Köln. Mit 16.000 Fans haben Kiss in der ausverkauften Kölner Arena ein legendäres Abschiedskonzert gefeiert. Es war der letzte Auftritt in Deutschland.
Am Ende der Straße liegt… ein Gruselschloss? Eine glitzernde Galaxie? Ein gewaltiges Kraftwerk? Das, was Kiss am Sonntag (2. Juli) in der Kölner Arena auf ihrer „End Of The Road“-Abschiedstournee präsentieren, hat von all dem etwas. Um 20.51 Uhr bersten krachend die Tore zu einer fantastischen Welt, die bevölkert wird von Kreaturen der Nacht, von unbesiegbaren Rock’n’ Roll-Recken und zornigen Donnergöttern. Drachen speien Scharlachflammen. Die Augen der Höllenhunde glitzern in geisterhaftem Grün.
„Wir haben heute Abend coolen Stoff dabei“, verspricht Paul Stanley, „alten, älteren und den allerältesten“. Wobei der 71-Jährige keinesfalls solchen mit Alkoholgehalt im Sinn hat. Was immerhin denkbar wäre. Seit 2020 vermarkten Kiss, in Zusammenarbeit mit einem Getränkehersteller, Hochprozentiges unter Bezug auf den Bandnamen. Stattdessen gibt es 22 Stücke, die zurückgehen bis ins Gründungsjahr 1973. Ein halbes Jahrhundert später: finis.
Dunkle Kostüme und ganz viel Schminke: Kiss liefern legendäres Konzert
Nach dem zweistündigen, ganz fantastischen Konzert, das die New Yorker in Köln abliefern, könnte man deshalb bitterlich weinen. Und wenn man sich klar macht wer da aufhört, ganze Fässer mit Salzwasser füllen. Kiss sind Kult. Mit ihren geschminkten Gesichtern, den galaktisch anmutenden schwarz-silbernen Kostümen und einer Bühnenshow, die schon mächtig klotzt, wenn andere erst kleckern. Was da in den ersten Minuten alles an Feuerregen und -fontänen abgefackelt wird, bewahren sich andere fürs Finale auf.
Von der Urbesetzung ist außer Stanley (Gesang, Rhythmusgitarre) zwar nur noch Sänger und Bassist Gene Simmons (73) dabei. Aber Leadgitarrist Tommy Thayer (62) und Drummer Eric Singer (65) fügen sich gut ein. Nicht erst seit gestern und, wie sie mit minutenlangen, begeistert gefeierten, Soli unter Beweis stellen, auch virtuos. „The Starchild“ (Stanley), „The Demon“ (Simmons), „The Spaceman“ (Thayer) und „The Catman“ (Singer) bringen harten, dezibelstarken, schwermetallisch überzogenen Rock auf die Bühne.
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„Meine Mutter wurde in Deutschland geboren, das ist so, als wäret ihr wie Familie für mich“
Zu „Detroit Rock City“ schweben sie auf Podesten von der Decke auf die Bühne herab. Fledermausflügel flattern. Unterm hoch aufgebockten Schlagwerk quillt Dampf in Kaskaden hervor, in Schwällen rinnt roter Lebenssaft aus dem Mund von Simmons. Als „God of Thunder“ steigt er auf. Rollt mit den Augen, feixt und züngelt. Feuer gespuckt hat er schon vorher. Nach „Cold Gin“ schießt Thayers Gitarre heiße Raketenblitze ab, Stanley fliegt auf einem Ring stehend über den Innenraum, um auf der Mittelbühne dem Intro von „Black Diamond“ delikate Süße zu entlocken.
Im schwarz-silbernen Kosmos von Kiss ist der Mann mit dem schwarzen Stern überm rechten Auge der agilste von allen. Nicht erst wenn er die Lasso-Nummer mit dem Mikrofon am Kabel abzieht. Er macht die Ansagen, er hält den Kontakt zum Publikum: „Meine Mutter wurde in Deutschland geboren, das ist so, als wäret ihr wie Familie für mich.“ Stücke wie „Deuce“, „I Love It Loud“ oder „I Was Made For Loving You” sind wie Familie für die Ohren und Herzen der Fans. Ab jetzt untröstlich. Ab jetzt in Trauer.
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