Berlin. Drei Jahrzehnte nach der Einheit pendeln so viele Ostdeutsche wie nie zur Arbeit in die alten Bundesländer. Das sollte zu denken geben.
Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) versprach „blühende Landschaften“, doch im Osten Deutschlands ist die wirtschaftliche Realität mehr als drei Jahrzehnte nach der Einheit vielerorts noch eine andere. Weiterhin hat keiner der wirtschaftsstarken Dax-Konzerne seinen Sitz in den ostdeutschen Bundesländern. Und auch das Gehaltsgefälle ist nach wie vor beträchtlich.
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Laut Lohnspiegel der Hans-Böckler-Stiftung verdienen Beschäftige im Osten rund 17 Prozent schlechter als im Westen – für den gleichen Job und bei gleicher Qualifikation. Dass sich viele Menschen daher überlegen, einfach im Westen zu arbeiten, ist deswegen nicht überraschend. Traurig ist, dass die Zahl der Pendler von Ost nach West in den vergangenen Jahren sogar angestiegen ist und nun mit 447.000 Berufspendlern einen neuen Rekord erreicht hat.
Hohe Zahl der Berufspendler von Ost nach West zeigt eine Sache deutlich
Angesichts der offenbar für viele Arbeitnehmer fehlenden Perspektive muss man festhalten, dass der ostdeutsche Aufholprozess noch immer nicht abgeschlossen ist. Und dass man jetzt endlich Boden gut macht, ist angesichts der Wachstumsprognosen für die kommenden Jahre eher nicht zu erwarten.
Hinzu kommt, dass einigen ostdeutschen Bundesländern der nächste Strukturwandel bevorsteht. Der Kohleausstieg birgt wie damals das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten erneut die Gefahr von Job- und Wohlstandsverlust. Die Politik muss diesmal die richtigen Antworten finden. Investitionen wie von Tesla in Brandenburg oder Intel in Sachsen-Anhalt sind deshalb nicht nur geboten, um die Wirtschaft zu stärken – sondern auch, um endlich ein altes Versprechen zu erfüllen.