Braunschweig. VW-Manager fordern vor dem Arbeitsgericht Braunschweig rund sieben Millionen Euro Schadenersatz. Der Autobauer weist die Vorwürfe zurück.

Schwere Vorwürfe gegen Volkswagen vor dem Arbeitsgericht Braunschweig. Dort fordern zwei VW-Manager Schadenersatz in Millionenhöhe vom Autobauer. Einer ihrer Vorwürfe: Weil sie Unregelmäßigkeiten aufgedeckt hätten, würden sie vom Unternehmen unter Druck gesetzt und benachteiligt.

Bei den Unregelmäßigkeiten geht es nach Angaben ihres Braunschweiger Rechtsanwalts Markus Bialobrzeski um gesundheitsgefährdende Schadstoffe in den Innenräumen des Lieferfahrzeugs Crafter und seines Bruders, dem Camper Grand California auf Crafter-Basis. Außerdem deckten die Manager nach Angaben des Juristen Lücken bei der Dokumentation der in den VW-Fahrzeugen eingesetzten Materialien auf. Der Autobauer sei in vielen Fällen nicht in der Lage, den Nachweis zu führen, welche Materialien genau in Fahrzeugen verbaut wurden. VW wies die Vorwürfe in der Güteverhandlung am Donnerstag zurück und bezeichnete die Klage als unbegründet.

Volkswagen: Manager fordern Schadenersatz in Millionenhöhe

Wie Rechtsanwalt Bialobrzeski vor dem Arbeitsgericht ausführte, machten die Kläger aus der technischen Überwachung die Missstände VW-intern als Hinweisgeber publik. Sie hätten die aufgedeckten Mängel ihrem Vorgesetzten gemeldet. Das sehe der VW-interne Verhaltenskodex vor. Allerdings habe das Vorgehen seiner Mandanten fatale Folgen für sie gehabt.

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Das Team der Kläger sei von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, ihre Arbeit behindert, ihre Abteilung eine Art Geisterabteilung geworden. Zudem hätten sie finanzielle Einbußen erlitten, weil ihnen eine anstehende Beförderung und damit eine Gehaltserhöhung versagt worden sei. Diese Folgen hätten den Ausschlag gegeben, VW auf Schadenersatz zu verklagen. Die Kläger fordern zusammen etwa sieben Millionen Euro.

VW: Grenzwerte angeblich deutlich überschritten

Aufgedeckt hatten die Kläger laut Bialobrzeski, dass in den Modellen Crafter und Grand California der VW-Tochter VW Nutzfahrzeuge Chemikalien freigesetzt werden, die als gesundheitsgefährdend eingestuft seien. Grenzwerte seien deutlich überschritten worden. Konkret geht es laut Bialobrzeski um Formaldehyd, Benzol und Styrol, die als krebserregend gelten. Quelle der Emissionen in den Fahrzeug-Innenräumen seien aus Kunststoff gefertigte Hochdächer.

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Rechtsanwalt warnt VW vor empfindlichen Strafen

Aufgedeckt hätten die Kläger in diesem Zusammenhang zudem, dass Volkswagen in vielen Fällen nicht in der Lage sei nachzuweisen, welche Materialien konkret in den Fahrzeugen eingesetzt würden. Rechtsanwalt Bialobrzeski verwies darauf, dass bei Verstößen gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz VW Strafen in Milliardenhöhe drohten. Nach seinen Angaben fehlt für etwa ein Viertel der von VW eingesetzten Bauteile der entsprechende Nachweis.

Wie Bialobrzeski ausführte, seien seine Mandanten enttäuscht, weil sie VW-intern nicht ernst genommen worden seien. „Es kann sein, dass wir diese Klage verlieren. Wir haben aber trotzdem gewonnen, weil wir endlich gehört werden“, sagte er. „Es geht uns nicht ums Geld. Wir wollen, dass die Missstände abgestellt werden.“

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VW: Es gibt keine Verpflichtung, Behörden informieren zu müssen

Rechtsanwalt Gunnar Straube, der VW vertritt, sagte in der Güteverhandlung, dass die Klage aus Sicht des Unternehmens nicht begründet sei. So seien die Kläger weder Hinweisgeber noch hätten sie einen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung. Zu den inhaltlichen Vorwürfen sagte er: VW habe die Themen aufgegriffen. Ein Gutachten habe entsprechende Maßnahmen empfohlen, die umgesetzt worden seien.

Ähnlich äußerte sich das Unternehmen auf Nachfrage. Die Kläger seien nicht benachteiligt worden, hieß es aus Wolfsburg. Mit Blick auf die inhaltlichen Vorwürfe verwies Volkswagen auf interne und externe Bewertungen, aus denen sich keine Verpflichtung ergeben habe, sich an die Behörden zu wenden. Das haben aber die Kläger getan. Dafür gab es nach Angaben des Unternehmens aber weder die Notwendigkeit noch die Berechtigung. „Dementsprechend entstehen nach Ansicht der Volkswagen AG auch keine Ansprüche nach dem Hinweisgeberschutzgesetz“, hieß es abschließend.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Braunschweiger Zeitung, die wie diese Redaktion zur FUNKE Mediengruppe gehört.