Hamburg. Kreditinstitut gewinnt im Norden nach eigenen Angaben viele neue Kunden – und kümmert sich verstärkt um besonders vermögende Menschen.
Der rasche Zinsanstieghat in Verbindung mit den hohen Inflationsraten auch das Geschäft der Deutschen Bank in Hamburg stark verändert. „Die Nachfrage nach klassisch verzinsten Geldanlagenhat in den vergangenen Monaten kontinuierlich zugenommen“, sagt Stefan Knoll, Sprecher der regionalen Geschäftsleitung der Region Nord (Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen) und verantwortlich für das Privatkundengeschäft in Hamburg. So werde etwa das seit Anfang April für Neukunden geltende Angebot bei Einjahres-Festgeld mit 2,4 Prozent Verzinsung„sehr gut angenommen“.
Im Geschäft mit sehr vermögenden Privatkunden („Wealth Management“) waren zudem Fonds mit einem aktiv gemanagten Mix aus Staats- und Unternehmensanleihen, die eine Rendite von drei bis vier Prozent bei „überschaubaren“ Laufzeiten erreichen, sowie inflationsgeschützte Anleihen sehr gefragt.
Deutsche Bank: Nachfrage nach „klassisch verzinsten Geldanlagen“ steigt
In den Wettbewerb um die höchsten Tagesgeldzinsen, die zuletzt auf 3,0 Prozent geklettert sind, steigt die Deutsche Bank erwartungsgemäß nicht ein. „Solche zeitlich befristeten Angebote fallen eher unter die Rubrik Marketingaufwendungen“, so Knoll. Und außerdem: „Zwei oder drei Prozent klingen gut, reichen aber auch nicht aus, um die Inflation auszugleichen.“
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Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben die Einlagen in Hamburg um ein Prozent auf 10,8 Milliarden Euro nachgegeben. Zwar ist das Wertpapierdepotvolumen mit 6,1 Milliarden Euro – nach einem Plus von 21 Prozent im Vorjahr – nahezu unverändert geblieben. Aber angesichts der Kursverluste an der Börse im Jahr 2022 im zweistelligen Prozentbereich lässt dies auf einen deutlichen Netto-Zufluss an Anlagegeldern schließen.
„Aktien schneiden in Phasen höherer Inflation besser ab als Anleihen“
„In der Vergangenheit haben Aktien in Phasen höherer Inflation im Vergleich zu Sparbuch oder Anleihen auf längere Sicht regelmäßig besser abgeschnitten“, sagt Knoll. Weil die Teuerungsrate weiter hoch bleiben dürfte, seien Aktien „für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge eine gute Option.“ Für 2023 sei zwar mit weiter stark schwankenden Kursen zu rechnen, „aber darin liegen auch Chancen“.
Aktuell erwarten die Wertpapierexperten der Deutschen Bank für den Deutschen Aktienindex (DAX) einen Jahresendstand von etwa 16.300 Punkten, was gegenüber dem derzeitigen Kursniveau ein Plus von knapp vier Prozent und gegenüber dem Jahresbeginn einen Anstieg um immerhin 17 Prozent bedeuten würde.
Wegen der geopolitisch und wirtschaftlich unsicheren Situation habe der Beratungsbedarf der Kundinnen und Kunden erheblich zugenommen, sagt Knoll. Das gilt auch für den Bereich Wealth Management, für den Anke Sahlén in der Region Nord verantwortlich ist. „Aktuell führen wir vor dem Hintergrund der gestiegenen Inflation viele Gespräche, in denen es um Anlagestrategien zum Vermögenserhalt geht“, so Sahlén.
Kreditvolumen in Hamburg wächst trotz Rückgangs der Baufinanzierungsnachfrage
Auch wenn die Nachfrage nach Baufinanzierungen in der zweiten Jahreshälfte 2022 infolge der Vervierfachung der Hypothekenzinsen deutlich zurückging, nahm das gesamte Kreditvolumen der Deutschen Bank in Hamburg von 4,8 Milliarden auf rund 5,3 Milliarden Euro noch einmal zu. Dazu habe die „im ganzen Jahr positive Entwicklung bei Raten- und gewerblichen Krediten“ beigetragen, hieß es.
Daneben habe man schon 2022 hohe Wachstumsraten bei Darlehen für die Renovierung und energetische Sanierung von Gebäuden verzeichnet – ein Trend, der sich in diesem Jahr fortsetze. „Alle Immobilienbesitzer werden sich die Frage stellen müssen, wie sie ihr Objekt auf die Zukunft vorbereiten“, so Knoll. Deutschlandweit will die Bank bis Ende 2025 sieben bis zehn Milliarden Euro an speziellen Finanzierungen für energieeffiziente Renovierungen und Neubauten bereitstellen.
Bei einer unveränderten Kundenzahl in Hamburg (290.000) hat sich das Geschäftsvolumen, also die Summe aus Krediten, Einlagen und Depotvolumen, leicht auf 22,3 Milliarden Euro (plus 1 Prozent) erhöht. Die Zahl der Mitarbeiter in der Hansestadt dagegen ist um 124 auf 1878 Personen zurückgegangen. In Teilbereichen wie dem Wealth Management wird jedoch das Personal ausgebaut. So sind drei der bundesweit sechs zusätzlichen „Private Banking Center“ für vermögende Kunden im Raum Hamburg angesiedelt. In Buchholz und Wedel wurden sie schon eröffnet, im zweiten Halbjahr 2023 folgt ein Beratungszentrum in Poppenbüttel.