Hamburg. Die Aktie der Hamburger Traditionsreederei macht einen Kurssprung an der Börse. Doch es gibt auch Verlierer.

Auch Hapag-Lloyd hat infolge der Corona-Krise Probleme zu bewältigen. Fahrtrouten mussten geändert oder unterbrochen werden, der Wechsel von Schiffsbesatzungen wurde auf Eis gelegt. Blickt man nur auf die Zahlen, so ist die Krise an Hamburgs Traditionsreederei fast spurlos vorbeigegangen: Nach stark gesunkenen Transportvolumina am Jahresanfang hat Hapag-Lloyd im dritten Quartal deutlich mehr verdient als erwartet und hebt jetzt die Prognose für das Gesamtjahr 2020 kräftig an.

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stiegt von Juli bis September auf 350 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 253 Millionen Euro, also fast 100 Millionen Euro weniger gewesen. Hapag-Lloyd begründet die positive Geschäftsentwicklung mit einer deutlich höheren Nachfrage sowie einem rigorosen Kostenmanagement. Zum Schutz vor den Risiken der Pandemie hat Hapag-Lloyd ein Sparprogramm von einer halben Milliarde Euro veranlasst.

Hapag-Lloyd trotzt Corona: Rigoroses Kostenmanagement

Aufgrund der guten Entwicklung ist Deutschlands größte Containerreederei nun auch für das Gesamtjahr deutlich zuversichtlicher. Hapag-Lloyd erwartet jetzt einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 1,1 bis 1,3 Milliarden Euro. Bisher hatte Vorstandschef Rolf Habben Jansen lediglich ein Plus in einem Korridor zwischen 0,5 und einer Milliarde Euro pro­gnostiziert. Die Aktie der Reederei hat seit Mittwoch um insgesamt rund 18 Prozent auf mehr als 59 Euro zugelegt.

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Für Analysten kam die Anhebung der Gewinnziele nicht überraschend. Erst vor zwei Tagen hatte bereits der Branchenprimus Maersk seine Prognose erhöht. „Das wird ein gutes Jahr für Hapag-Lloyd“, erwartet Christian Cohrs, Analyst bei Warburg Research. „Die Transportvolumina sind wieder dynamischer und die Frachtraten sehr fest.“ Daraufhin hätten eine Reihe von Brokern ihre Kurserwartungen für die Hapag-Aktie angehoben.

Auch Habben Jansen verweist auf die verbesserte Marktentwicklung: „Wir haben ein starkes drittes Quartal mit einer hohen Nachfrage erlebt, insbesondere für Exporte aus Asien. Dank der positiven Marktentwicklung und der vielfältigen Maßnahmen, die wir in den letzten Monaten eingeleitet haben, erwarten wir ein Geschäftsjahr mit Ergebnissen, die deutlich über unserer bisherigen Prognose liegen.“ Dennoch sei die Entwicklung noch mit Unsicherheiten behaftet. „Unser Fokus in den nächsten Monaten wird weiterhin auf der Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter, aber auch auf der Sicherung der Lieferketten unserer Kunden liegen.“

Reedereien verknappen in der Corona-Krise das Transportangebot

Weniger glücklich über die sprudelnden Einnahmen der Reedereien sind Hamburgs Spediteure, weil sie die Zeche zahlen müssen, wie der Vorsitzer des Vereins Hamburger Spediteure, Willem van der Schalk, sagt. „Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer.“ Die Reedereien hätten in der Corona-Krise das Transportangebot künstlich verknappt, wodurch die Transportraten deutlich gestiegen seien. „Für die gerade mittelständisch geprägten Verlader und Spediteure bedeutet das, dass sie die Raten akzeptieren müssen. Friss oder stirb ist die Devise“, sagt van der Schalk. Er fordert einen partnerschaftlichen Umgang der Reeder mit den Spediteuren. „Volkswirtschaftlich ist das, was da aktuell passiert, nicht positiv.“

Dass van der Schalk mit seiner Einschätzung nicht alleine steht, zeigen Meldungen aus China und den USA, wo man sich über die künstliche Transportverknappung und die damit einhergehende Erhöhung der Frachtraten ebenfalls Gedanken macht. So berichtet der Branchendienst Lloyd’s List, dass das chinesische Transportministerium die Spitzen von 14 im Transpazifikhandel engagierten Reedereien einbestellt hat, um über eine Stabilisierung der Containerschifffahrt und eine Drosselung der Preisaufschläge auf den Routen zwischen China und den USA zu sprechen. Auch die amerikanische Aufsichtsbehörde, die Federal Maritime Commission, hat eine Ausweitung ihrer Marktüberwachung angekündigt.