Hamburg. Das Familienunternehmen Trenga De beliefert TUI und Hapag-Lloyd Cruises. Ein Großteil der Herstellung erfolgt an der Elbe.

An blauen Montagearmen hängen hintereinander 22 blaugrün lackierte Rahmen mit weißer Gabel. „Phoenix Reisen GmbH Bonn“ steht auf den werdenden Fahrrädern. Der mit Rücklicht und Kabel bereits vormontierte Gepäckträger wurde über einen gelben Griff und die Schaltzüge um den Lenker gelegt. Ab und an und hört man ein Klingeln – Funktionstest. Auch die Schutzbleche sind vormontiert.

Ein Mitarbeiter geht die Reihe von hinten nach vorn lang und dreht Schrauben fest. „Die Monteure machen einen Arbeitsschritt nach dem nächsten“, sagt Stephan Dirks. „Ein Mitarbeiter nimmt zum Beispiel 22 Kurbelsätze und befestigt sie. Dann kommt das nächste Teil.“

Trenga De: Hamburger Firma baut Fahrräder für Kreuzfahrtschiffe

Stephan Dirks steht im Erdgeschoss von Trenga De am Großmoordamm. Jedes Jahr verkauft das Harburger Unternehmen, das der 56-Jährige zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Jens Peter Dirks gegründet hat und leitet, eine „hohe einstellige Tausenderzahl“ an Fahrrädern. Das ist zwar weniger als die lokale Hamburger Konkurrenz von Bergamont oder Stevens, aber Stephan Dirks sagt: „Die Wertschöpfung findet fast ausschließlich hier vor Ort statt. Es beginnt bei der Beschichtung und dem Dekor und endet bei der Endmontage – das macht in diesem Umfang sonst keiner.“

Die Räder der Brüder haben noch eine weitere Besonderheit: Sie sind auf den Weltmeeren unterwegs. Phoenix Reisen ist die Kreuzfahrtreederei der aus dem ZDF-„Traumschiff“ bekannten MS „Amadea“ und MS „Deutschland“. Die Passagiere werden künftig bei Landgängen auf weitere Velos made in Harburg zurückgreifen können. 48 Stück umfasst der derzeitige Auftrag. Aber auch die „Mein Schiff“-Flotte von TUI Cruises oder deren Schwestermarke Hapag-Lloyd Cruises mit dem Luxusliner MS „Europa 2“ gehören seit Jahren zu den Kunden.

Trenga De liefert Fahrräder an namhafte Firmenkunden

Die Räder müssten für den täglichen Bedarf extremen klimatischen Bedingungen trotzen wie tropischen Regengüssen, salzhaltiger Luft und Sand, heißt es. Insgesamt seien rund 5000 Räder an diverse Reedereien geliefert worden.

Die Liste der Firmenkunden umfasst weitere prominente Namen: Von A wie Aurubis über H wie Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und O wie Otto geht sie bis zu Z wie Zoll. Aber auch Budni, die Hamburger Sparkasse, Polizei und Feuerwehr werden aufgelistet. „Das Firmengeschäft ist ein wichtiges Standbein für uns“, sagt Jens Peter Dirks, „der Großteil des Umsatzes erfolgt aber durch die Endverbraucher.“

Als 15-Jähriger reparierte Stephan Dirks das Rennrad in seinem Kinderzimmer

Die Brüder sind Hersteller und Händler zugleich. Das ebenfalls am Großmoordamm sitzende Fahrradcenter – zudem gibt es noch eins in Buchholz – ist als Verkaufsgeschäft fast untrennbar mit der benachbarten Produktion verbunden. Etwa 60 Mitarbeiter werden gezählt, die durchaus in beiden Firmen tätig sind. „Wir erzielen dadurch Synergieeffekte. Schließlich ist das Fahrrad Saisongeschäft. Im Sommer findet mehr Handel statt, im Winter mehr Produktion“, sagt Stephan Dirks, der sein Hobby zum Beruf machte.

Im Alter von 15 Jahren reparierte er in seinem Kinderzimmer auf dem Teppich sein Rennrad. „Meine Eltern haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“, erinnert er sich. Im Keller baute er aus Sperrmüllteilen „neue“ Fahrräder auf. Als Schüler begann er als Werkstattaushilfe im Fahrradcenter Harburg – damals noch an anderer Adresse – zu jobben. Zwischen Abitur und Geografie-Studium ging es Ende der 1980er-Jahre auf Weltreise. 50.000 Kilometer spulte er ab – natürlich per Rad. Alaska, Kanada, USA, Südamerika, Australien, Neuseeland, Südostasien – bis auf Afrika habe er jeden Kontinent gesehen.

Auch Bruder Jens Peter war durch eine dreiwöchige Pedaltour nach Spanien mit dem „Radvirus“ infiziert und jobbte im Fahrradcenter. „Das Fahrrad war unser Leben. Als sich die Chance bot, griffen wir sie am Schopfe“, sagt Stephan Dirks. Die damaligen Besitzer wollten nicht mehr weitermachen, die Dirks übernahmen das Handelsgeschäft.

Trenga De: „Begeisterung für made in Hamburg war schon immer da“

1994 gründeten sie den Fahrradhersteller Trenga De – eine Wortschöpfung. De sollte für Deutschland stehen, Trenga habe keinen besonderen Hintergrund. Erst importierten sie Mountainbikes aus Fernost und verkauften sie unter der Marke. Mit der Qualität waren sie aber unzufrieden. „Wir wollten Ware haben, die besser ist als die Konkurrenz“, sagt Jens Peter Dirks.

Nachdem sie Ende 2000 in ihr neues Gebäude am Großmoordamm im Stadtteil Neuland umzogen, fertigten sie ihre erste Kleinserie. Mit 30 Rennrädern für gut 2000 D-Mark ging es los. Schnell waren sie vergriffen. „Die Begeisterung für made in Hamburg war schon immer da. Heute ist das bei den Kunden sogar noch ausgeprägter“, sagt Stephan Dirks. Mountainbikes und Trekkingräder folgten. Für 20 Modelle hatte man anfangs die Pläne in den Schubladen. Heute gibt es rund 100 Modelle, die auf 20 Rahmenplattformen beruhen.

E-Bikes machen bereits Großteil des Umsatzes aus

Seit 2016 gehören auch E-Bikes dazu – die Wachstumstreiber der Branche. Beim Absatz von Trenga De machen sie rund die Hälfte aus, beim Umsatz – den das Unternehmen nicht beziffert – deutlich mehr. Grund: Die mit elektrischem Motor angetriebenen Zweiräder sind deutlich teurer. Mindestens 3500 Euro müssen Kunden bei den Harburgern hinblättern. Für normale Räder werden inklusive Schutzblechen und Licht mindestens 1000 Euro fällig.

Zum Vergleich: Im Jahr 2021 lag der durchschnittliche Verkaufspreis pro Fahrrad und E-Bike zusammen in Deutschland bei 1395 Euro. Trenga De stuft sich als Hersteller der oberen Mittelklasse aufwärts ein. Das kostet mehr, auch weil viele Komponenten von deutschen Zulieferern stammten und die Konkurrenz größere Arbeitspakete in Asien erledigen lasse.

Trenga De investierte viel Geld in spezielle Maschine

Offenbar wissen die Kunden die Qualität zu schätzen. Aus bis zu 100 Kilometer Entfernung kämen sie zum Kaufen, sagt Jens Peter Dirks: „Wir sind ein klassischer Familienbetrieb, der hier in der Region verankert ist.“ Zwar sei man einst bei 200 Händlern deutschlandweit vertreten gewesen, aber das sei wegen kostspieliger Messeauftritte, des Erstellens von Verkaufsmaterialien und der jährlichen Präsentation von neuen Modellen zu aufwendig gewesen. Zudem hätte man viel Geld in die Hand nehmen müssen, um die Fertigung angesichts dann benötigter höherer Stückzahlen in die Höhe zu schrauben – das habe man aber nicht gehabt.

„Finanziell hat es immer Aufs und Abs gegeben, auch mal nicht so gute Jahre. Aber unterm Strich sind wir solide aufgestellt“, sagt Jens Peter Dirks, der einst Betriebswirtschaftslehre studierte. Es wird kräftig investiert, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Schließlich kommen die Brüder zusammen auf sechs Kinder, die schon Interesse am Einstieg in die Firma signalisiert hätten. „Wir sind dabei, die nächste Stufe zu zünden für die Generation nach uns“, sagt Stephan Dirks.

In jedem Rahmen von Trenga De steckt viel Handarbeit

Vor drei Jahren wurde ein zweiter Gebäudeteil umgebaut und bezogen. Momentan wird an einer neuen Webseite gewerkelt. Und vor eineinhalb Jahren wurden einige Hunderttausend Euro in eine neue Maschine gesteckt. Sie speicht automatisch Laufräder auf, kann pro Minute ein fertiges Laufrad ausspucken. Vorher erfolgte dies außer Haus, aber mit der Logistik und der Qualität waren die Brüder nicht zufrieden. Nun erhält sie sehr scharfe Präzisionsvorgaben. „Kein Dienstleister nimmt das so genau wie wir hier“, sagt Stephan Dirks.

Sauber gearbeitet wird ein Stockwerk höher. Ein Mitarbeiter schleift den Rahmen an, beseitigt Rückstände vom Schweißen und Transport. Sonst sieht der Lack nachher nicht schön aus. Die Partikel werden sofort abgesaugt. Rund 20 Minuten dauert das. Es folgt der nächste Schritt: die Beschichtung. Polyesterpulver wird aufgebracht.

Im Anschluss wird es für etwa 20 Minuten bei 190 Grad Celsius gebrannt. Der Dekor-Schriftzug – wie „Phoenix Reisen GmbH Bonn“ – wird aufgebracht, darüber eine Klarpulverschicht. Erneut geht es für 20 Minuten in den Ofen. „Das ist die schlagfesteste Beschichtung, die man bekommen kann“, sagt Stephan Dirks. „Jeder Rahmen ist Handarbeit.“

Die Rahmen werden ein Stockwerk runter ins Erdgeschoss zur Montagelinie gebracht, die ebenfalls modernisiert wurde. Im Idealfall wären die 22 Räder am Abend zusammengebaut, sagt Stephan Dirks mittags um 12 Uhr. Fertig sind die Monteure aber noch nicht. Die Feineinstellung von Schaltungen und Bremsen sei sehr zeitaufwendig. Kein Rad gehe ohne Probefahrt hinaus – dafür wird die Fahrradstraße im benachbarten Geschäft genutzt.

Zum Abschluss erfolgt noch die Dokumentation. Daten wie Serien- und Motornummer werden ebenso notiert wie Rahmenfarbe, Name des Monteurs und das Herstellungsdatum, sagt Stephan Dirks: „Wir haben 100 Prozent Kontrolle darüber, wer hat was wann gemacht.“