Essen. Jenseits von Mozart: Der Shooting-Star unter den jungen Sängern überzeugte in Essens Philharmonie mit Arien fast vergessener Zauberopern.
Was heute ins Fantasy-Reich gehört, hieß vor gut 200 Jahren Schauerroman oder eben Zauberoper. Mit Mozarts „Zauberflöte“ liegt man da schon richtig. Aber im Wien des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts gab es eine ganze Industrie dieser musikalischen Theaterwerke, in denen nicht nur aufwändige Dekorationen oder technische Effekte die Menschen ins Theater zog – jenseits der vornehmen Hofoper.
In diese Welt der Zauberinseln, Steine der Weisen, magischen Schwerter, Zaubertiere oder Geister der Toten führten jetzt in der Essener Philharmonie die Hofkapelle München – und einer der derzeit interessantesten deutschen Sänger der jüngeren Generation: der Bariton Konstantin Krimmel.
Pulsierende Spannung mit der Hofkapelle München
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Dass Arien aus heute fast vergessenen Opern „Orfeo ed Euridice“ und „Orlando paladino“ von Haydn oder Salieris „La Grotta di Trofonio“ auch ohne szenisches Zauberwerk funktionieren, hat natürlich mit der subtilen Feinnervigkeit des Münchener Originalklang-Ensembles zu tun, das unter Rüdiger Lotter eben nicht nur die großen Effekte dieser einst spektakulären Musikkomödien plakatierte, sondern gerade auch die Schichten unter der schillernden Oberfläche, die pulsierende Spannung, auskostete.
Ein Zugriff, der neben dem bekannten „Reigen seliger Geister“ aus Glucks Orpheus vor allem auch einer Sinfonie von Luigi Boccherini mit dem dramatischen Beinamen „Haus des Teufels“ etwas von musikalischer Fallhöhe verlieh.
Konstantin Krimmel hat seine Stimme perfekt im Griff
Die fantastischen „Helden“ dieser aus heutiger Sicht etwas wunderlichen Opern (aber sind manche Fantasy- oder Science Fiction-Filme das nicht auch?) kommen mit Konstantin Krimmel packend-intensiv daher. Der 30-Jährige hat seine Stimme perfekt im Griff, von einer zarten lyrischen Höhe, mit der er vor allem ins Haydns Arien des Creonte aus dem „Orfeo“ betörte, bis zur profunden Tiefe in den Bassregionen, die er als Unterweltherrscher Eutifonte aus der Oper „Stein der Weisen oder die Zauberinsel“ präsentierte.
Letztere war eine Koproduktion, an der Mozart einen gehörigen musikalischen Anteil hatte und die im Umfeld der „Zauberflöte“ entstand. Dementsprechend durfte die „Vogelfänger-Arie“ des Papageno nicht fehlen, des einzigen bis heute populären Werks dieses Programms.
Mit Eleganz und federnder Musikalität
Krimmel überzeugte mit Eleganz, federnder Musikalität und einer fast akribischen Kontrolle. Dieser Sänger überlässt nichts dem Zufall. Gut so. In großen Musikmetropolen ist er längst kein Unbekannter mehr. In Essen zeigte er Humor, lobte die „Wohnzimmeratmosphäre“ angesichts der Besetzung des großen Saals, spendierte den Begeisterten dafür gleich drei Zugaben.
Das komplette Programm ist als CD beim Label Alpha erschienen: „Zauberoper“. Eine hervorragende Ergänzung zu vielen Referenzaufnahmen sei Krimmels neue Einspielung von Franz Schuberts Zyklus „Die schöne Müllern“ mit Daniel Heide am Klavier (ebenfalls bei Alpha) erwähnt.