Berlin. Bei „Hart aber fair“ kam es zu kurzzeitigen Allianzen. Außerdem versuchte eine enttäuschte Wählerin, der Politik die Leviten zu lesen.

Sachsen, Thüringen, Brandenburg: Die AfD ist im Osten nach den Landtagswahlen endgültig eine feste Größe. Das verändert die politische Landschaft – und könnte sich im kommenden Jahr im Bund auswirken, wenn der Bundestag neu gewählt wird.

Das Thema beschäftigte am Montagabend auch die Runde bei „Hart aber fair“. „Wie zerrissen ist die Republik?“, war die Sendung überschrieben. Es diskutierten: Die Politiker Kevin Kühnert (SPD), Sahra Wagenknecht (BSW) und Philipp Amthor (CDU) sowie die Schriftstellerin Juli Zeh und die Soziologin Katharina Warda.

Brandenburgerin bei „Hart aber fair“: „Man fühlt sich alleingelassen“

Ein Teil der grundsätzlichen Problematik wurde am Beispiel von Doreen Lorsch deutlich. Die Fleischereifachverkäuferin aus dem brandenburgischen Dahme/Mark schilderte zwischendurch, warum aus ihrer Sicht zunehmend mehr Menschen auf die AfD setzen.

„Man fühlt sich alleingelassen, hat Angst vor der Zukunft“, beschrieb Lorsch die Stimmung in ihrer Region. Neben der Migration und dem Ukraine-Krieg spielten auch Probleme vor Ort eine Rolle, etwa dass immer mehr Läden zumachten. Zur Migration betonte Lorsch, dass sie kein Problem „mit bestimmten Leuten“ habe. „Aber man kann hier nicht einfach Menschen aufnehmen, ohne über das Wie nachzudenken“, kritisierte sie.

Kevin Kühnert hat sich vorbereitet

Den Ball nahm Kevin Kühnert auf. Tatsächlich hatte er sich vorbereitet: Er habe mit seinem SPD-Kollegen in der Region telefoniert, dieser habe auf die Eingebungen von Lorsch und anderen Organisatoren einer Montagsdemo mit einem umfänglichen Brief geantwortet. „Mich würde interessieren, was in Ihrer Gruppe damit passiert ist“, fragte Kühnert.

Ein cleverer Zug, der einerseits zeigte, dass man sich durchaus um die Probleme vor Ort bemüht. Andererseits brachte er Lorsch in Verlegenheit: Der Brief habe ja bei einer der Demos verlesen werden sollen, doch habe die Zeit gefehlt, erklärte Lorsch. Und überhaupt: Sie habe ja früher immer CDU gewählt und sei von dieser Partei enttäuscht.

Die Grünen als Satan

Der Fall zeigte exemplarisch, wie kompliziert allein die Kommunikation in dieser Republik geworden ist – ein Umstand, der sicher auch eine Erklärung für das Erstarken der AfD ist.

Juli Zeh hatte dazu eine präzise Analyse parat: Politik denke bei Entscheidungen zu wenig an Menschen in strukturschwachen Regionen, befand die Schriftstellerin. Doch nicht nur das: Obendrein hätten die Menschen auch noch das Gefühl, es mit einem übergriffigen Staat zu tun zu haben. Exemplarisch stünden dafür die Grünen. „Das Gefühl, die Grünen seien der Satan – das höre ich überall“, berichtete Zeh.

Ein überraschendes Bündnis

Einen bemerkenswerten Moment erzeugte die Runde, als sich Kevin Kühnert und Philipp Amthor kurzzeitig gegen Sahra Wagenknecht verbündeten. Nachdem die BSW-Gründerin die Republik mal wieder schlechtgeredet hatte, platzte dem SPD-Generalsekretär der Kragen: „Es reicht nicht, 20 Dinge aufzuzählen, die in den vergangenen Jahrzehnten schlecht gelaufen sind und zu sagen: Alles große Scheiße in diesem Land!“, kritisierte er Wagenknecht.

Und Amthor unterstützte. „Sie haben in 20 Jahren nicht ein Gesetz durch ein Parlament gebracht“, sagte der CDU-Politiker an Wagenknecht gewandt. Stattdessen habe sie eine Verwüstung in der Parteienlandschaft hinterlassen. „Ich bin mal gespannt: Wenn Sie Verantwortung übernommen haben, werden wir auch schlaue Kommentare haben.“

Das Fazit

Ein bisschen Wahlnachlese, ein bisschen Migrationsdebatte, ein bisschen Soziologie der AfD-Wählerschaft: Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ war in manchen Momenten richtungslos. Das führte dazu, dass viele bereits ausdiskutierte Perspektiven neu aufgewärmt wurden.

Ganz überraschend kam das nicht. Und vielleicht sollte man auch nicht zu streng sein: Die Ratlosigkeit zum Höhenflug der AfD ist schließlich allerorten vorhanden.