Düsseldorf/Mülheim. Wer seinen Namen und seinen Geschlechtseintrag ändern möchte, kann sich nun beim Standesamt anmelden. Warum das Gesetz für viele zu spät kommt.

Wer in Zukunft seinen Vornamen und seinen Geschlechtseintrag ändern möchte, kann das über eine Erklärung beim Standesamt tun. Das neue Selbstbestimmungsrecht gilt zwar erst ab dem 1. November. Doch schon jetzt, drei Monate im Voraus, können sich trans, inter und nicht binäre Menschen beim Standesamt anmelden. Vor der neuen Regelung mussten sich die Menschen einem richterlichen Gutachten unterziehen.

Für Laura Patricia Kasprowski ist das Selbstbestimmungsgesetz ist vor allem ein Fortschritt, weil die „stigmatisierenden Gutachten damit wegfallen“, sagt die Mülheimerin. Die 23-Jährige war kürzlich beim Standesamt und hat die Änderung ihres Vornamens angemeldet. Bis heute steht in ihrem Pass der männliche Name, der ihr bei der Geburt gegeben wurde. „Ich habe auf das Selbstbestimmungsgesetzt gewartet“. Was das für sie bedeutet, erzählt sie im Protokoll:

„Der Moment, als ich beim Standesamt die Änderung meines Namens und Geschlechts angemeldet habe, fühlte sich gut und befreiend an. Jetzt muss ich allerdings noch bis November warten, bis das neue Selbstbestimmungsgesetz in Kraft tritt. In meinen Augen kommt es zu spät. Schließlich wurde das alte Transsexuellengesetz mehrfach als verfassungswidrig eingestuft. Die Anmeldung ist für mich aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

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„Beim Selbstbestimmunggesetz gibt es Nachbesserungsbedarf“

Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass man den Namen und den Geschlechtseintrag nicht jedes Jahr, sondern nur alle fünf Jahre ändern kann. So hätte man den Menschen auch die Bedenken nehmen können, dass nun jeder immer wieder sein Geschlecht wechselt. Nachbesserungsbedarf sehe ich auch bei der Regelung für Minderjährige. Stand jetzt dürfen Jugendliche ab 14 nur ihren Namen und Geschlechtseintrag ändern, wenn die Eltern zugestimmt haben. Tun sie das nicht, kann ein Familiengericht eingesetzt werden.

Damit es nicht so weit kommen muss, hätte ich mir eine verpflichtende Beratung, auch als eine Art der Mediation, gewünscht. Generell habe ich das Gefühl, dass in dieser extrem kontroversen Debatte gerade viel über uns und nicht mit uns gesprochen wird. Ich verstehe, dass man Bedenken hat. Aber es wird doch niemandem etwas genommen. Es wird lediglich der Weg für eine Gruppe, der sowieso schon schwer ist, minimal erleichtert.“

Trans-Frau: „Ich hätte mir gewünscht, Name und Geschlecht beim Standesamt ändern zu können“

Carolina Sauter musste sich vor ein paar Jahren noch einem medizinischen und richterlichen Gutachten unterziehen. Die 51-jährige Vodafone-Mitarbeiterin und Trans-Frau aus NRW ist froh, dass sich beim Selbstbestimmungsrecht nun etwas tut. Ihre Geschichte lesen Sie im Protokoll:

„Ich hätte mir damals gewünscht, meinen Namen und mein Geschlecht einfach beim Standesamt ändern zu können. Es ist ja eine rein formale Sache und hat nichts mit einer medizinischen Geschlechtsangleichung zu tun.

Transfrau Carolina Sauter ist froh, dass sich beim Selbstbestimmungsrecht etwas tut.
Transfrau Carolina Sauter ist froh, dass sich beim Selbstbestimmungsrecht etwas tut. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Bevor ich meinen Namen und mein Geschlecht auf dem Papier geändert habe, hatte ich Probleme mit Ämtern. Einmal wurde an meiner Identität gezweifelt, als ich meinen alten Ausweis vorlegen musste. Der männliche Name passte nicht zu meinem weiblichen Aussehen.

Trans-Frau: „Es ist unangenehm, sich wildfremden Menschen offenbaren zu müssen“

Als ich dann 2019 meinen Namen und mein Geschlecht im Ausweis anpassen wollte, mussten erst einmal zwei Gutachter und ein Gericht darüber entscheiden. In dem Moment habe ich mich entmündigt gefühlt. Mir wurden sehr intime Fragen gestellt, über meine Familie, meinen Arbeitgeber, Beziehungen mit Partnern. Es ist unangenehm, sich wildfremden Menschen so offenbaren zu müssen. Man fühlt sich ausgeliefert, obwohl meine Gutachter mir gegenüber fair waren.

Deshalb finde ich es gut, dass durch das neue Gesetz die Gutachter-Pflicht entfällt. Zuvor musste man das Verfahren samt Gutachten beantragen und dann noch selbst bezahlen. Bei mir waren das damals um die 1500 Euro – ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Denn am Ende war es wie beim Lotto: Man wusste nicht, ob man gewinnt oder verliert.“

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