtrallyes oder kindgerecht gestaltete Angebote funktionieren.

Camping-Urlaub geht oft mit weniger Erwartungen einher und ist deswegen entspannender.
Camping-Urlaub geht oft mit weniger Erwartungen einher und ist deswegen entspannender. © Getty Images/iStockphoto | petrenkod

Haben Sie Notfalltipps für Krisensituationen oder Streit während des Familienurlaubs?

Busch: Es ist wichtig, Rückzugsorte zu schaffen und jedem Familienmitglied Zeit für sich zu ermöglichen. Man sollte flexibel sein und nicht ein straffes Programm durchziehen, wenn die Stimmung nicht passt. Regeln in Streitsituationen, die zu Hause gelten, sollten auch im Urlaub eingehalten werden.

Bei großen Krisen muss man individuell entscheiden, ob der Urlaub fortgesetzt werden kann oder nicht. Es ist empfehlenswert, die ersten Tage des Urlaubs entspannt anzugehen, um Stresssituationen zu vermeiden. Auch bei der Rückkehr sollte genügend Zeit eingeplant werden, um sich zu erholen und neu zu orientieren.

Gibt es Fehler, die man im Urlaub mit Kindern machen kann, die an einem geringen Budget liegen?

Busch: In manchen Fällen kann ein Urlaub auf einem Campingplatz mit wenig Sightseeing und einem entspannten Programm für Familien erholsamer sein als ein teurer All-Inclusive-Urlaub an einem exotischen Ort. In solchen Fällen hat man möglicherweise andere Erwartungen. Wenn man schon so weit gereist ist, möchte man bestimmte Dinge sehen und erwartet, dass alles perfekt läuft.

Die Erwartungen können anders sein, wenn man weiß, dass man mit einem kleineren Budget auskommen muss. Dadurch fällt möglicherweise auch ein langer Flug oder eine lange Autofahrt weg, da man den Urlaub eher im Inland oder in den Nachbarländern verbringt. Manchmal führt ein begrenztes Budget sogar dazu, dass der Urlaub weniger vollgepackt ist und man ihn mehr genießen kann.

Was darf im Urlaub nicht fehlen?

Busch: Es sollte auf jeden Fall Flexibilität und Zeit geben, um spontan zu sein. Man sollte sich bewusst sein, dass der Urlaub eine besondere Zeit ist, in der die Familie viel Zeit miteinander verbringt und sie auf eine andere Art gestalten kann.

Es geht nicht darum, wie viele Delfine man gesehen hat, sondern darum, gemeinsam Zeit zu verbringen. Außerdem sollten Eltern offen dafür sein, dass sich die Bedürfnisse der Kinder jedes Jahr weiterentwickeln und man im Urlaub die Möglichkeit hat, sich besser kennenzulernen. Wenn es dafür Zeit und Raum gibt, kann das den Urlaub besonders machen.

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