Trotz zahlreicher politischer Maßnahmen verschwinden die Probleme an den Märkten nicht. Dr. Claudius Schmidt von der SRH Alsterresearch AG schreibt für die Börsen Hamburg und Hannover über die Sorgenkinder.

Über die Sorgen einer Schlüsselindustrie Theoretisch können mit der sogenannten Verschrottungsprämie 15.000 Arbeitsplätze in der deutschen Industrie ein Jahr lang gesichert werden, haben Ökonomen errechnet. Zudem fließen in die Kassen des Fiskus pro verkauftem Auto 2.500 Euro zurück nämlich als Mehrwertsteuer, wenn der durchschnittliche Verkaufspreis 13.158 Euro beträgt. Theoretisch. Denn tatsächlich kommt die Runderneuerung des deutschen Fuhrparks (immerhin 600.000 Neuzulassungen werden staatlich bezuschusst) großenteils ausländischen Herstellern zugute. Für den Käufer eines Fiat, Skoda, Citroën und Dacia fallen 2.500 Euro nun einmal anders ins Gewicht als für den BMW- und Daimlerkunden. Zudem haben viele der in Deutschland hergestellten Autos auch nach zehn Jahren noch einen Marktwert, der wesentlich mehr als 2.500 Euro beträgt. Kurzfristig werden sich deshalb die Marktanteile bei den Neuzulassungen zu Lasten der Premiumhersteller verschieben. Zudem müssen diese sich gegenwärtig mit ungewöhnlich vielen Leasingrückläufern herumschlagen die Abwrackprämie gilt aber nur für Jahres- und Neuwagen. Die sieben deutschen Hersteller (sechs davon börsennotiert, drei allein im Dax) sind jedenfalls nicht die Hauptprofiteure des gut gemeinten Programms.

Über das Knirschen im Währungsgefüge Die europäischen Hersteller von Investitionsgütern reiben sich seit Mitte vergangenen Jahres verwundert die Augen: Obwohl die Finanzkrise in den USA ihren Ausgang nahm, lässt der US-Dollar seither die Muskeln spielen. Rezessionsangst, Rekordhaushaltdefizit, Zinstief all das will so gar nicht zu dieser Entwicklung passen. Doch auch an der Devisenbörse wird die Zukunft gehandelt. Die Rezession betrifft alle Staaten, Exportweltmeister Deutschland ebenso wie Rohstoffgigant Russland oder das entfesselte Reich der Mitte. Doch während die Notenbanken in Nippon und New York ihr Geld bereits fast zum Nulltarif verleihen, können die Zinsen anderenorts noch rutschen, im Euroraum noch um zwei Prozent. Auch gegenüber dem Yen fiel der Euro auf den tiefsten Stand seit 2002. Japanische wie US-Investoren liquidieren seit neun Monaten massiv ihre Auslandsengagements und flüchten in den vermeintlich sicheren Hafen der Heimatwährung. Psychologisch ist die Null-Zins-Politik vielleicht sogar ein Zeichen der Stärke. Der Euro dagegen erweist sich nicht als krisenfest. Wer sich die Renditeaufschläge etwa für Staatsanleihen aus Griechenland anguckt, kann Peer Steinbrück verstehen, der eine gemeinsame Euro-Anleihe ablehnt. Spanien, Irland, Griechenland und Italien müssen ihre Schulden derzeit deutlich höher verzinsen als Deutschland. Eine Gemeinschaftsanleihe würde die Zinslast auf viele Schultern verteilen und das Vertrauen in den Euro erhöhen. Andererseits hätte Deutschland dann mehr Zinsen für das gleiche Schuldenvolumen zu zahlen. Der Euro ist eben nicht die DM.

Über dünnes Eis und dicke Verluste Die Umlaufrendite verzeichnete im Januar mit 2,8 Prozent den tiefsten Stand seit über zehn Jahren. Als Indikator für liquide Kreditmärkte taugt sie dennoch weniger denn je. Das bekam auch die zweitgrößte deutsche Geschäftsbank zu spüren, die sich zur Finanzierung der Dresdner-Bank-Übernahme gezwungen sah, den Staat als Anteilseigner mit 25 Prozent plus einer Aktie ins Boot zu holen. Komplett übernommen werden muss vermutlich die Hypo Real Estate, in die bis jetzt schon über 92 Mrd. Euro Liquiditätshilfen geflossen sind. In England, wo das produzierende Gewerbe wenig, Dienstleistungen aber rund 75 Prozent zum BIP beitragen, wird sogar ernsthaft über eine Verstaatlichung des gesamten Bankensystems nachgedacht. So weit wird es hier nicht kommen, aber die dicken Verluste beim Branchenprimus Deutsche Bank zeigen, dass mit Finanztiteln noch nicht viel Staat zu machen ist. Die Erholung der Aktienmärkte zu Jahresbeginn bewegte sich auf dünnem Eis. Doch mittelfristig bleibt es dabei: Sachwert schlägt Geldwert. Bei guten Industrieunternehmen mit blitzsauberer Bilanz (Beiersdorf, Salzgitter) oder stark positionierten Logistikern (HHLA, VTG) übersteigen die Chancen deutlich die Risiken.

Die 1999 gegründete Börsen AG ist die Trägergesellschaft der Börsen Hamburg und Hannover. An den beiden Handelsplätzen sind mehr als 8.800 Wertpapiere gelistet, darunter Aktien, Anleihen, Options- und Genussscheine sowie Zertifikate. Zudem lassen sich über die speziellen Handelsplattformen der Börsen AG auch geschlossene Fonds und Versicherungspolicen handeln. Zu den Handelsteilnehmern der Unternehmensgruppe zählen rund 150 in- und ausländische Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen.

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