Berlin. Ein gefördertes Depot soll die Altersvorsorge verbessern. Ein Versicherungsfachmann deckt Schwächen auf – und hat einen bösen Verdacht.
Reichen die Reformideen aus, damit Versicherte eine bessere Rendite erzielen können als zuletzt mit der Riester-Rente? Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die private Altersvorsorge mit einem staatlich geförderten Depot unterstützen. Einen ersten Gesetzentwurf hat sein Haus dafür kürzlich vorgelegt. Deutschlands bekanntester Versicherungskritiker Axel Kleinlein, bis September 2022 Vorstandschef des Bundes der Versicherten (BdV), hält das grundsätzlich für sinnvoll, sieht jedoch in Details Schwächen, wie er dieser Redaktion sagte.
Konkret hält Kleinlein Formulierungen im Gesetzestext mit Blick auf die Auszahlungsphase nur für wenig verbraucherfreundlich. Grundsätzlich sollen dabei künftig zwar neben Lebensversicherern auch andere Finanzdienstleister in den Wettbewerb treten. Praktisch aber würden Formulierungen im Gesetzentwurf de facto andere Anbieter außer Lebensversicherer in der Auszahlphase ausschließen, schrieb Kleinlein in seiner dieser Redaktion vorab vorliegenden Stellungnahme zum Entwurf.
Altersvorsorgedepot: Versicherungsfachmann sieht in Auszahlungsphase Defizite
„Das Gesetz sieht vor, dass nur Produkte, die wie Lebensversicherungen kalkuliert sind, für die Auszahlphase verwendet werden können“, sagte Kleinlein. Auszahlpläne, die zum Beispiel auf Fonds oder ETFs basieren und eine andere Kostenkalkulation vorsehen, wären dann nicht möglich. „Durch die Hintertür bleibt damit der Verrentungszwang bestehen“, befürchte er. Das sei dann so, als würde man sagen, dass es keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn geben soll. „Im Kleingedruckten des Gesetzes aber steht, dass das nur für Autos mit einer Stern-Verzierung gilt und alle anderen nur 130 fahren dürfen“, erläuterte er.
Bundesfinanzminister Lindner will laut Entwurf, dass Versicherte, die freiwillig mit einem Altersvorsorgedepot vorsorgen, künftig zu Beginn der Auszahlungsphase zwischen einer lebenslangen Leibrente und einem befristeten Auszahlungsplan bis zum 85. Lebensjahr wählen können.
Altersvorsorgedepot: Lebensversicherer sollten transparenter informieren müssen
Kleinlein setzt sich darüber hinaus für mehr Transparenzpflichten für die Versicherungsanbieter ein. „Wer sich für eine Versicherungsrente entscheidet, der sollte auch erfahren, wie die Rente kalkuliert ist, also welche Lebenserwartung ihm unterstellt wird. Solche Informationen fehlen aber noch immer, auch im neuen Gesetz“, sagte er weiter. Bei einer Leibrente sind Lebensversicherer – so wie zum Beispiel auch bei Riester – grundsätzlich verpflichtet, die Auszahlung bis zum Tode zu gewähren. Häufig rechnen sie daher konservativ und legen eine höhere Lebenserwartung an, als gemeinhin erwartet wird. „Daher ist dringend darauf zu achten, dass hinreichend Informationen über die Auswirkung des Ansatzes der Langlebigkeit an die Kunden gegeben werden“, so Kleinlein in seiner Stellungnahme.
Der Fachmann zog unterm Strich ein gemischtes Fazit mit Blick auf den Gesetzentwurf: „Gut gedacht, in wichtigen Details schlecht gemacht. Böse Zungen könnten behaupten, die Versicherungswirtschaft hat beim Gesetz mitgeschrieben.“
Das neue Altersvorsorgedepot soll Kapitalmarktanlagen künftig mit einer staatlichen Förderung ermöglichen. 600 Euro Grundzulage statt bislang 175 Euro im Jahr sind möglich, wenn man selbst 3000 Euro einzahlt, dazu kommen steuerliche Vorteile.
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