Hamburg. Jeder zweite Langstreckenflug gestrichen. Ab Mittwoch sind Kurz- und Mittelstrecken betroffen. Das müssen Passagiere nun wissen.
Wer heute mit der Lufthansa ins ferne Ausland fliegen möchte, muss sich auf Verzögerungen oder sogar Flugausfälle einrichten. Denn die Piloten von Deutschlands größter Airline bestreiken von Dienstagfrüh an Langstreckenflüge. Es ist der mittlerweile 13. Streik seit April 2014. Auslöser für den Dauer-Streit ist ein Tarifkonflikt, in dem es unter anderem um die Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland geht.
Auch Hamburger könnten betroffen sein, die planen von München, Frankfurt oder Düsseldorf aus mit einer Lufthansa-Maschine zu ihrem im Ausland gelegenen Ziel zu gelangen. „Wir haben am Dienstag 14 Ab- und Anflüge mit Lufthansa auf der Strecke Hamburg-München. Nach Frankfurt sind es jeweils 18 An- und Abflüge“, sagte Katja Bromm, Sprecherin des Hamburger Flughafens, dem Abendblatt. Der letzte Streik der Lufthansapiloten in Hamburg war im vergangenen November.
Der Streik auf allen Langstreckenflügen aus Deutschland heraus beginne um 8.00 Uhr und soll bis Mitternacht dauern, teilte die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) mit. Die Arbeitsniederlegung betreffe auch Cargo-Flüge. Dem widerspricht die Lufthansa. Trotz des angekündigten Pilotenstreiks falle heute kein Frachtflug bei Lufthansa-Cargo aus. Die sieben Flugzeuge verkehrten wie geplant, sagte ein Sprecher der 100-prozentigen Lufthansa-Tochter. Es sei dem Unternehmen gelungen, die notwendigen Ersatz-Crews zu finden.
Die Lufthansa streicht wegen des Pilotenstreiks offiziell zunächst jeden zweiten Langstreckenflug. Insgesamt müssten 84 Interkontinentalverbindungen von und nach Frankfurt, München und Düsseldorf gestrichen werden, teilte die Fluggesellschaft mit. Hingegen sollten 90 Flüge von den insgesamt etwa 170 Flügen nach Übersee abheben. Erste Flüge wurden bereits am Montag gestrichen. Am Mittwoch wollen die Piloten der Lufthansa dann auch die Kurz- und Mittelstrecken bestreiken.
Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche die Gespräche mit der Lufthansa erneut für gescheitert erklärt. In bislang zwölf Streikrunden hat sie dem Unternehmen nach dessen Angaben mehr als 300 Millionen Euro Schaden zugefügt.
Die Vereinigung Cockpit hatte in der vergangenen Woche die Gespräche mit dem Lufthansa-Management erneut für gescheitert erklärt. Laut VC hatte die Lufthansa es in einem Spitzengespräch mit Vorstandschef Carsten Spohr abgelehnt, die geplante Verlagerung von Flugzeugen und Arbeitsplätzen ins Ausland für die Zeit der Verhandlungen auszusetzen. Man könne nicht über Arbeitsplatzsicherheit diskutieren, wenn gleichzeitig Arbeitsplätze ins Ausland verlagert würden, sagte VC-Sprecher Markus Wahl.
Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Streik.
Wie können Passagiere ihre Reise doch noch durchführen?
Die Lufthansa bietet bei dem aktuellen Streik Umbuchungen sowohl auf andere Airlines als auch auf andere Flugtermine an – diese sind sowohl online als auch telefonisch oder am Flughafen möglich. Bedingungen für die Umbuchung: Das Ticket für einen Flug am 8. September muss vor dem 7. September 2015 ausgestellt worden sein, und das neue Reisedatum muss am oder vor dem 8. Dezember 2015 liegen. Außerdem dürfen sich Abflugs- und Ankunftsort gegenüber dem ursprünglichen Ticket nicht ändern.
Was muss eine Airline rechtlich leisten, wenn Passagiere stranden?
Fällt ein Flug wegen eines Streiks aus, muss die Fluggesellschaft schnellstmöglich eine Ersatzbeförderung organisieren. Außerdem ist sie verpflichtet, am Flughafen gestrandete Passagiere bei längeren Verspätungen mit Essen und Getränken zu versorgen. Die Lufthansa will nach eigener Aussage möglichst viele Passagiere ans Ziel bringen. Dazu werde ein Sonderflugplan veröffentlicht. Die Mehrkosten für Umbuchungen trägt die Airline. Unter www.lufthansa.com/de/de/Fluginformationen finden Passagiere Infos und im Laufe des Tages den Sonderflugplan. Darüber hinaus steht die Hotline unter 069 86799799 zur Verfügung.
Kann ein Fluggast sein Geld zurückfordern?
Nein, denn laut Rechtssprechung handelt es sich bei einem Streik um höhere Gewalt. Eine Ausnahme: Der Passagier kann nachweisen, dass die Fluggesellschaft nicht alles getan hat, um Streikfolgen abzumildern. Doch das dürfte nicht einfach sein. Zudem ist der juristische Weg in diesem Fall ein äußerst mühsamer und kostspieliger.
Wie können sich Pauschalreisende gegen Wartezeiten wehren?
Bei einer Pauschalreise, an der auch die Lufthansa als Fluggesellschaft beteiligt ist, stellt sich die Rechtslage anders dar als bei einem einfachen Flug. In diesem Fall ist nur wichtig, ob der Veranstalter seine Leistungspflichten gegenüber dem Kunden zu hundert Prozent erfüllt hat. Die Gründe, warum dagegen verstoßen wird, spielen keine Rolle. Sitzen Reisende etwa zwei Tage lang an einem Flughafen fest, statt am Strand zu liegen, können sie den Reisepreis entsprechend mindern. Handelt es sich um eine Kurzreise, können sie sogar von der Reise kostenlos zurücktreten und den Reisepreis zurückfordern.