Berlin. Die deutsche Stahlindustrie steht unter großem Druck. Auch Thyssenkrupp Steel will mit Einsparungen im harten Wettbewerb bestehen.

Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel Europe kündigt einen drastischen Stellenabbau an. In den kommenden sechs Jahren soll die Zahl der Arbeitsplätze von derzeit 27.000 auf 16.000 sinken, wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt gab.

Demnach sollen bis Ende 2030 rund 5000 Stellen durch „Anpassungen in Produktion und Verwaltung“ abgebaut werden. Weitere 6000 Stellen sollen durch Ausgliederungen an externe Dienstleister oder durch Unternehmensverkäufe abgebaut werden. Laut einer Unternehmensmitteilung plant der Vorstand außerdem die Gehälter der Mitarbeiter zu kürzen. Die Personalkostenstruktur werde in den nächsten Jahren um durchschnittlich zehn Prozent gesenkt, um „die Kosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen“.

Thyssenkrupp Steel: Massive Kürzungen bis 2030

Thyssenkrupp reagiert damit auf die schwächelnde Nachfrage auf dem Stahlmarkt. Die Produktionskapazitäten sollen von 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr auf 8,7 bis 9,0 Millionen Tonnen reduziert werden. Diese Anpassung entspricht der Versandmenge des vergangenen Geschäftsjahres.

„Wir nehmen unsere Verantwortung sehr ernst und wollen für möglichst viele unserer Beschäftigten langfristige Perspektiven schaffen“, sagte der neue Thyssenkrupp-Stahlchef Dennis Grimm gegenüber der „WAZ“, die wie diese Zeitung zur „FUNKE Mediengruppe gehört. „Um uns zukunftsfest aufzustellen, ist eine umfassende Optimierung und Verschlankung unseres Produktionsnetzwerkes und unserer Prozesse notwendig.“

Parallel zu den Einsparungen plant der Mutterkonzern Thyssenkrupp eine weitere Verselbständigung der Stahlsparte. Derzeit hält das tschechische Energieunternehmen EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky bereits 20 Prozent, in einem nächsten Schritt sollen es 50 Prozent werden. Mit einer 50:50-Struktur müsste Thyssenkrupp die schwankungsanfällige Stahlsparte künftig nicht mehr vollständig in der Konzernbilanz ausweisen.

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Der neue Stahl-Vorstand überschreitet damit laut „WAZ“, die wie dieses Portal zur FUNKE Mediengruppe gehört, „die roten Linien der Betriebsräte und der IG Metall“. Knut Giesler, NRW-Chef der IG Metall und Aufsichtsratsvize bei Thyssenkrupp Steel, sagte gegenüber der Zeitung: „Wer über 11.000 Beschäftigte abbauen und einen Standort schließen will, muss mit dem erbitterten Widerstand der IG Metall rechnen. Keine Aussagen zum Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, Standortschließungen, genau das sind die roten Linien, die wir immer wieder kommuniziert haben.“ Zu den geplanten Kürzungen bei den Personalkosten betonte Giesler: „Wer in Zeiten des Fachkräftemangels auf solche Ideen kommt, hat nichts verstanden.“

Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp, bezeichnete die Vorschläge des Vorstands gegenüber der „WAZ“ als „keine Grundlage für Verhandlungen“ und erklärte: „Das ist eine Kampfansage an die Belegschaft.“  Kerner forderte: „Wir erwarten klare Aussagen zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und zum Erhalt aller Standorte.“

Investition in Grünstahl bleibt bestehen

Thyssenkrupp Steel steht zudem unter Druck, die CO2-Bilanz der energieintensiven Stahlproduktion zu verbessern. In Duisburg entsteht eine Anlage, in der Roheisen nicht mehr mit klimaschädlicher Kohle, sondern mit Erdgas und langfristig mit grünem Wasserstoff erzeugt werden soll. Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen fördern das Projekt mit zwei Milliarden Euro.

Trotz der kräftigen staatlichen Finanzspritze kommt das Projekt Thyssenkrupp Steel teuer zu stehen. Medienberichten zufolge wurde intern über einen möglichen Ausstieg aus dem Projekt nachgedacht. Das Unternehmen betont jedoch, dass die Direktreduktionsanlage fertiggestellt werde. Gleichzeitig werden Gespräche geführt, um die Wirtschaftlichkeit des Investitionsvorhabens unter den veränderten Rahmenbedingungen sicherzustellen.