Hannover. Das Geschäft mit erneuerbaren Energien wird für den Prüfkonzern immer wichtiger. Doch die Entwicklung geht ihm zu langsam.
Der TÜV Nord mahnt eine deutliche Beschleunigung der Energiewende an. Die Geschwindigkeit von Genehmigungsverfahren für Windkraft-, Solar- und Biogasanlagen sowie neue Stromleitungen müsse in Deutschland weiter zulegen, sagte der Chef des Prüfkonzerns, Dirk Stenkamp, am Mittwoch.
Zentrale Gründe für das noch zu geringe Tempo seien „mangelnde Digitalisierung, behördlicher Personalmangel und sich ändernde Auflagen“, außerdem die Versorgungsengpässe bei Material und zu wenige Fachkräfte. „Wenn wir unsere Ausbauziele bei den Erneuerbaren verfehlen, wird dies die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft einschränken“, warnte der TÜV-Nord-Vorsitzende.
Das Unternehmen legte in Hannover seine Zahlen für 2022 vor. Sowohl das Ergebnis im laufenden Geschäft als auch der Umsatz nahmen zu. Viele Prüfaufträge und technische Gutachten fielen im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der Planung der neuen LNG-Terminals und dem wegen der Energiekrise nötigen Weiterbetrieb fossiler Kraftwerke an. „Wir sind an der Herstellung praktisch aller deutschen LNG-Importterminals beteiligt“, sagte Stenkamp.
TÜV Nord: Erneuerbare Energie beschleunigen
Die Hamburger Dependance des TÜV Nord hat beispielsweise Anfang dieses Jahr die Betriebsgenehmigung für das LNG-Terminal „Deutsche Ostsee“ in Lubmin erteilt. Für die Ökostrom-Erzeugung biete der TÜV Nord verstärkt seine Dienstleistungen an, sagte Stenkamp.
Allerdings müssten Behörden und Politik auf diesem Feld ebenfalls schneller werden. Personalvorständin Astrid Petersen ergänzte: „Für die Umsetzung unserer Erneuerbare-Energien-Ziele brauchen wir mehr Fachkräfte aus dem Ausland und eine bessere Abstimmung bei der Integration zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.“
TÜV Nord setzt bei Energiegewinnung auf Geothermie
Bisher weitgehend ungenutzte Chancen liegen aus Sicht des Konzerns in der Geothermie. Sie könnte mehr als ein Viertel der in der Bundesrepublik gebrauchten Wärmeenergie liefern, schätzte Stenkamp.
„Zur Umsetzung benötigen wir eine koordinierte, bundesweite Allianz für die Wärmewende. Zeitgleich müssen die Verbraucher transparent über diese nachhaltige und kosteneffiziente Technologie informiert werden.“ Es gibt bereits Förderprogramme – verglichen mit manchen anderen Ländern fristet die Tiefengeothermie hierzulande aber noch eher ein Schattendasein.
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Die TÜV-Nord-Tochter DMT befasst sich mit der Analyse der seismisch-geologischen Bedingungen. In vielen Geothermie-Anlagen wird kaltes Wasser nach unten geleitet, wo es sich erhitzt und dann als Wasserdampf an die Oberfläche zurückkehrt. Die Systeme können mit Wärmepumpen kombiniert werden. Die Hitze aus dem Erdreich kann auch Gewerbegebäude oder – über Nahwärmenetze – ganze Ortsteile versorgen.
Der TÜV Nord ist neben dem TÜV Süd (München) und dem TÜV Rheinland (Köln) eine der drei großen TÜV-Gruppen in Deutschland.