Hamburg. Noch ist auch in Hamburg die Grundversorgung oft die günstigste Alternative. Doch das ändert sich bald. Wie man jetzt sparen kann.

Bisher war die sogenannte Grundversorgung beim Strompreis oft die günstigste Alternative für Verbraucher – auch in Hamburg. Noch kann man bei Vattenfall die Kilowattstunde (kWh) Strom in der Grundversorgung auch für eher preiswerte 33 Cent beziehen. Aber nicht mehr lange, dann wird es teuer. Und der Blick auf Alternativen lohnt sich wieder.

Denn erste Anbieter reagieren auf die fallenden Preise an der Börse, senken auch ihre Tarife und sind damit zum Teil billiger als der Grundversorger. Aus aktuellem Anlass liefert das Abendblatt einen neuen Überblick zu den Stromtarifen und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Strompreis: Welche Entwicklung gibt es?

An der Börse, also im Großhandel, wird Strom wieder deutlich günstiger. Der Preis für eine Megawattstunde Strom zur Lieferung im kommenden Jahr lag an der Strombörse zuletzt bei rund 180 Euro, berichtet das Vergleichsportal Verivox. Das ist deutlich günstiger als noch im September, wo mehr als 500 Euro pro Megawattstunde verlangt wurden. Das Preisniveau bleibt dennoch hoch.

Zum Vergleich: Vor Beginn der Energiekrise bewegten sich die Preise im langjährigen Mittel zwischen 35 und 55 Euro je Megawattstunde. „An den Energiemärkten herrscht derzeit eine verhalten optimistische Stimmung“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. Ein Grund ist der milde Winter. In dieser Situation können die Stromversorger kurzfristig sehr günstig Elektrizität einkaufen. Außerdem war es seit dem Jahreswechsel sehr windig. Dadurch haben die Windräder sehr viel Energie produziert. In Gaskraftwerken musste deutlich weniger Gas verbrannt werden, um daraus Strom zu erzeugen. Strom aus Gaskraftwerken verursacht die höchsten Kosten.

Was heißt das für die Grundversorgung?

Viele Kunden bekommen in diesen Tagen die Ankündigung, dass ihr Stromtarif steigen wird. Für das laufende Jahr registriert des Vergleichsportal Check24 insgesamt 680 Fälle von Preiserhöhungen in der Stromgrundversorgung – im Schnitt um knapp 40 Prozent. So steigt der Grundversorgungstarif von Vattenfall zum 1. Februar um 26 Prozent auf 41,96 Cent je kWh. „Zum 1. Januar 2023 sind die Entgelte für die Netznutzung des städtischen Unternehmens Stromnetz Hamburg GmbH um 14,7 Prozent sowie die Preise für die Beschaffung von Strom infolge der Energiekrise erneut deutlich gestiegen“, sagt eine Sprecherin von Vattenfall. Außerdem habe es Kostensteigerungen bei den Umlagen gegeben, die man nicht beeinflussen könne.

Der monatliche Grundpreis steigt um 21 Prozent auf 11,65 Euro. Eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 5000 kWh zahlt so trotz Strompreisbremse knapp 400 Euro mehr im Jahr. Auch E.on verdoppelt den Strompreis in mehreren Tarifen außerhalb der Grundversorgung auf rund 50 Cent je kWh. Steigende Tarife bei sinkenden Einkaufspreisen begründet E.on-Chef Leonhard Birnbaum gegenüber dem „Handelsblatt“ damit, dass die hohen Börsenpreise vom Sommer nicht komplett an die Kunden weitergereicht wurden, sondern ungefähr nur zu 30 Prozent.

Endverbraucher müssen sich gedulden, bis sich die gesunkenen Preise auf den Abrechnungen bemerkbar machen. Die hohen Preise, die viele Haushalte aktuell bezahlen, spiegeln die Einkaufspreise aus der Vergangenheit wider. Ramona Pop, die Vorsitzende des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, sieht die Gefahr, dass sich Versorger zu hohen Preisen mit Strom eingedeckt haben, weil sie noch höhere Preise befürchteten. Diese Preise müsse man nun auch entsprechend weitergeben.

Strompreise sinken: Wie können Verbraucher reagieren?

Der veränderte Markt eröffnet ihnen wieder mehr Optionen. „Im vergangenen Jahr stand der Energiemarkt Kopf, die normalerweise teure örtliche Grundversorgung war fast durchgehend günstiger als die Neukundentarife überregionaler Versorger. Nun kehrt sich das Verhältnis wieder um“, sagt Energieexperte Storck. Es gibt also wieder Wechselmöglichkeiten. „Alternativversorger sind wieder wesentlich günstiger als die örtliche Grundversorgung – im Schnitt um 118 Euro im Jahr. Und das zusätzlich zur Entlastung durch die Strompreisbremse“, sagt Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check24.

Die Strompreisbremse deckelt den Preis für 80 Prozent des Verbrauchs bei 40 Cent je kWh. „Verbraucher haben bei einer Preisänderung das Recht der Sonderkündigung“, sagt Carina Habeck von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Das gelte sowohl für die Grundversorgung wie auch für Sonderverträge. Ein Sondervertrag besteht, wenn ein Verbraucher diesen Tarif aktiv ausgesucht hat, oftmals mit einer festgelegten Laufzeit. „Wird beispielsweise eine Preisänderung zum 1. März 2023 angekündigt, ist die Sonderkündigung des Vertrages bis zum Wirksamwerden des neuen Preises möglich“, so die Verbraucherschützerin.

Welche Einsparungen sind in Hamburg und dem Umland möglich?

Bei einem Jahresverbrauch von 5000 kWh liegen die höchsten Einsparungen bei dem günstigsten Tarif von Team Energie bei 230 Euro im Jahr im Vergleich zur Grundversorgung von Vattenfall (siehe Tabelle). Die Kilowattstunde kostet rund 36 Cent. Die Anbieter Stromee und Elek­trizität Berlin bieten Einsparungen von 124 Euro im Jahr. Im Umland fallen die Einsparungen im Schnitt höher aus. Bei den Stadtwerken Pinneberg kostet die kWh Strom in der Grundversorgung 58 Cent.

Die jährlichen Einsparungen bei den Anbietern Stromee, Maingau und Elektrizität Berlin liegen zwischen 250 und 230 Euro, ebenfalls bei einem Jahresverbrauch von 5000 kWh. In Henstedt-Ulzburg verlangt Grundversorger E.on 54,60 Cent je kWh. Mit den günstigsten Alternativanbietern Maingau und Stromee sind laut Check24 jährliche Einsparungen von bis zu 242 Euro möglich – zusätzlich zur Strompreisbremse.

Lohnt ein Anbieterwechsel?

„Ob sich ein Wechsel lohnt, ist eine individuelle Entscheidung und hängt von einzelnen Bedürfnissen ab“, sagt Verbraucherschützerin Habeck. Es sei momentan nicht absehbar, wie sich die Preise für Strom sowohl in der Grundversorgung als auch bei den sogenannten Sonderverträgen verändern werden. Denn die Kostenersparnis ist eine Momentaufnahme.

Wer noch ein, zwei Monate in der teureren Grundversorgung verharrt, kann dann eventuell einen noch günstigeren Vertrag mit einer Preisgarantie von zwölf Monaten abschließen als jetzt. Denn aus der Grundversorgung kommt man schnell mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen heraus. Allerdings können dort die Preise auch noch weiter steigen. Bei den günstigeren Anbietern ist man zwölf Monate gebunden.

Aber dass die Entwicklung so verläuft, ist nicht sicher. Auch die Tarife der Sonderverträge können wieder steigen. Schon eine weitere Dunkelflaute reicht aus: kaum Sonne, wenig Wind. Dann laufen die Gaskraftwerke wieder auf Hochtouren und verteuern den Strompreis an der Börse.

Wie sicher ist die Preisgarantie?

Die Anbieter übernehmen keine Preisgarantie, wenn sich die Mehrwertsteuer ändert oder die Stromsteuer erhöht wird. Gestiegene Beschaffungskosten auf dem Großhandelsmarkt sind aber kein Grund für eine Preiserhöhung in Verträgen mit einer solchen Preisgarantie, „Wenn man sich für einen Sondervertrag entscheidet, sollte man schon auf eine Preisgarantie achten“, rät Habeck.

Wie reagiere ich, wenn eine Tariferhöhung kommt?

Zunächst sollte man die Fristen prüfen. In der Grundversorgung muss eine Preisänderung mit einem Vorlauf von sechs Wochen angekündigt werden. Bei den übrigen Verträgen sind es meist vier Wochen. In einem Sondervertrag beträgt die Frist einen Monat. Außerdem müssen die Anbieter bestimmte Formalien beachten.

Der Verbraucher muss auf sein Sonderkündigungsrecht hingewiesen werden. Sonst ist die Preiserhöhung unwirksam. Preiserhöhungen müssen deutlich sichtbar auf der ersten Seite des Anschreibens stehen und dürfen nicht auf Folgeseiten versteckt werden. Die Preiserhöhung darf nicht auf der Jahresrechnung mitgeteilt werden. In Zweifel kann die Verbraucherzentrale das Schreiben prüfen. Bei Mängeln sollte man Widerspruch einlegen.

Strompreis: Was ist mit den Boni?

Im Dezember kamen wieder viele Tarife mit hohen Boni auf den Markt, bevor die Regierung den Anbietern einen Strich durch die Rechnung machte. Auch Vattenfall und Lichtblick mischten mit. „Bei den Top-5-Anbietern lag die durchschnittliche Bonushöhe bei 334 Euro im Jahr – bei einem Verbrauch von 4000 kWh“, sagt ein Sprecher von Verivox. Doch das hatte auch Auswirkungen auf den Strompreis, der meist die Marke von 50 Cent überschritt.

Das Kalkül der Anbieter war klar: Der Verbraucher kassiert hohe Boni und der Strompreis ist für 80 Prozent des Verbrauchs bei 40 Cent gedeckelt. Doch mit der Strompreisbremse erließ die Regierung eine Regelung, nach der Zugaben oder Vergünstigungen ab 1. Januar 2023 den Wert von 50 Euro im Jahr nicht übersteigen dürfen. Schon Ende Dezember haben die Anbieter die Tarife wieder vom Markt genommen.