Hamburg. Wybcke Meier von TUI Cruises spricht im Hamburger Abendblatt über Routen und das Hygienekonzept der Kreuzfahrtgesellschaft.

Wie sieht der Neustart bei TUI Cruises aus? Wybcke Meier, Vorsitzende der Geschäftsführung, nennt im Abendblatt-Podcast „Seetag“ Details.

Hamburger Abendblatt: TUI Cruises startet Ende Juli. Wie wird das ablaufen?

Wybcke Meier: Wir haben auf mehr als 90 Seiten ein Sicherheits- und Hygienekonzept erarbeitet, das jetzt von den Behörden genehmigt wurde. Auf dieser Basis werden wir zu Kurzreisen ab Hamburg mit weniger Passagieren starten.

Was heißt weniger?

Meier: Die Auslastung wird 60 Prozent betragen. Wir fangen in Hamburg mit der „Mein Schiff 2“ an, die eine Kapazität von maximal 2894 Passagieren hat. Bei den neuen Kreuzfahrten werden maximal 1700 Gäste an Bord sein.

Wo geht es hin?

Meier: Wir fahren zunächst ohne Landgang Richtung Norwegen nach Oslo und Kristiansand. Und bieten ausschließlich Balkonkabinen und Suiten an, keine Innenkabinen.

Worauf müssen sich die Gäste einstellen?

Meier: Sie müssen zum Beispiel vorher einen umfangreichen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Der Check-in findet während eines fest definierten Zeitfensters statt, damit es nicht so viele Gäste auf einmal sind.

Sind Bars und Büfett-Restaurant offen?

Meier: Das Büfett-Restaurant am Anckelmanns­platz ist geöffnet, und der Gast hat freie Platzwahl. Sie können sich aber nicht komplett selbst bedienen, sondern erhalten von einem Crewmitglied die gewünschten Speisen. Im Atlantik-Restaurant stehen die Tische wegen der reduzierten Gästezahl weiter auseinander als sonst. Auch an den Bars hat man mehr Platz – und es gibt mehr Service.

Müssen die Gäste Mund- und-Nasen-Schutz tragen?

Meier: Wir appellieren an die Passagiere, immer Abstand voneinander zu halten und überall dort, wo das nicht eingehalten werden kann, Mund-und-Nasen-Schutz zu tragen. Etwa beim Gang von der Kabine über die Korridore ins Restaurant.

Was ändert sich noch?

Meier: Im Fitnessstudio gelten zwei bis drei Meter Abstand. Die Sauna bleibt geschlossen. Am Pool gilt zwei Meter Abstand. Kontaktsportarten wie Fußball sind noch nicht möglich.

Was passiert, wenn ein Gast aus einem aktuellen Corona-Hotspot wie Gütersloh gebucht hat?

Meier: Diesen Passagieren würden wir sagen, dass eine Mitreise leider nur mit einem frischen negativen Test möglich ist.

Was können die Gäste an Bord erleben?

Meier: Es gibt Theaterveranstaltungen unter dem Motto klein, aber fein. Wir stellen kein großes Ensemble auf die Bühne, sondern Einzelkünstler. Rund um den Passagier bleiben Sitzplätze frei. Und wir werden jede Menge Lektoren an Bord haben. Tanzveranstaltungen und Poolpartys wird aktuell nicht geben.

Wie hat TUI Cruises die medizinische Betreuung an Bord optimiert?

Meier: Wir können PCR-Tests auf Covid-19 durchführen, die in einer Stunde das Ergebnis liefern. Außerdem wird auf jedem Schiff zusätzlich ein Infection-Control-Officer im Einsatz sein. All das, was möglich ist, werden wir auf höchstem Standard durchführen – bis hin zum kompletten Desinfizieren der Kabinen. Selbstverständlich wird die Crew regelmäßig auf Covid-19 getestet. Neu aufsteigende Crewmitglieder verbleiben auch bei negativem Test zunächst in einer Isolation an Bord.

Vor einigen Wochen kam es bei der Crew auf der „Mein Schiff 3“ in Cuxhaven nach der Abreise der Gäste zu einigen Infektionen.

Meier: Beide Crews, die auf dem Schiff zwecks Heimreise zusammengeführt wurden, hatten wochenlang keinen Landgang mehr. Es waren insgesamt 2900 Crewmitglieder an Bord, davon wurden neun auf Covid-19 positiv getestet. Es muss eine stille Infektionskette gewesen sein – ohne erkennbare Symptome. Sie sind alle wieder genesen. Unsere Prozesse haben durch Isolation und Früherkennung funktioniert. Tragisch allerdings war, dass es längere Zeit nicht gelang, die Crew nach Hause zu fliegen.

Wieso?

Meier: Die Heimatländer wollten sie nicht aufnehmen. Nicaragua erteilt bis heute keine Genehmigung, dass ihre Landsleute wieder einreisen können.

Hat die Crew während des Lockdowns an Bord Geld bekommen?

Meier: Sie ist die ganze Zeit bezahlt worden. Ein Teil, der nicht gearbeitet hat, bekam Mindestgehalt und konnte bei freier Kost und Logis an Bord bleiben.

Es gibt noch Gäste mit abgesagten Reisen, die auf eine Rückzahlung warten.

Meier: Das ist in Einzelfällen möglich. Aber jeder, der sein Geld zurückhaben möchte, bekommt es zurück.

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Wie wird es nach den Kurzreisen eigentlich weitergehen?

Es folgen Reisen zu den Fjorden nach Norwegen, im September könnten vielleicht schon die ersten Mittelmeerkreuzfahrten nach Griechenland starten. Im Moment müssen wir auf Sicht fahren.

Wagen Sie eine Prognose für die Kreuzfahrtbranche in einem Jahr?

Wenn es einen Impfstoff gibt, wird man voraussichtlich zum alten „Normalen“ zurückkehren. Fernreisen werden aber wohl etwas länger dauern. Sollte es noch keinen Impfstoff geben, werden wir das Thema Kreuzfahrt anders definieren müssen. Engpässe oder überfülle Destinationen wird es bis auf Weiteres nicht geben. Damit haben wir als Branche die Chance, den organisierten Tourismus anders zu gestalten. Die Digitalisierung wird dabei helfen, den Tourismus anders zu steuern. Weniger ist manchmal mehr.