Dortmund. Die Star-Pianistin und Bariton Konstantin Krimmel sorgten mit Liedern von Valentin Silvestrov im Konzerthaus für gepflegte Lethargie.
Einen denkbar scharfen Kontrast zum turbulenten Treiben auf der benachbarten Fanmeile setzten der Bariton Konstantin Krimmel und die Pianistin Hélène Grimaud beim Klavier-Festival Ruhr mit einem Liederabend im Dortmunder Konzerthaus. Mit den neun Liedern des Zyklus op. 32 von Johannes Brahms und zwölf Gesängen des ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov bot man einen Abend der stillen, in sich gekehrten Töne.
Zwölf Lieder im weltentrückten Stil im Dortmunder Konzerthaus
Vor allem die Lieder Silvestrovs aus dem in den 70er-Jahren entstandenen Zyklus „Silent Songs“ auf Texte von Puschkin und angesehenen ukrainischer Dichtern verbreiteten eine Stimmung resignativer Lethargie ohne entspannende Lichtpunkte.
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Harmonisch tonal gestrickt und emotional tief der Romantik verbunden, wirken die in durchgehend schleppendem Tempo gehaltenen Gesänge aus der Zeit gefallen. Zwölf Lieder im hoffnungslos weltentrückten Stil des Schubertschen „Leiermanns“. Hélène Grimaud setzt sich seit Jahren für den ukrainischen Komponisten ein, der die krisengeschüttelte russisch-ukrainische Geschichte am eigenen Leib erfahren musste und sich selbst in der Ukraine nicht nur Freunde machte, als er sich nach dem russischen Überfall gegen einen Boykott russischer Musik aussprach.
Hélène Grimaud und Konstantin Kimmel: uneitler Einsatz beim Klavier-Festival Ruhr
Bewundernswert, mit welch stoischer Kompromisslosigkeit Grimaud und der Bariton Konstantin Krimmel die ähnlich leise und düster angelegten Gesänge ausführten. Ohne den geringsten Versuch, dynamisch oder gestalterisch nach erlösenden oder aufmunternden Rettungsringen oder gar Effekten zu suchen. Der Raum für stimmlich und atmosphärisch differenzierte Auslegungen der Texte bleibt allerdings eng, so dass in Dortmund vor allem der selbstlose und völlig uneitle Einsatz des Sängers und seiner Klavierpartnerin beeindruckte.
Die neun Lieder op. 32 von Johannes Brahms auf Texte von August von Platen und Georg Friedrich Daumer kreisen zwar auch ausschließlich um dunkle Seiten der menschlichen Existenz und verzichten ebenfalls auf jeden musikdramatischen Überdruck, bieten dem Sänger allerdings wesentlich größere Freiräume für gestalterische Kontraste. Doch auch in den wenigen emotionalen Ausbrüchen verloren Krimmel mit seiner kultivierten Baritonstimme und die fein agierende Pianistin nie ihre zurückhaltende Contenance.
Hélène Grimaud und Konstantin Krimmel gaben Brahms‘ frühlingshafte „Mainacht“ als wohltuende Zugabe
Ein ebenso introvertierter wie anstrengender, vom Publikum gleichwohl frenetisch bejubelter Liederabend. Die dunkel gespannte Stimmung der Silvestrov-Lieder hellte das Duo mit Brahms‘ frühlingshafter „Mainacht“ als Zugabe wohltuend auf.