Köln. In einer neuen Ausstellung sollen Besucher in Köln in die Nacht eintauchen, in der die Titanic gesunken ist. Funktioniert das?
Am Ende sitzt man da. In einem Rettungsboot. Irgendwo auf dem eiskalten Atlantik. Über einem glitzern die Sterne am Himmel. Gleich nebenan versinkt ein großes Schiff in den dunklen Fluten. Beeindruckend wie nie kann man seit Freitag in Köln eine der größten Schifffahrtskatastrophen der Geschichte erleben. „Titanic – eine immersive Reise“, heißt die Ausstellung, die zu einem schaurig schönen Zeitsprung einlädt. Mit alten Artefakten und modernster Technik. 30.000 Tickets waren schon vor dem Start verkauft. Lohnt die Buchung?
Köln, Stadtteil Ehrenfeld. Früher war hier mal ein Autohaus. Jetzt ist die Seitenansicht eines Ozeandampfers der White Star Line auf die riesige Fassade des Gebäudes gemalt. Man weiß nicht viel, wenn man auf den Parkplatz im Stadtteil Ehrenfeld fährt, aber eines ist klar: Selbst wenn kein Eisberg in der Nähe ist, ja es nicht einmal Wasser gibt, ein Schiff wird sinken. Heute, morgen, jeden Tag in den kommenden Wochen bis Ende Juni. Mindestens.
Zu seiner Zeit das größte Schiff der Welt
Denn so lange bittet diese Ausstellung zu einer immersiven Reise in die Nacht des 14. auf den 15. April des Jahres 1912. Die Nacht, in der die RMS Titanic, damals der größte Luxusdampfer der Welt, auf seiner Jungfernfahrt von Southampton nach New York einen Eisberg rammt - an Bord Auswanderer, Aristokraten, Millionäre. Zwei Stunden und 40 Minuten liegt das von der Presse „unsinkbar“ genannte Schiff auseinandergebrochen in über 3000 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund. Nur 705 der über 2200 Menschen an Bord überleben. Es ist eine Katastrophe, die sich tief in das kollektive Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt hat. Nicht nur, aber auch wegen des Films von James Cameron.

Malte Fiebing-Petersen nickt. „Die meisten Menschen kennen die Geschichte wohl aus dem Kino“, sagt der wissenschaftliche Berater der Ausstellung. Er nicht. Er kennt sie schon länger, er kennt jedes Detail. Denn Fiebing-Petersen ist der Vorsitzende des Deutschen Titanic-Vereins. Und er sagt, dass die Kölner Ausstellung eine ganz besondere ist. Wissenschaftlich korrekt sei sie sowieso. Auch wenn nur eines der rund 300 Ausstellungstücke von der Titanic stammt und der große Rest von den baugleichen und identisch ausgestatteten Schwesterschiffen.
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
Jedenfalls hat Fiebing-Petersen den Audio-Guide eingesprochen, den die Ausstellungsbesucher vor Ort auf ihr Smartphone laden können, der sie durch das Schiff führt und die vielen Informations- und Schautafeln an den Wänden und die Artefakte in den Vitrinen um manche Geschichte und Anekdote bereichert. So weit, so konventionell. Diese Ausstellung aber bietet mehr.
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Selbst der große Speisesaal wurde geschickt nachgebildet
So haben die Veranstalter Räume und Gänge nachgebaut, in denen sie klassisches Mobiliar mit moderner Video- und Theatertechnik wie 360-Grad-Projektionen kombinieren. Kabinen und das Funkerhäuschen kann man so besuchen, und auf der großen Brücke der Titanic kann man stehen und durch eines der elf „Fenster“ blickend einen Eindruck von der Größe des Schiffs gewinnen. In dem durch clever positionierte Spiegel riesig wirkenden Speisesaal der 1. Klasse glänzt das Geschirr und glitzert das Besteck.
Auf jede Kleinigkeit haben die Ausstellungsmacher dabei geachtet. Zum Beispiel darauf, dass - anderes als lange geglaubt - in den Gängen der 1. Klasse keine Teppiche und, sondern Fliesen verlegt waren. Oder dass es die Gittertüren, mit denen die Passagiere unten im Bauch des Schiffes nach dem Wassereinbruch angeblich eingesperrt worden, nie gab. „Wir wissen immer mehr darüber, wie es auf dem Schiff wirklich aussah“, sagt der Titanic-Experte

Und wenn das Unglück seinen Lauf nimmt, dann kann man in dem „Krähennest“ genannten Ausguck dank einer großen Videoleinwand sehen, was Frederick Fleet und Reginald Lee in jener Nacht nicht gesehen haben: Einen gigantischen Eisberg, der langsam – aber am Ende doch zu schnell – aus der Finsternis auftaucht.
Beeindruckender Ausflug in die Virtuelle Welt
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Unten bei den Heizern, wo alles rot illuminiert ist, wabert Dampf über den Boden und kleine Monitore geben den Blick auf die Kohle in den Kesseln frei. Bis die Außenwand reißt und das erste Wasser eindringt. Was es anrichtet, ist wenig später zu sehen. In einem Flur, tief im Bauch des Schiffes, wo die 3. Klasse untergebracht war. Wasser rauscht heran, Koffer treiben darin und so echt wirkt die Videosimulation, dass man eine Sekunde lang reflexartig zur Seite springen will. Beeindruckend ist das alles.

Der Besuch endet – wenn man denn will und sechs Euro zusätzlich bezahlt – in der Virtuellen Realität. Mit einer speziellen VR-Brille kann man völlig abgeschottet von der echten Welt um sich herum zu einer Tauchfahrt zum Wrack der Titanic starten. Näher werden die meisten Menschen dem Ozeanriesen nie mehr kommen.
Bleibt noch der Merchandising-Shop am Ausgang. Die erwartbaren Mützen, Taschen, Pullis oder Socken gibt es da. Schwimm-Enten in Offiziersuniform, Poster, Schlüsselanhänger und natürlich die Titanic selbst. In klein, in groß – und natürlich auch als Eiswürfelform.
Öffnungszeiten
Mo/Di/Mi/So & Feiertage: 10 – 18 Uhr
Do/Fr/Sa: 10 – 20 Uhr
Weitere Infos und Karten (Erwachsene ab 26, Kinder und Jugendliche ab 18 Euro) gibt es unter titanic-experience.com im Internet