Berlin. Laut einer Umfrage empfinden junge Menschen Arbeit als notwendiges Übel. Trotzdem könnten sie zur reichsten Generation aller Zeiten werden.

Die junge Generation sieht sich oft mit Vorurteilen konfrontiert: Sie sei faul, wolle nicht arbeiten und erwarte trotzdem ein komfortables Leben. Dabei findet die sogenannte Generation Z, geboren zwischen 1995 und 2010, eigentlich bessere Arbeitsbedingungen vor als viele frühere Generationen. Arbeitszeiten sind flexibler geworden, in vielen Berufen gibt es die Möglichkeit zum Homeoffice, was Pendelzeiten reduziert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördert.

Trotzdem beschleicht viele junge Menschen ein Gefühl der Unsicherheit, wenn sie auf ihre berufliche Zukunft blicken. Das zeigt eine aktuelle Studie, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Darin befragte die Unternehmensberatung Baulig Consulting junge Menschen zu ihrer Sicht auf die Arbeitswelt.

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Die Ergebnisse sind teils ernüchternd. Fast drei Viertel der Befragten gaben an, dass für sie Arbeit vor allem als Mittel zum Überleben dient. Simon Schnetzer, Jugendforscher und Arbeitgeber-Coach, findet das nicht weiter verwunderlich: „Ohne Arbeit gibt es kein Einkommen, und ohne Einkommen fehlt die finanzielle Sicherheit“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Gerade in Zeiten hoher Inflation, steigender Mieten und der Angst vor Altersarmut gewinne der finanzielle Aspekt von Arbeit enorm an Bedeutung.

Diese Sorgen spiegeln sich auch in der Frage nach Wohlstand: 74 Prozent der Befragten glauben, trotz harter Arbeit in ihrem Leben keinen Wohlstand zu erreichen. „Heute haben viele junge Menschen das Gefühl, dass sie den Lebensstandard ihrer Eltern nicht erreichen werden“, so Schnetzer. Früher galt Arbeit als Weg zu Wohlstand und einem sicheren Ruhestand – eine Perspektive, die heute vielen jungen Menschen fehle.

Generation Z: Wieso sie die reichste Generation werden könnte

Allerdings stehen diese pessimistischen Ansichten im Widerspruch zu einer aktuellen Untersuchung der Allianz: Laut dem Global Wealth Report des Versicherungskonzerns könnte die Generation Z die reichste Generation aller Zeiten werden. Zwar sei dies stark von aktiven Investitionen in Aktien und Wertpapiere abhängig, doch könne eine fiktive Person sich durch geschickte Anlageformen ein Vermögen von bis zu fünf Jahresgehältern aufbauen. Zudem profitiere die Generation Z langfristig von den Vermögen, die in den kommenden Jahren von den Babyboomern vererbt werden.

Prof. Dr. Thomas Druyen, Vermögensforscher
Thomas Druyen ist Direktor des Institutes für Vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie sowie des Institutes für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement an der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien. Zusätzlich ist er Präsident der opta data Zukunfts-Stiftung in Essen. © Sebastian Drüen | Sebastian Drüen

Vermögens- und Zukunftsforscher Thomas Druyen sieht die Entwicklung differenzierter: „Einige wenige Menschen werden in der Zukunft immer reicher, das glaube ich auch. Aber ob nur die Generation Z dazu gehören wird, wage ich zu bezweifeln.“ Dazu befeuere die ungleiche Verteilung von Erbschaften die Spaltung in der Gesellschaft, da sie Reichtum auf wenige Unternehmen oder Familien konzentriere. Dies schränke die soziale Mobilität, also die Aufstiegschancen, ein. Das könne die Vermögensentwicklung der Generation langfristig beeinflussen.

Experte: „Ich traue der Generation viel zu, aber sie muss handeln“

Als Chance sieht Druyen jedoch die dynamische, technologiegetriebene Wirtschaft. „Die Perspektiven für den Aufbau eines gelingenden Lebens sind vielversprechend, besonders in technologiegetriebenen und innovativen Sektoren“, sagt Druyen. Gleichzeitige sei der Wettbewerb in diesen Branchen wie etwa der IT aber besonders intensiv. Er erfordere die stetige Verbesserung der technischen Fähigkeiten sowie unternehmerisches und nachhaltiges Denken.

Dazu belasteten Risiken wie globale Krisen, der Klimawandel, hohe Immobilienpreise und Fragen der Rentenfinanzierung die junge Generation. „Verglichen mit früheren Generationen sind die Chancen gigantischer und die Bedrohungen ebenso“, sagt Druyen. In welche Richtung das Pendel schwinge, sei auch von der Umsetzung schwerwiegender Entscheidungen abhängig. „Ich traue der Generation viel zu, aber sie muss ultimativ und proaktiv handeln.“

Das ist jungen Menschen bei der Arbeit besonders wichtig

Auffällig in der Studie: Mehr als die Hälfte der jungen Menschen gibt an, dass sie Arbeit als Ausbeutung empfindet. Schnetzer sieht diese Aussage in der Studie jedoch zu allgemein gefasst: „Viele junge Menschen kommen frisch in die Arbeitswelt und verstehen noch nicht vollständig, was es bedeutet, Arbeitgeber zu sein.“ Sie hätten teils Erwartungen, die Unternehmen nicht immer erfüllen könnten. Ein Aspekt hierbei sei der durch soziale Medien veränderte Kommunikationsstil der jüngeren Generation. „Junge Menschen sind es gewohnt, sofort Rückmeldung zu erhalten – ob bei einem geposteten Bild oder nach einer abgeschlossenen Aufgabe“, erklärt Schnetzer. Diese Erwartung übertrage sich auch auf das Berufsleben: Junge Menschen erwarteten eine direkte Reaktion auf ihre Arbeit, sei es als Lob oder konstruktive Kritik.

Simon Schnetzer
Simon Schnetzer ist Jugendforscher und Arbeitgeber-Coach. © privat | Privat

Laut Studie betrachtet der Großteil der Befragten Flexibilität und Work-Life-Balance als entscheidende Vorteile bei der Wahl eines Arbeitsplatzes. Dies gelte nicht nur für die jüngeren Generationen: „Besonders für Menschen in der Familienphase, egal ob Generation Y oder X, ist Flexibilität essenziell“, betont Schnetzer. Bei der jungen Generation entstehe dieses Bedürfnis nach einer guten Work-Life-Balance aber nicht aus denselben Gründen: Da sie eine unsichere Zukunft erwarte, wolle die Generation Z nicht auf den Ruhestand warten, um das Leben zu genießen, sondern die Arbeit und Freizeit gut vereinen.

Andere Aspekte, wie der Wunsch danach, sich bei der Arbeit wohlzufühlen, könnten ebenfalls generationsübergreifend beobachtet werden. Diese Anforderungen lassen sich Schnetzer zufolge auf die Punkte Spaß, Sinn und Sicherheit herunterbrechen. „Das bedeutet, dass man gerne zur Arbeit geht, sich finanziell abgesichert fühlt und das, was man tut, als sinnvoll und richtig empfindet“, sagt Schnetzer. In diesen Punkten sei die Gen Z nicht anders als vorherige Generationen.