Berlin. Defekte Geräte reparieren, anstatt sie wegschmeißen – das will die EU. Verbraucher haben es dabei derzeit noch schwer. Das soll sich ändern.

Ist ein Gerät kaputt, kommt es meist auf den Müll. Daran soll sich nicht nur in Deutschland grundsätzlich etwas ändern. Die Europäische Union schreibt ab 2026 ein sogenanntes Recht auf Reparatur vor. Bislang jedoch ist es für viele Verbraucher offenbar nicht ganz einfach, defekte Technik wieder instand setzen zu lassen – selbst, wenn sie es wollten.

Nachholbedarf gibt es nicht nur bei der Verfügbarkeit von Ersatzteilen, sondern auch bei den Preisen, die von den Herstellern für diese Komponenten aufgerufen werden. Zu diesem Ergebnis kommt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in einem sogenannten Marktcheck, der dieser Redaktion exklusiv vorliegt. Demnach stehen Ersatzteilpreise nicht immer im Verhältnis zum Neukaufpreis eines Geräts.

Recht auf Reparatur: Vor allem Ersatzteile von Samsung sind teuer

Konkret untersucht haben die Verbraucherschützer in Deutschland gängige Geschirrspülmaschinen von zehn unterschiedlichen Anbietern sowie Preise und Verfügbarkeit von Geschirrkörben. Davon haben handelsübliche Spülmaschinen in der Regel zwei – einen unteren und einen oberen. Der Test zeigt vor allem große Preisunterschiede bei den Teilen.

Für den oberen Geschirrkorb werden Preise zwischen 55 Euro und 262 Euro verlangt, für den unteren Geschirrkorb zwischen 68 Euro und 189 Euro. Damit kostet das teuerste Ersatzteil der Untersuchung zufolge fast fünfmal so viel wie das günstigste. Besonders teuer: Samsung. Bei dem südkoreanischen Anbieter ist das untersuchte Spülmaschinenmodell für einen mittleren Neupreis von 437 Euro zu haben. Wollen Kunden Geschirrkörbe nachkaufen, müssen sie dafür bis zu 45 beziehungsweise 61 Prozent des Neukaufpreises hinlegen. Das geht so nicht, finden die Verbraucherschützer.

Recht auf Reparatur: Für Verbraucher muss sich Instandsetzen finanziell lohnen

„Wenn zwei Geschirrkörbe als Ersatzteil gemeinsam mehr kosten als das Neugerät, dann kann es sich nicht um einen angemessenen Ersatzteilpreis handeln. Damit der Weg aus der Wegwerfgesellschaft gelingt, muss sich Reparieren auch finanziell für Verbraucherinnen und Verbraucher lohnen“, sagte Keo Sasha Rigorth aus dem Team Mobilität und Reisen beim vzbv dieser Redaktion.

Laut Marktcheck beträgt der Ersatzteilpreis für den oberen Geschirrkorb zwischen 10 und 61 Prozent des Neupreises der jeweiligen Spülmaschine, für den unteren Geschirrkorb liegt der Ersatzteilpreis zwischen 10 und 45 Prozent des Neupreises. Ein möglicher Preistreiber laut vzbv: Die Geschirrkörbe werden teilweise nur zusammen mit anderen Ersatzteilen angeboten und lassen sich nicht einzeln bestellen. Die durchaus mitunter hohen Kosten könnten die Menschen dann dazu bewegen, ein Gerät doch nicht zu reparieren und stattdessen lieber gleich ein neues zu kaufen, befürchten die Verbraucherschützer und fordern Vorgaben des Gesetzgebers.

Statt Ersatzteilen: Die Deutschen schmeißen relativ schnell weg

„Was ein angemessener Reparaturpreis ist, ist derzeit reine Auslegungssache der Hersteller. Wir brauchen konkrete Vorgaben, wie sich ein Preis als angemessen bestimmen lässt“, sagte Rigorth weiter. Ansonsten bleibe das Recht auf Reparatur „ohne messbare Wirkung“. Die europäische Richtlinie zum Recht auf Reparatur sieht vor, dass Reparaturen auch nach Ende der gesetzlichen Gewährleistungsfrist für einige Produktgruppen zu einem angemessenen Preis angeboten werden müssen. Die EU-Länder – also auch Deutschland – müssen die Vorgabe bis Juli 2026 in nationales Recht umsetzen.

Bislang werden defekte Geräten in Deutschland noch relativ schnell entsorgt. Eine Studie im Auftrag des Spezialversicherers Wertgarantie fand vor drei Jahren raus, dass das Nicht-Reparieren und Entsorgen defekter Technik jedes Jahr für gut 400.000 Tonnen Elektroschrott sorgt. Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen, Kühlschränke und Geschirrspüler stellen dabei drei Viertel des Elektroschrottaufkommens. Verbraucher wiederum gaben in der Befragung auch an, in nur einem Viertel der Fälle zu reparieren. Ein Drittel der Befragten hielt damals die Kosten dafür schlicht für zu hoch.

Reparieren statt Wegwerfen: Hersteller begründen hohe Kosten für Ersatzteile

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), der auch die großen deutschen Haushaltsgerätehersteller vertritt, setzt sich mit Blick auf das Recht auf Reparatur für „umsetzbare und unkompliziertere Maßnahmen“ ein, hieß es auf Anfrage dieser Redaktion. Gleichzeitig verteidigte der Verband die teils hohen Ersatzteilpreise. „Ersatzteilpreise unterliegen anderen wirtschaftlichen Voraussetzungen als vollständige Produkte. Nicht nur die Kosten für Rohstoffe beziehungsweise Material und Fertigung fallen ins Gewicht, sondern auch die für Lagerung und Logistik“, erklärte Carine Chardon, ZVEI-Bereichsleiterin. Und das teils über viele Jahre und für eine sehr große Bandbreite an Ersatzteilen.

Auch das Hausgeräteunternehmen BSH, zu dem Marken wie Bosch, Siemens, Constructa und Neff zählen, verwies auf „erhebliche“ Logistik- und Lagerkosten. Ziel sei es allerdings, Reparaturen zu vermeiden und Kunden stattdessen „hinsichtlich der Langlebigkeit und der dauerhaften Leistungsfähigkeit ihrer Geräte zu unterstützen“.

Recht auf Reparatur: Verbraucherschützer bringen Herstellerabgabe ins Spiel

Schon jetzt schreibt der Gesetzgeber Herstellern vor, für bestimmte Geräte Ersatzteile bereitzuhalten – und das für mindestens zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen des letzten Exemplars eines Modells. In dem von der Verbraucherzentrale vorgenommenem Marktcheck erfüllten vier Hersteller diese Regelung der europäischen Ökodesign-Verordnung nicht oder nicht vollständig: Nur bei sechs von zehn Herstellern waren beide Geschirrspülkörbe verfügbar und konnten direkt auf der Website bestellt werden, so der vzbv.

Die Verbraucherschützer bringen auch einen bundesweiten Reparaturbonus ins Spiel, der wie in Frankreich über eine Herstellerabgabe finanziert werden soll. Dort spielt bei der Berechnung der Abgabe auch eine Rolle, wie reparaturfreundlich die Produkte sind. Genügen zum Beispiel Standardwerkzeuge, um den Speicher eines Laptops auszutauschen, wird es für die Hersteller günstiger. Müssen spezielle Schraubenzieher verwendet werden, fällt die Abgabe höher aus. Unternehmen soll das motivieren, Geräte so reparaturfreundlich wie möglich zu konzipieren.

Reparaturbonus: In Deutschland gibt es schon einige Pilotprojekte

Der Verband ZVEI sieht einen solche Abgabe für die Hersteller skeptisch. Unklar sei zum Beispiel was mit Online-Anbietern geschehe, die für nationale Marktüberwachungsbehörden schwer zu greifen sind. Mehr Potenzial sehen die Branchenvertreter stattdessen in einer reduzierten Mehrwertsteuer auf Reparaturdienstleistungen. Derzeit gibt es innerhalb Deutschlands in drei Bundesländern, drei Städten und zwei Landkreisen einen solchen Bonus.