Hamburg. 23-Jähriger und seine Freundin drohen während Tief „Lambert“ an Bahnhof in Niedersachsen zu stranden. Dann passiert Ungewöhnliches.
Auf die Reise nach München hatte sich Janek S. schon mehrere Wochen lang gefreut. Zusammen mit seiner Freundin wollte der Hamburger Student, der seit einem Monat ein Praktikum in Wolfsburg absolviert, Freunde besuchen.
Das Ticket der Deutschen Bahn hatte das Paar schon vor längerer Zeit besonders günstig gekauft. Doch aus der Bahnfahrt wurde am Ende nichts, stattdessen landeten die beiden in einem für sie von der Deutschen Bahn bezahlten Taxi Richtung der bayerischen Landeshauptstadt.
Deutsche Bahn: Anschlusszug wegen des Starkregens nicht mehr zu erreichen
Aber der Reihe nach: Am vergangenen Donnerstag um 18.14 Uhr begann der ungewöhnliche Trip des Pärchens. Von Wolfsburg aus ging es mit dem Regionalexpress nach Hannover. Um 19.08 Uhr sollte die Bahn in der niedersächsischen Metropole ankommen.
Aber Starkregen und Sturmböen sorgten bereits hier für eine Verzögerung von rund einer Stunde. Die Folge: Der Anschlusszug, der um 19.26 Uhr nach München starten sollte, war nicht mehr zu erreichen.
630 Kilometer mit dem Taxi – die Bahn bezahlt
Schnell wurde dem jungen Paar klar, dass dieser Tag bei der Bahn nicht nur von längeren Verspätungen und punktuellen Zugausfällen geprägt sein werde. Der Schienenverkehr in Teilen Norddeutschlands stand über mehrere Stunden still.
Wegen eines Unwetters, bei dem innerhalb weniger Stunden mit 50 Litern pro Quadratmeter so viel Regen fiel wie sonst in zwei Wochen, drohte der Wochenendausflug der beiden Studenten ins Wasser zu fallen. „Wir hatten uns schon damit abgefunden, irgendwo in Hannover schlafen zu müssen, notfalls auf dem Bahnhof“, sagt Janek S. im Rückblick.
Ein Bahnmitarbeiter überrascht das Pärchen
Der Hannoveraner Bahnhof war überfüllt mit ratlosen Bahnkunden, vor dem Informationsschalter bildete sich eine Menschenschlange. Nach einer Stunde Wartezeit kam das Paar an die Reihe, wurde von einem Bahnmitarbeiter nach seinem Reiseziel gefragt. „München? Kein Problem!“, sagte dieser zur Überraschung der beiden. „Da bekommen Sie einen Taxigutschein.“
Janek S. und seine Freundin konnten kaum glauben, was sie hörten. „Mit einem Taxi von Hannover nach München? Mal etwas anderes“, fasst der 23-Jährige seine ersten Gedanken zusammen. Und gegen 23 Uhr hielt das Paar tatsächlich einen Taxigutschein in der Hand.
Taxifahrer darf sich über rund 1400 Euro freuen
Vor dem Bahnhof warteten bereits zahlreiche Taxifahrer auf Kundschaft. Das Unwetter versprach schließlich gute Geschäfte. Eine Bahnbeschäftigte organisierte die alternativen Fahrten. Neben Janek S. und seiner Freundin nahmen noch zwei junge Frauen in dem für sie ausgesuchten Taxi Platz. Dann ging es mit der neuen Fahrgemeinschaft in sieben Stunden – Pausen inklusive - über 630 Kilometer auf der Autobahn nach München.
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Der Fahrer, ein junger Familienvater, sprach von der längsten Taxifahrt, die er jemals angetreten sei. Und er freute sich über einen stolzen Preis, schließlich zahle die Deutsche Bahn pro Kilometer zwischen 2,20 und 2,30 Euro.
Rund 1400 Euro dürfte er somit für diese Fahrt vor Abzug seiner Kosten bekommen haben. Für eine Fahrt, die für die Studenten nicht wie ursprünglich geplant in München um 0.43 Uhr in einem Zug endete, sondern gegen 6.30 Uhr – in einem Taxi.
Deutsche Bahn verweist auf Statuten bei gestrandeten Passagieren
Die Deutsche Bahn verweist auf ihre Fahrgastrechte, spricht mit Blick auf die beiden Studenten von „einem Einzelfall“. Ob eine so weite Strecke alternativ mit dem Taxi zurückgelegt werde, entscheide man „situativ vor Ort“.
In den Statuten der Bahn heißt es allerdings, dass die Kostenübernahme für eine Taxi- oder Busfahrt angezeigt sei „im Strandungsfall“ sowie bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielbahnhof, wenn die eigentliche Ankunftszeit des Zuges zwischen 0 und 5 Uhr liegt.
Deutsche Bahn: Höchstgrenze für Taxifahrten eigentlich bei 120 Euro
Eigentlich ist die Höchstgrenze der Taxikosten dann auf 120 Euro festgeschrieben. Eigentlich. Zu den genauen Beträgen, welche die Bahn an Taxibetriebe für Ersatzfahrten überweist, schweigt das Logistikunternehmen auf Abendblatt-Nachfrage: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu den Vertragsdetails aus Wettbewerbsgründen nicht weiter äußern werden.“
Janek S. und seiner Freundin dürfte das ohnehin egal sein. Sie hatten ein schönes Wochenende in München.