Washington. Jensen Huang ist Pionier für KI-Technologie. Wie er als Kind in die USA kam, Nvidia gründete und 118-facher Milliardär wurde.

Er zählt zu den Titanen unter den milliardenschweren Konzernlenkern im Silicon Valley. Meta- und Facebook-Chef Mark Zuckerberg zieht sogar eine Parallele zur Musikwelt. Jensen Huang, der Gründer und Vorstandschef des IT-Konzerns Nvidia, sei „der Taylor Swift der Tech-Industrie“, schwärmt Zuckerberg. Die Komplimente und Huangs immenses Vermögen, das auf 118 Milliarden Dollar geschätzt wird, steigen dem aus Taiwan eingewanderten Elektroingenieur aber nicht zu Kopf. Im Gegenteil. 

Er sieht den Mega-Erfolg seines Unternehmens, das im Juni für einige Zeit am Börsenwert gemessen vor Microsoft und Apple der reichste aller Weltkonzerne war, als folgerichtiges Ergebnis von Fleiß und eiserner Disziplin. Sein Geheimnis: „Von der Sekunde an, in der ich morgens aufstehe, bis ich abends ins Bett gehe, arbeite ich“, erklärt der 61-Jährige. „Wenn ich gerade mal nicht arbeite, dann denke ich an meine Arbeit. Selbst wenn ich ins Kino gehe, weiß ich nicht mehr, was ich gerade gesehen habe, denn selbst dort habe ich an die Arbeit gedacht.“

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Der unverwüstliche Arbeitseinsatz ist das Ergebnis einer ungewöhnlich strengen und konservativen Erziehung. Geboren wurde Huang in der Stadt Tainan im Südwesten der Inselrepublik Taiwan. Noch vor seiner Einschulung zog die Familie nach Thailand. Vier Jahre später schickten die Eltern Jensen und seinen älteren Bruder zu deren Onkel im US-Staat Washington im pazifischen Nordwesten.

Das war der erste „Deal“ des Nvidia-Gründers

Das Nomadendasein setzte sich fort, als der Onkel den Zehnjährigen nach Kentucky schickte. In der irrtümlichen Annahme, dass sein Neffe dort von einem prominenten Internat angenommen wurde, besuchte der Gymnasiast stattdessen eine Baptisten-Akademie für religiöse Reformen, deren Ziel es war, Schüler anderer Glaubensrichtungen zu bekehren.  

Bis heute erzählt Huang eine Anekdote aus der Akademie, die ihm rigorose Selbstdisziplin eintrichterte. Dort hatte er einen Mitbewohner, von dem Huang erst nach einiger Zeit erfuhr, dass er Analphabet ist. Daraufhin schlossen die beiden Jungen einen Deal, den er als das erste „Geschäft“ in seiner langen Karriere als Unternehmensgründer und Manager beschreibt. „Ich brachte ihm das Lesen bei.“ Die Gegenleistung: Weil sich der schlaksige Junge Muskeln antrainieren wollte, „trainierte er mich beim Gewichtheben und Bankdrücken“.

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Einige Jahre danach zogen Jensen und sein Bruder zu den Eltern, die zwischenzeitlich in die USA übergesiedelt waren, nach Oregon. In der Highschool profilierte er sich sportlich als erstklassiger Tischtennisspieler, jobbte als Kellner in Schnellimbissen, studierte nach dem Abitur Elektroingenieurwesen und erwarb seinen Master-Abschluss an der renommierten Stanford-Universität. Nach ein paar Positionen in der Tech-Branche, unter anderem bei dem Halbleiterkonzern AMD, gründete Huang 1993 – damals gerade 30 Jahre alt – mit Chris Malachowsky und Curtis Priem die Firma Nvidia. 

Einhorn im Silicon Valley: Das macht Huang so besonders

Allein die Tatsache, dass Huang seit 31 Jahren an der Spitze des von ihm gegründeten Unternehmens sitzt, macht ihn in Silicon Valley, wo Personalkarusselle und ständige Wechsel unter Spitzenkräften zur Tagesordnung gehören, zu einem Unikum. Zu seinen Markenzeichen zählen auch die Leder-Bikerjacke, in der er zu Konferenzen erscheint, und die Tatsache, dass Huang in der Konzernzentrale kein eigenes Büro hat, sondern von Konferenzraum zu Konferenzraum zieht. 

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Ohne ihn wäre KI undenkbar: Jensen Huang. Sein Markenzeichen ist die schwarze Bikerjacke. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Eric Risberg

Schmunzelnd erinnert sich Huang an die Gründertage zurück, an denen er und seine zwei Kumpels in einem Schnellimbiss in Kalifornien saßen. „Wir hatten keine Ahnung, was wir machten, und hatten die Herausforderungen total unterschätzt, die mit einer Neugründung verbunden sind“, sagt er. Mit geradezu prophetischer Weitsicht ahnten die drei Jungunternehmer aber voraus, welche zentrale Rolle grafische Datenverarbeitung und Prozessoren spielen würden, vor allem in der boomenden Industrie für Videospiele. 

Inoffizielles Firmenmotto: 30 Tage von der Pleite entfernt

Die ersten Jahre gestalteten sich als ausgesprochen schwierig. Liquiditätsprobleme zwangen Huang 1996, mehr als die Hälfte der damals circa 100 Mitarbeiter zu entlassen. Scherzhaft verweist er auf das damals inoffizielle Firmenmotto: „30 Tage von der Pleite entfernt“. Nach der Jahrtausendwende trat Nvidia, das heute etwa 30.000 Mitarbeiter beschäftigt und vergangenes Jahr einen Gewinn von fast 33 Milliarden Dollar einfuhr, aber einen Höhenflug an. Heute beherrscht Nvidia 88 Prozent des globalen Markts für Grafikprozessoren (GPUs), die als das Vorzeigeprodukt des Software-Giganten gelten. 

Damit für den unermüdlichen Unternehmer, der stets auf der Suche nach neuen Ideen ist, aber nicht genug. Den Höhenflug der Nvidia-Aktie und das eigene, dreistellige Milliardenvermögen hat Huang vielmehr dem Ausflug seines Konzerns in die Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) zu verdanken. Auch dort zählt Nvidia zu den ganz Großen und ist Marktführer bei KI-Lösungen, unter anderem bei der Software für selbstfahrende Autos und Gesichtserkennung. Der Konzern fertigt 70 Prozent der weltweiten KI-Chips. Den Erfolg erklärt Huang mit einem Vergleich zu den seinerzeitigen Grafikprozessoren: Die Bedeutung von KI „haben wir etwa 15 Jahre vor der Konkurrenz erkannt“. Das Unternehmen, ebenso wie Huang selbst, sei eben immer einen Schritt voraus.

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