Hamburg. Kreuzfahrtunternehmen wollen bei der Anfahrt nach Hamburg nicht auf die Einnahmen von Spielkasinos und Shops an Bord verzichten.

Geht es nach der Kreuzfahrtbranche, dann sollen sich auf der Elbe bald die Roulettetische drehen. Die Reedereien fordern nämlich, dass sie ihre Spielkasinos und Shops an Bord länger aufmachen dürfen. Bisher müssen sie diese schließen, sobald sie bei Helgoland deutsche Gewässer erreichen.

Aber die Anfahrt nach Hamburg die Elbe hinauf ist lang – länger als in andere Häfen. Und in dieser Zeit entgehen den Reedereien etliche Einnahmen aus den Spielkasinos. Hamburgs Kreuzfahrtdirektorin Sacha Rougier sieht darin einen Standortnachteil der Hansestadt. „An anderen Kreuzfahrtstandorten machen die Kasinos und Geschäfte erst kurz vor dem Hafen zu. Bei der Anfahrt nach Hamburg schon kurz vor Helgoland. Die Kreuzfahrtunternehmen beklagen das“, sagte die Geschäftsführerin des Cruise Gate Hamburg am Donnerstag in einem Vortrag beim diesjährigen Hansa Treuhand Schifffahrts-Symposium. Die Situation der Geschäfte an Bord sei dann ähnlich trist wie eine Ladenpassage am Wochenende. „Die Passage hat auf, aber die Läden haben zu.“ Zudem würde die Regelung es Hamburg erschweren, asiatische Kreuzfahrtgäste für den Standort zu begeistern: „Diese wollen auf der Kreuzfahrt vor allem spielen und shoppen“, sagte Rougier vor rund 60 Vertretern der maritimen Branche.

Unterstützt wird Rougier vom nationalen Direktor des internationalen Kreuzschifffahrtsverbands CLIA, Helge Grammerstorf: „Das Verbot ist tatsächlich ein Problem. Weniger für unsere deutschen Gäste als vielmehr für die Angelsachsen und Asiaten, für die das Glücksspiel auf dem Schiff eine ganz andere Bedeutung hat.“

Länder müssen zustimmen

Das Glücksspielmonopol liegt aber beim Staat, genauer gesagt bei den Ländern, die einer Änderung des Staatsvertrags zustimmen müssten. „Formaljuristisch ist es auch richtig, wenn die Kasinos zu bleiben. Auf der Elbe ist man in deutschen Gewässern“, sagt Grammerstorf. Aus pragmatischen Gründen sei die Regelung nicht zu verstehen. „Wenn das Schiff in Hamburg abgelegt hat, geht niemand mehr innerhalb des deutschen Hoheitsgebiets an Bord.“

Völlig anders sieht das der ehemalige Osram-Chef und Kreuzfahrtkritiker Wolfgang Gregor. „Mit so einer Forderung macht sich eine Hamburg-eigene Gesellschaft zum Bettvorleger der Kreuzfahrtindustrie“, sagt er in Richtung Rougier. Gregor vermutet, dass etwas anderes dahinter steckt: Bei den auf sieben Tage angelegten Europa-Rundreisen mit dem Kreuzfahrtschiff belaste ein Tag ohne Kasinoeinnahmen den Gewinn erheblich. Zudem sollen die Reisen ab Hamburg ganzjährig angeboten werden. Im Winter gingen aber weniger Menschen in den Häfen zur Besichtigung von Bord. Die Einnahmen durch den Verkauf von Besichtigungsprogrammen sinken dann. „Zur Kompensation suchen die Reedereien nach anderen Einkunftsmöglichkeiten. Also müssen die Kasinos offen bleiben“, glaubt Gregor.

Auch der maritime Fachsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Hamburger Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse, hält den Vorstoß der Kreuzfahrtbranche für absurd: „Wenn wir die deutschen Gewässer für eine generelle Glücksspiel-Lizenz freigeben, bräuchte am Ende nur jede Hafenfähre von den Landungsbrücken abzulegen und könnte dann den Roulettetisch öffnen. Das geht nicht.“

Kruse glaubt auch nicht, dass das Spielverbot die Kreuzfahrttouristen von Hamburg fernhält: „Die Wachstumszahlen sprechen eine ganz andere Sprache“, sagte er am Rande des Schifffahrts-Symposiums. Aus der zuständigen Wirtschaftsbehörde hieß es: „Wir befassen uns mit dem Thema nicht.“

Engere Einbindung von Frankfurt

Rougier erklärte, dass sie zur stärkeren Vermarktung des Kreuzfahrtstandorts Hamburg beitragen will. International sei Hamburg noch zu unbekannt. Da es kaum direkte Flugverbindungen von Übersee nach Hamburg gibt, müsse Frankfurt noch enger eingebunden werden. Zur Betreuung der Passagiere aus Übersee überlegt Rougier die Einrichtung einer Cruise Lounge am Frankfurter Flughafen.

Rougier war vor ihrem Engagement in Hamburg Kreuzfahrtdirektorin in Marseille. Dort gelang es ihr das Passagieraufkommen von 600.000 auf mehr als 1,2 Millionen zu verdoppeln. „Wenn sie das auch in Hamburg hinbekommen, dann alle Achtung“, sagte der Gastgeber, der bekannte Reeder und Schiffsfinanzierer Hermann Ebel, zur Begrüßung.

Bereits zum 13. Mal hatte Ebel zum Symposium eingeladen. Alle schiffsfinanzierenden Banken, alle maritimen Verbände, sowie zahlreiche Reedereien und Schiffsagenten schickten Vertreter zu Vorträgen und Fachgesprächen ins Hanse Gate nach Neumühlen. Neben Rougiers Vortrag und einem weiteren Vortrag der Geschäftsführerin des internationalen Verbands der Tankerreedereien Intertanko, Katharina Stanzel, schwor der Beauftragte für maritime Wirtschaft der CDU-Bundestagsfraktion Kruse, das Fachpublikum auf die Ziele der Bundesregierung für die Nationale Maritime Konferenz ein die im Oktober in Bremerhaven startet. Mit Genugtuung vernahmen seine Zuhörer, dass sich die CDU-Fraktion für eine Streichung der Lohnsteuerabgabe für Seeleute einsetzt.