Am Bildungszentrum werden Nachwuchskräfte zu Geprüften Betriebswirten. Die Teilnehmer eignen sich Kompetenzen an, die zur Führung eines Unternehmens gebraucht werden.
Janna Schaarschmidt und Johanna Wilke wissen genau, was sie beruflich wollen. Auf die von Personalleitern gern gestellte Frage: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren, haben die 25 Jahre alten Frauen eine klare Antwort. Sie möchten einmal ein Bestattungsunternehmen leiten. Deshalb absolvieren sie am Elbcampus, dem Bildungszentrum der Hamburger Handwerkskammer, eine Qualifizierung zum Geprüften Betriebswirt (HwO).
Beide Frauen haben zunächst eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft absolviert und danach noch den Technischen Fachwirt samt Ausbilderbefähigung gemacht und nun das Betriebswirtschaftsstudium begonnen. Mit 16 Handwerksmeistern und Fachwirten aus den unterschiedlichsten Gewerken (Zahntechniker, Kälteanlagenbauer, Elektriker, Radio- und Fernsehtechniker) absolvieren Janna Schaarschmidt und Johanna Wilke einen Vollzeit-Lehrgang.
Täglich von 8 bis 15 Uhr gehen sie zum Elbcampus, um sich die Kompetenzen anzueignen, die man zur Führung eines Unternehmens braucht. Zu den Themen gehören Personalplanung, Arbeitsrecht, Volkswirtschaftslehre. Der Kurs richtet sich vornehmlich an Handwerksmeister und Betriebsinhaber, steht jedoch auch Fachwirten und Nachwuchsführungskräften aus Verwaltung, Industrie und Einzelhandel offen. Zugangsvoraussetzung ist der Meisterbrief oder Fachwirt.
Der Unterricht setzt stark auf die praktischen Erfahrungen der Teilnehmer, wird aber gewerkeübergreifend durchgeführt. „Dadurch profitieren die Lernenden von den Erfahrungen, die ihre Kommilitonen in anderen Branchen gemacht haben“, sagt Karolin Biedermann, Bildungsmanagerin für kaufmännische Angebote am Elbcampus. Dank des bundesweit einheitlichen und staatlich anerkannten Abschlusses können die Absolventen später auch in einem Industrieunternehmen Karriere zu machen.
Janna Schaarschmidt und Johanna Wilke streben nach ihrem Betriebswirt zunächst eine leitende Funktion in einem Bestattungsunternehmen an und können sich auch ein gemeinsames Unternehmen vorstellen. Beide Frauen haben ihre Berufung als Bestatter gefunden und vor der Qualifizierung auch in ihrem Beruf gearbeitet. Bei Janna Schaarschmidt weckte ein Schulpraktikum bei einem Bestatter die Leidenschaft für den Beruf. Sie machte Abitur und anschließend eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft, die sie als Landessiegerin ihres Jahrganges in Hamburg abschloss. Ebenso wie ihre Freundin Johanna Wilke, die neben dem Landessieg in Schleswig-Holstein auch noch Bundessiegerin wurde. Johanna Wilke entdeckte während eines Auslandsaufenthaltes in Japan die Themen Abschied, Trauer und Sterben, machte Praktika und gab den Wunsch nach einem Psychologie-Studium zugunsten des Bestatterberufes auf. Beide Frauen erhielten nach ihren Siegen Weiterbildungsstipendien. „Wir möchten mehr qualifizierte Kräfte in der Bestatterbranche etablieren, die erst seit zehn Jahren zur Bestatterfachkraft ausbildet“, sagt Schaarschmidt. Und fügt hinzu: „Man braucht sehr viel Einfühlungsvermögen, Rücksichtnahme und Fürsorge, wenn man trauernde Menschen begleitet.“ Johanna Wilke ergänzt: „Wir sind in dieser schweren Phase als Bestatter für die Angehörigen der Fels in der Brandung. Wir dürfen jedoch deren Trauer nicht übernehmen.“
Für die Teilnehmer der Qualifizierung sind Motivation und eigenständiges Lernen erforderlich, denn die Qualifizierung ist durchaus anspruchsvoll, wie Janna Schaarschmidt und Johanna Wilke bestätigen. „Diese Weiterbildung ergänzt vorhandene fachliche Kenntnisse mit den notwendigen betriebswirtschaftlichen Kompetenzen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Betriebsführung“, sagt Karolin Biedermann. Die Abbrecherquote in den vergangenen beiden Jahren ist äußerst gering. Von 136 Teilnehmern in acht Lehrgängen hörte lediglich ein Teilnehmer vorzeitig auf.
Die erste der drei schriftlichen Prüfungen haben Janna Schaarschmidt und Johanna Wilke bereits geschrieben. In der vierten Prüfung wird es in der Projektarbeit um ein Thema aus ihrem Bestatterberuf gehen. Wenn alles gut klappt, erhalten beide Frauen im April 2015 ihr Zertifikat.