Hamburg. Corona-bedingter Umschlagseinbruch geht zurück. Hohe Nachfrage nach Konsumgütern und enge Handelsverbindung nach China helfen.
Am Anfang sah es düster aus. Als im Frühjahr die Corona-Infektionswelle von Kontinent zu Kontinent und von Land zu Land schwappte, drohte dem Hamburger Hafen ein schwerer Einbruch. Weltweit wurde die Produktion zurückgefahren. Reedereien stellten Transportdienste ein. Und die Häfen machten die Schotten dicht. Ladungsrückgänge in Hamburg um bis zu 50 Prozent befürchtete der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz, damals.
Heute sieht er deutlich optimistischer in die Zukunft: „Für die zweite Jahreshälfte erwarten wir eine Erholung des Seegüterumschlages in Hamburg, aber die Umschlagsergebnisse des Vorjahres werden nicht erreicht“, sagte Bonz bei einer Pressekonferenz vor der jährlichen Mitgliederversammlung des UVHH.
Corona-Krise trifft Hafen Hamburg nicht so schwer
Für Deutschland werde ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 5,4 bis sechs Prozent erwartet. „Da sind wir für den Hafen optimistischer. Wir gehen von einem Umschlagsrückgang zwischen drei und vier Prozent aufs Gesamtjahr 2020 aus“, sagte Bonz. Das Minus im Containerumschlag könnte sogar noch milder ausfallen. „Damit trifft die Krise den Hafen weniger schwer als andere Wirtschaftszweige“, sagte der Präsident.
Nach seinen Worten gibt es unterschiedliche Gründe für den jüngeren positiven Trend, auch wenn die Entwicklung nicht bei allen Umschlagsarten gleich verlaufe. Während der konventionelle Stückgutumschlag schwere Zeiten erlebe, seien die Mengen beim Massengutumschlag relativ stabil. Hier gehe es zu einem Großteil um Kohleimporte, die von der Corona-Krise nicht beeinflusst würden. Deutlich zeige sich eine Erholung bei den Containermengen.
„Wir hatten im August, September und im Oktober eine erfreuliche Zunahme der Mengen“, sagte Bonz. Das habe zu einer Erholung des Hafens beigetragen. Hatte dieser im Umschlag von Januar bis Juni ein Minus von zwölf Prozent verzeichnet, lag dieses im August nur noch bei 7,2 Prozent. Das war der geringste Rückgang seit Jahresbeginn.
Warum der Handel im Hamburger Hafen im Aufwind ist
Und die Erholung geht weiter. „In der Krise haben Konzert- und Restaurantbesuche sowie Reisen stark abgenommen. Der Konsum ist aber weiterhin aktiv, weil die Leute es sich zu Hause gut gehen lassen wollen“, sagte Bonz. Deshalb sei der Handel leicht im Aufwind.
Auch Hamburgs traditionell enge Handelsbindung an China trägt zur Erholung bei. China war durch die Corona-Krise schwer getroffen, hat sich aber umso schneller wieder erholt. Schon im August wuchsen die chinesischen Häfen wieder um fünf Prozent. Fürs Gesamtjahr erwartet China ein Wachstum der Volkswirtschaft um 8,2 Prozent. Das färbt auf Hamburg ab.
Insgesamt hätten sich die Hafenunternehmen als krisenfest erwiesen, zu keinem Zeitpunkt seien die Transportketten unterbrochen worden. „Der Hamburger Hafen erfüllt eine wichtige Versorgungsfunktion aktuell und insbesondere im Lockdown.“
Der Kommentar zum Thema:
Zweiter Lockdown würde auch Hafen schwer treffen
Aber genau da sieht Bonz das größte Risiko: „Eine Erholung des Hafenumschlags fürs Gesamtjahr hängt von den wirtschaftlichen Beschränkungen infolge der Pandemie ab. Ein zweiter Lockdown würde zu einer tiefen und lang anhaltenden Abnahme der wirtschaftlichen Leistung führen.“
Darum würden die Unternehmen auf die Vernunft der Bevölkerung hoffen, dass diese sich an die Kontaktbeschränkungen halte. „Die Vorsicht, zu der Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und die Bundeskanzlerin mahnen, findet unsere Unterstützung“, sagte Bonz.
Hamburger Hafen lobt Olaf Scholz
Bei allem Optimismus: Grund zum Jubeln sehen die Hafenfirmen nicht. Denn das Wettbewerbsumfeld wird immer schwieriger. Die Konkurrenz durch die Westhäfen in Rotterdam und Antwerpen steigt, die Mittelmeerhäfen bauen ihre Kapazitäten aus und greifen in den Wettbewerb ein. Eurogate und HHLA haben in den vergangenen Wochen harte Sparprogramme angekündigt, bei denen die Kosten ab 2025 um hohe zweistellige Millionenbeträge dauerhaft gesenkt werden müssen.
Im Gegensatz zu früheren Auseinandersetzungen gab es von den Hafenfirmen allerdings kaum Kritik an der Politik und der Hafenverwaltung der Hamburg Port Authority (HPA). Lob fand die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eingeführte Fristverlängerung für die bisher sofort fällige Einfuhrumsatzsteuer. Diese habe eine Reihe von Unternehmen dazu veranlasst, verstärkt um neue Ladung für Hamburg zu werben.
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Beeinträchtigungen wegen Sperrung der Rethebrücke
Kritische Töne gab es lediglich im Zusammenhang mit der Sperrung der Retheklappbrücke. Zwar wurde hier die HPA von den Vorstandsmitgliedern des UVHH für ihre transparente und planbare Informationspolitik gelobt. Deutlich wurde aber, dass der Ausfall der Brücke erhebliche negative Auswirkungen für die Geschäfte der Betriebe mit sich bringt. So hätten alle Firmen, die ihre Nachschubversorgung normalerweise über die Brücke abwickeln, ihre Abläufe umstellen müssen.
„Wir haben die Transporte in die verkehrsarmen Zeiten, also nachts und am Wochenende, legen müssen“, sagte etwa Holger Jungerberg Leiter des Seehafen-Terminals beim Düngemittel-Hersteller K+S. Ulfert Cornelius, Chef des Tanklagers Evos, sprach gar von deutlichem Mengenrückgang und beklagte, dass mit der Schließung der Eisenbahnbrücke über die Rethe das Unternehmen keine Ganzzüge mehr auf das Terminal bekomme. „Das bedeutet, die Züge müssen vorher geteilt und hinterher wieder zusammengefügt werden, was den Aufwand erhöht.“