Lünen. Axxis‘ neues Album „Coming Home“ soll das letzte bleiben. Die Gründe und Zukunftspläne erklärt Sänger Bernhard Weiß im Interview.
Ein Kreis schließt sich: Mit einem letzten Album, dem am 13. Juli erscheinenden „Coming Home“, ziehen Axxis einen Schlussstrich unter ihre Karriere. Seit 1989 ist die Hardrock-Gruppe mit Basis in Lünen als Axxis (zuvor „Anvil“ und „Axis“) aktiv, zum 35. Bandgeburtstag wird nun das Ende eingeleitet. Zuvor reist das Quintett um Sänger Bernhard Weiß noch einmal kräftig mit neuen Songs und alten Hits durchs Land, um sich von den Fans zu verabschieden. Weiß (59) erklärt im Interview die Gründe für die Auflösung und warum seine Heimatstadt Lünen sich „Metal City“ nennen darf.
Das neue Album „Coming Home“ klingt frisch, melodiös, definitiv nach einer Band, die noch einiges zu sagen hat und voll im Saft steht. Warum soll es mit Axxis dieses Jahr nun zu Ende gehen?
Bernhard Weiß: Nun, da Harry (Oellers, Keyboarder, Anm. d. Red.) zum 31.12. aussteigt und wir eine GBR aus zwei Personen sind, wird es für mich schwer, alleine weiterzumachen. Kann Axxis als Ein-Personen-Unternehmen funktionieren? Ich kann mir das gerade nicht so richtig vorstellen. Seitdem ich in die Band eingestiegen bin, war Axxis immer auch ein Prozess und ein kreativer Kampf um die besten Ideen beim Songschreiben, erst zwischen mir und Walter Pietsch (Gitarrist 1988-1998, Anm. d. Red.), dann mit Harry. Der Erfolg der Band war auch damit zu erklären, dass man sich gegenseitig reflektiert, sich in Frage stellt und gemeinsam etwas entwickelt. Ich alleine mit mir selber kann diesen Prozess nicht sehen. Auch wenn dieser Schritt nicht der meine war, so finde ich es wichtig, dass wir als Zeichen an die Außenwelt und unseren Fans durch diesen Schritt klarmachen, dass Axxis nach dem 31.12. nicht mehr die Axxis sind, die sie mal waren. Was immer dann der Weg danach sein wird … keine Ahnung! Es bleibt spannend.
Die Platte erscheint in drei verschiedenen Versionen mit jeweils unterschiedlichen Songlängen. Warum?
Wir sehen den Einfluss der KI in das Songwriting sehr skeptisch und viele Musiker und Bands, die erfolgreich auf Spotify & Co. sein wollen, müssen dem Algorithmus Folge leisten und ihrer Songs danach ausrichten. Das tun wir aber nicht! Das Gegenteil von Streaming ist eben Vinyl und CD. Und da wir unser eigenes Label Phonotraxx betreiben, können wir machen, was wir wollen. Deshalb bieten wir dort für unsere Fans die längeren, verspielteren und originalen Versionen der Songs an. Denn unsere Hörer setzen sich immer noch mit der Musik intensiv auseinander. Sie sammeln nicht nur Files auf der Festplatte und konsumieren diese, sondern sie entdecken Verstecktes in unserer Musik, in den Texten, auch im Cover oder im Booklet. So produzieren wir auch unsere Songs. Wer sie auf einer guten Anlage hört, wird so einiges entdecken können. Auf Vinyl gibt es dann eine Mischung aus Original-Versionen und Compact-Versionen, da wir auf A- und B-Seite auf etwa die gleiche Länge kommen müssen. Auch das ist dem Sound geschuldet.
Es stehen nun noch einige Festivals im Kalender. Wie viel Wehmut ist dabei, wenn man weiß, dass es die letzte Festivalsaison ist?
Nun, wir genießen den Moment und egal ob Festival oder Clubshow, wir feiern unsere 35 Jahre mit unseren Fans zu 100 Prozent. Wir wollen uns das auch nicht kaputtmachen lassen. Meiner Erfahrung nach, geht immer dort, wo eine Tür geschlossen wird, eine andere wieder auf. Also, genießen und die Zukunft auf einen zukommen lassen.
Zwei Auftritte in der Region stehen im Herbst noch an. Zunächst: Gibt es besondere Erinnerungen, die Sie mit der Zeche Bochum verbinden, einem der Traditionsclubs im Ruhrgebiet? Vielleicht an den 4. April 1989, an dem eines der ersten Axxis-Konzerte stattfand?
Ups, mit Axis haben wir weit vor Axxis schon viele Clubs gespielt, aber Sie haben ja Recht. Mit dem Plattenvertrag in der Hand und dem zusätzlichen X haben wir mit Axxis dort eine der ersten Shows gespielt. Das war der Oberhammer. Die Zeche ist und bleibt für uns einer der wichtigsten Clubs im Ruhrgebiet. Obwohl sie früher weitaus mehr die Szene des Ruhrgebietes geprägt hat. Heute ist sie sehr auf Coverbands fokussiert. Für mich ist und bleibt die Zeche der Kult-Ort, an dem unsere Karriere anfing, erfolgreich zu werden. Wer hätte damals gedacht, dass wir nun seit 35 Jahren von der Musik leben können, in L.A., New York & Philadelphia Platten aufgenommen haben, ein Gold-Album bekommen haben, einen Eintrag ins Guinness Buch, mehrmals auf Wacken, Rock am Ring, dem Masters of Rock usw. gespielt haben, auf 70.000 Tons of Metal die Karibik beschallten und die Zeit mit den besten Fans der Welt verbringen durften. Das ist alles wie in einem unglaublicher Traum, den wir durchleben durften.
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Lennestadt hingegen steht bei nicht so vielen Hardrock-Bands im Kalender. Was verbinden Sie mit diesem Ort?
Wir kennen Lennestadt nicht so gut, aber wir wissen, dass der TuS Halberbracht Jubiläum feiert, so wie wir. Da lag es für den Verein nahe, gemeinsam zu feiern. Dass das da jetzt so abgeht, finde ich wunderbar. Die machen dort eine tollen Job. Tickets laufen super und das ist gut für den Club und für uns. Übrigens, Hardrock-Hochburgen gibt es an vielen Orten, an denen man es nicht für möglich gehalten hätte. Selbst mein Lünen nennt sich jetzt „Metal City“, da das Lükaz dort viele – auch internationale – Metal- und Rock-Veranstaltungen macht. Lünen steht so wie Lennestadt nun auf vielen Tourkalendern in der Rockpresse. Wer hätte das gedacht, nachdem die Stadt Lünen uns 1989 aus dem Proberaum geworfen hat, wegen zu aggressiver, jugendgefährdender Musik. 2016 hat man mich dann zum Kulturpreisträger ernannt. Das fand ich super toll und ein wenig Genugtuung mischte sich zur Freude.
Sie verrieten, dass das Konzert in Bochum am 29.12. das letzte für Keyboarder Harry Oellers sein soll. Allerdings stehen nun auch für Ende Januar noch Gigs im Kalender, unter anderem einer im auch gar nicht so weit entfernten Siegburg. Wie passt das zusammen? Oder wurden die Pläne nur kurzfristig angepasst?
Ne, Harry möchte zum 31 .12. aus der Band austeigen und die Konzerte im Januar waren schon lange vor seiner Entscheidung ausgehandelt und bestätigt. Ist jetzt für mich oder dem Rest der Band nicht gerade eine super Situation, aber da müssen wir nun durch. Wie, wissen wir noch nicht. Aber irgendwie bekommen wir das hin. Man muss sagen, dass solche Situationen einen mal wieder aus der Komfortzone holen und kreativ werden lassen.
Wie sieht’s mit den Fans in der Heimatstadt Lünen aus – dürfen diese sich noch Hoffnung auf ein abschließendes Konzert im Lükaz machen?
Wir warten die Konzerte im Januar mal ab. Das ist für uns bzw. den Rest der Band der Testballon. Gerade sind wir ganz euphorisch mit dem neuen Album beschäftigt und der Kopf hat keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Wir sind da alle sehr verunsichert und müssen alles auf uns zukommen lassen. Wichtig ist jetzt erstmal „Coming home“, welches super ankommt und den „Ruhrpott Rock Dinner“-Test bestanden hat.
Gibt es schon verkündbare Neuigkeiten zu Projekten, die Sie nach Axxis angehen wollen?
Nein, aber ich mache ja viele Projekte im Kreis Unna, die mich immer sehr fordern und mir ans Herz gewachsen sind. Letztens gab es noch ein Projekt mit dem Hilfsverein Lünen mit jugendlichen Straftätern und eine Schüler-CD zum Thema Klimaschutz. Dazu mein eigenes Solo-Projekt „Rock Chansons“, aber auch im Hinterkopf der Gedanke, wie man Axxis anders aufstellen könnte. Fakt ist jedoch: So, wie es mal war, wird es Axxis nicht mehr geben.
Termine: Axxis live in der Region
2.10. Lennestadt (Festhalle Halberbracht). Karten ca. 40 €. 29.12. Bochum (Zeche). Karten ca. 53 €., 23.1. Siegburg (Kubana Live Club). Karten ca. 36 €.