Bochum. Element of Crime spielt das neue Album „Morgens um vier“ fast komplett beim Zeltfestival Ruhr in Bochum. Und huldigt einer Bühnenlegende.

Das güldene Glitzern der Trompete erblickt man schon, bevor der Mann dahinter überhaupt auf der Bühne steht: Sven Regener, Bestseller-Autor und Rock-Urgestein von Element of Crime, trägt sein liebstes Instrument vor sich her wie ein Maler seinen Pinsel. Ein kurzer Gruß in die Runde, dazu ein schmales „Vielen Dank!“ müssen reichen zur Einstimmung auf zwei prall gefüllte Konzertstunden beim Zeltfestival Ruhr. Sie belegen nachdrücklich, warum diese Band weiterhin zu den führenden deutscher Sprache zählt.

Sven Regener wirkt wie ein tiefenentspannter Literaturprofessor

Die rund 3200 Zuschauer im fast ausverkauften Sparkassen-Zelt dürfen an diesem Abend sitzen, ein fairer Zug, schließlich sind sie seit über drei Jahrzehnten mit den stilvoll ergrauten Herren mitgealtert. Der Nachwuchs ist deutlich in der Unterzahl. Für ihn hält Regener, der mit Hornbrille und knautschigem schwarzem Sakko immer mehr wie ein tiefenentspannter Literaturprofessor aussieht, einige harte Fakten aus der Bandgeschichte bereit. Wer von den Jüngeren weiß schon, dass Element of Crime bei seiner Gründung 1985 im Grunde ein Teil der Neuen Deutschen Welle war? „Bildung sollte man nicht zu kurz kommen lassen“, scherzt Regener. „Wer weiß, wer das alles hier sponsort. Vielleicht die Volkshochschule...“

Der launige Ritt durch die Jahrzehnte wird hartnäckig unterbrochen durch Songs vom neuen Album „Morgens um vier“, ihr bestes seit längerer Zeit. Dass selbst bei Edelfeder Sven Regener die Textideen nicht ins Unendliche sprießen, wurde bei den beiden etwas lahmen Vorgängern deutlich; doch das aktuelle Werk braucht den Vergleich mit Meilensteinen wie „Damals hinterm Mond“ nicht zu scheuen: Sie spielen es live fast komplett.

Klassiker wie „Delmenhorst“, „Draußen am Fenster“, aber auch „Jung und schön“

Auf der Bühne, so scheint es, schwelgen die sechs Musiker in ihrer eigenen Welt aus Melancholie, Gelassenheit und geistreichem Witz. Neben Regener unentbehrlich geworden sind Gitarrist Jakob Ilja und Schlagzeuger Richard Pappik, dessen markantes, aber sprödes Spiel immer an Charlie Watts erinnert. Neu dabei ist Markus Runzheimer, der den im letzten Jahr verstorbenen David Young am Bass ersetzt.

Klassiker wie „Draußem hinterm Fenster“, der unvermeidbare „Delmenhorst“-Hit und das lange nicht gehörte „Jung und schön“ wechseln sich ab mit Perlen aus der frühen Bandphase. Euphorisch wird es bei „Immer nur geliebt“: Den Song schrieb Regener im Jahr 2000 für Leander Haußmanns Abschiedsinszenierung „Peter Pan“ am Bochumer Schauspielhaus. „Schöne Zeiten“, erinnert er sich und widmet das Lied einer Schauspielerin, die diese Aufführung prägte wie kaum eine zweite: „Margit Carstensen!“