Hamburg. Transporteure klagen über die Marktmacht der Schifffahrtskonzerne und den wachsenden Stau im Hafen. Ist der Wirtschaftsstandort bedroht?

Angesichts der Schiffsstaus in der deutschen Bucht sowie großer Abfertigungsprobleme im Hamburger Hafen schlagen die Spediteure Alarm. Die Wartezeit für Schiffe, die nach Hamburg einlaufen wollen, sei noch nie so hoch gewesen, sagte der Vorsitzende des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp) Axel Plaß. „Das ist nicht mehr normal.“

Grund für die langen Wartezeiten, die mehrere Wochen betragen können, sind die Containerstaus im Hamburger Hafen. Hier sind die Containerlager so voll, dass die Umschlagterminals kaum mehr neue Boxen annehmen.

Da die Fahrpläne der Schiffe durcheinandergeraten sind, sei der Weitertransport der Güter nicht mehr planbar, warnte Plaß am Rande eine Mitgliederversammlung des Vereins. „Im Moment geht es drunter und drüber.“ Dass an Ostern im Hafen nicht gearbeitet wurde, habe die Situation noch verschlimmert.

Hamburger Hafen: Standzeiten verteuern Transporte

Die fehlende Planbarkeit betreffe sowohl die Straße als inzwischen auch die Hafenbahn. Galt der Güterverkehr auf der Schiene bisher als stabil, würden auch hier die Probleme zunehmen. Züge mit Ladung in den Hamburger Hafen bringen dürfe nur noch, wer auch welche abhole. Die hohen Standzeiten für Züge verteuern die Transporte, sodass es wieder zu einer Rückverlagerung auf die Straße komme.

Auch andere Häfen wie Rotterdam und Antwerpen hätten Probleme erklärte der VHSp-Vorstand. Hamburg sei aber besonders betroffen, weil hier kaum Flächen für weitere Containerlager zur Verfügung stünden. „Der Hafen wird nicht umhinkommen, möglichst schnell weitere Lagerflächen auch außerhalb Hamburgs zu schaffen. Wenn es nicht schnell gelingt, die Probleme zu lösen, gerät der Wirtschaftsstandort in Not“, sagte Plaß mit Nachdruck.

Reeder drängen Spediteure aus dem Seefrachttransport

Sein Stellvertreter Willem van der Schalk warf den Terminalbetrieben vor, gar kein gesteigertes Interesse daran zu haben, das Problem zu lösen. „Je länger ein Container im Hafen steht, desto höher ist das Lagergeld, das die Terminals verlangen.“ Die gestörten Lieferketten erwiesen sich für die Terminals als „Dukatenesel“. Tatsächlich hat die Hamburger Hafen und Logistik AG ihre hohen Gewinnzuwächse im vergangenen Jahr angesichts nur gering gewachsener Umschlagsmengen vor allem aufgrund stark gestiegener Lagergelderlöse verzeichnet.

Van der Schalk, dessen Spedition A. Hartrodt Spezialist für Seefrachtverkehr ist, kritisiert die wachsende Marktmacht der Reedereien. Dass ein Unternehmen wie Hapag-Lloyd 9,3 Milliarden Euro Gewinn mache und darauf weniger als ein Prozent Steuern zahle, stelle eine kaum mehr zu erklärende Diskrepanz dar. Die Tonnagesteuer, die den Reedereien steuerliche Erleichterungen gewährt, und die Gruppenfreistellungsverordnung, die sie weitgehend vom Kartellrecht befreit, werden auch von den Seehafenbetrieben kritisiert.

Van der Schalk warf zudem den Reedereien vor, die Spediteure aus dem Seegüterverkehrsgeschäft herausdrängen zu wollen, indem sie Verträge direkt mit Verladern und Händlern schließen. Spediteure können sich dann nur noch über Buchungsplattformen der Reeder um Transportgeschäfte bewerben. „Die Reeder führen Krieg gegen uns. Wir lassen uns aber nicht zum verlängerten Arm der Verkaufsabteilung der Schifffahrtsgesellschaften abstempeln“, sagte van der Schalk.

Einer Umfrage des VHSp unter seinen Mitgliedern zufolge sind mehr als ein Drittel der Hamburger Spediteure von der Aufkündigung der Zusammenarbeit durch die Reederei Hamburg Süd betroffen. Die Tochter des Reedereikonzerns Maersk war Anfang des Jahres aus Kopenhagen angewiesen worden, keine Verträge mehr mit Speditionen abzuschließen und nur noch Ladung direkt von Verladern zu akzeptieren.