Waltershof. Der Brand im Lagerraum der „CCNI Arauco“ hält den Hafen in Atem. Das Schiff hat Waren für 700 Millionen Euro an Bord.

Das Feuer im Laderaum des Containerfrachters „CCNI Arauco“ ist weiterhin nur schwer in den Griff zu bekommen. Der Schaden wird in die Millionen gehen. Experten gehen davon aus, dass die Ladung in der betroffenen Sektion ein Totalverlust ist.

Am Burchardkai bereitete sich die Feuerwehr auf eine weitere Nacht im Einsatz vor. Der Laderaum wird seit Mittag geflutet. Am Abend entschied die Feuerwehr, Löschschaum in den Frachter zu sprühen. Zuvor wurden jede Minute um die 40 Kubikmeter Wasser dort hineingepumpt. Das sind 40.000 Liter. Die Feuerwehr hatte allerdings große Mühe, den Schaum überhaupt hineinzupumpen, wiel eine Luke sich offenbar infolge der Brand-Hitze verzogen hatte. Bis in die Nacht war unklar, ob dieser Versuch gelänge.

Weiter sind auch das Mehrzweckschiff „Neuwerk“ und Schlepper im Einsatz, die aus Wasserkanonen die Bordwand kühlen. Vor Ort sind auch auf Schiffsbrände spezialisierte Einsatztrupps aus Kiel und Cuxhaven. Die Ermittlungen hat wieder die Wasserschutzpolizei vom Havariekommando übernommen. Am Revier der Wasserschutzpolizei in Waltershof wurde eine spezielle Ermittlungsgruppe eingesetzt. Die Beamten haben mittlerweile ein klares Bild von den Abläufen, die zum Feuer geführt haben dürften.

Dass die Versuche, den Brand mit Kohlenstoffdioxid zu löschen, ein Fehlschlag waren, wundert Uwe-Peter Schieder, Experte für Schiffs-Sicherheit beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, nicht. „Brennt Ladung wird sie vom Container abgeschirmt. Das CO2, das vom Prinzip her Sauerstoff verdrängen und so das Feuer ersticken soll, kommt überhaupt nicht an den eigentlichen Brand heran.“ Brennende Ladung könne man in so einem Fall nur kontrolliert abbrennen lassen. Was auf Schiffe fehle, seien große Sprinkleranlagen, die nicht einen Wassernebel, sondern einen Wasservorhang erzeugen, damit eine Ausbreitung von Feuer und Hitze verhindert wird.

Experten beziffern der Wert der Ladung auf solchen Schiffen mit 500 bis 700 Millionen Euro. Was genau in dem hinteren Bereich des Containerfrachters geladen war, ist nicht exakt bekannt. Es befand sich lediglich ein Container dort, der als Gefahrgut eingestuft wurde. Drinnen steckte ein Elektroauto.

„Wir rechnen damit, dass die Löscharbeiten auch heute noch nicht abgeschlossen werden können und sich aufs Wochenende ausweiten“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Freitag. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) dankte den Einsatzkräften "für diesen wirklich fordernden Marathoneinsatz".

Zeitweise rund 300 Einsatzkräfte vor Ort

Am Freitagabend bekämpften zeitweise mehr als 300 Feuerwehrleute die Flammen in einem Laderaum des 300 Meter langen, unter der Flagge Liberias fahrenden Containerfrachters „CCNI Arauco“. Gefahrgut war von dem Feuer nicht direkt betroffen. Trotzdem wurde für Teile Hamburgs das Warn- und Informationssystem „KatWarn“ ausgelöst. Die Feuerwehr konnte den Brand vorübergehend unter Kon­trolle bekommen, nachdem Kohlenstoffdioxid eingesetzt worden war, um Sauerstoff aus dem Laderaum zu verdrängen und – so das Ziel – das Feuer zu ersticken. In der Nacht wurde dieser Vorgang noch zweimal wiederholt.

Feuerwehr flutet Laderaum des Frachters

Die Maßnahmen hätten zwar bereits einen gewissen Löscherfolg gebracht, dennoch sei die Temperatur im Inneren nach wie vor hoch und der Brand noch nicht gelöscht, so ein Sprecher der Feuerwehr am Mittag. Daher habe man begonnen, den Laderaum des Schiffes nach und nach zu fluten. Pro Minute würden dabei bis zu 40.000 Liter unter Deck gepumpt. "Wenn wir das ganze Schiff vollmachen müssen, wird dieser Vorgang bis zu sechs Stunden dauern." Sobald man jedoch einen Rückgang der Temperatur feststelle, werde man die Maßnahme einstellen. Für die Maßnahme wurden am Freitag auch spezielle Brandbekämpfungseinheiten aus Bremerhaven und Kiel angefordert.

Eine Gefahr für das Schiff bestehe dabei laut Angaben der Feuerwehr nicht. Die Wasserschutzpolizei messe während der weiteren Löscharbeiten die Schiffslinie. Zudem werde man die Ausrichtung des Schiffes genau beobachten, damit der Frachter nicht in Schieflage gerate.

Was genau die brennenden Container unter Deck geladen hatten, ist weiterhin unklar. Laut Angaben der Feuerwehr handle es sich jedoch vermutlich um gewöhnliche Haushaltsgegenstände wie Möbel und Tapeten. An Bord befinden sich jedoch auch 1250 Tonnen Gefahrgut, wie die Feuerwehr bestätigte. "Die Container stehen auf der anderen Seite am Bug des Schiffes, gut 100 Meter vom Brandherd entfernt", so der Sprecher. Daher bestehe keine Gefahr.

Wasserschutzpolizei richtet Sonderkommission ein

Die Wasserschutzpolizei hat inzwischen eine Sonderkommission eingerichtet, die die weiteren Ermittlungen führen soll. Dabei handelt es sich um eine Besondere Aufbauorganisation (BAO), die bei der Wasserschutzpolizei angesiedelt ist. "Das ist kein ungewöhnlicher Vorgang", betont Polizeisprecher Andreas Schöpflin. Demnach seien die Ermittlungsarbeiten auf einem solch großen Containerschiff besonders aufwendig, da Techniker und weitere Experten hinzugezogen werden müssten. Sie sollen nun gemeinsam herausfinden, wie es zu der Explosion unter Deck kommen konnte.

Feuerwehr ruft zweithöchste Warnstufe aus

Ein dicker, schwarzer Rauchpilz stand am Donnerstagmittag über dem hinteren Laderaum des im Waltershofer Hafen liegenden Containerfrachters. Die Feuerwehr schickte sofort ein größeres Aufgebot zum Burchardkai. Schließlich gab die Einsatzzentrale „5. Alarm“, das ist die zweithöchste Alarmstufe, die die Hamburger Feuerwehr ausrufen kann. Fünf Züge der Berufsfeuer, viele Sonderfahrzeuge und mehrere Freiwillige Feuerwehren waren vor Ort. „Die Löscharbeiten sind extrem schwierig und anstrengend“, sagt Feuerwehrsprecher Werner Nölken. „Es ist extrem heiß und extrem eng.“ Dazu müssen die Feuerwehrleute mit „Langzeitatmern“, speziell für Schiffs- oder Tunnelbrände entwickelte Atemschutzgeräte, arbeiten. Sie ermöglichen eine längere Einsatzzeit. „Die ist nötig, weil allein der Weg unter Deck viel Zeit in Anspruch nimmt“, sagt Nölken.

Temperatauren stiegen wieder an

Von der Wasserseite aus setzte die Feuerwehr außer dem Löschboot auch zwei Schlepper ein. Gegen 14 Uhr wurde die „Neuwerk“ alarmiert, die dem Havariekommando untersteht und in der Elbmündung kreuzt. Es machte sich auf den Weg nach Hamburg, um die Löscharbeiten von der Wasserseite her zu unterstützen. Dabei geht es darum, große Mengen Wasser als Kühlmittel auf den immer heißer werdenden Rumpf des brennenden Frachters zu spritzen. So soll verhindert werden, dass sich die Schiffshülle verformt.

Gegen 17 Uhr wurde dann damit begonnen, mit Kränen die riesigen Lukendeckel auf den Laderaum zu hieven. Anschließend konnte über die bordeigene Löschanlage Kohlenstoffdioxid in den Laderaum eingeleitet werden. Doch die Aktion brachte nicht den erhofften Erfolg. Gegen 22 Uhr stieg die Temperatur im Laderaum plötzlich wieder an, und die Feuerwehr bereitete sich auf einen neuen, massiven Löschangriff vor. Währenddessen mussten die teilweise schon geschmolzenen Container auseinandergesägt werden, um entladen werden zu können.

Schweißarbeiten als Auslöser?

Erste Erkenntnisse sprechen dafür, dass das Feuer durch Schweißarbeiten ausgelöst wurde. Drei Arbeiter, die damit beauftragt waren, kamen ins Krankenhaus. Sie waren leicht verletzt und wurden mittlerweile wieder entlassen. Feuerwehrleute wurden bei den Löscharbeiten nach derzeitigen Erkenntnissen nicht verletzt.

Die Innenbehörde löste „KatWarn“ bereits kurz nach Brandausbruch für den Stadtteil Waltershof, weitere Teile des Hafens, die HafenCity und Teile der Alt- und Neustadt sowie Hamm aus. Der Wind trieb die schwarze Wolke vom Burchardkai in Richtung Innenstadt. Zusätzliche Giftstoffe durch brennendes Gefahrgut soll die Wolke nach Angaben der Feuerwehr nicht enthalten haben. „In dem hinteren Bereich soll sich lediglich ein als Gefahrgut gekennzeichneter Container befinden“, sagt Nölken. „Der enthält Autobatterien.“ Weitere Gefahrgutcontainer befinden sich im vorderen Bereich des Containerfrachters außerhalb des Gefahrenbereichs. „Explosive oder radioaktive Stoffe hat das Schiff überhaupt nicht geladen“, sagt Nölken.

Brand sorgt für Verkehrsbehinderungen

Der Schiffsbrand sorgte am Donnerstag auch für starke Behinderungen auf der A 7. Wegen des Großfeuers waren die Terminals zunächst für Stunden gesperrt gewesen. Lastwagen kamen nicht mehr in den Bereich und stauten sich bis auf die Autobahn zurück. Dazu bremsten viele schaulustige Autofahrer neugierig ab, als sie die Rauchsäule neben der Autobahn sahen. So staute sich der Verkehr in Fahrtrichtung Süden auf bis zu 18 Kilometer, in der Gegenrichtung war der Stau rund sieben Kilometer lang.

Im Mai 2013 hatte ein Schiffsbrand am O’Swaldkai für Aufregung gesorgt. Damals war es ebenfalls bei Schweißarbeiten auf dem Bullcarrier „Atlantic Cartier“ zu einem Feuer gekommen. Geladen hatte das Schiff neben Autos auch Container mit radioaktiven Stoffen und Munition. Das ist laut Experten nicht ungewöhnlich: „Es gibt praktisch keine Fahrt von solchen Containerfrachtern, bei der keine Gefahrstoffe unter der Ladung sind.“ Im Fall der „Atlantic Cartier“ entdeckte die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung viele Versäumnisse. Unter anderem, dass die Rauchwarnanlage wegen der Schweißarbeiten abgeschaltet war. Die Feuerwehr wurde kritisiert, weil sie nicht frühzeitig die bordeigene Kohlenstoffdioxid-Löschanlage eingesetzt hatte.