Hamburg. Achterbahnfahrt endet mit höchstem Preis für Benzin und Diesel. Was Experten über 2022 sagen und was sie Autofahrern jetzt raten.

Geahnt und im Portemonnaie schmerzlich gefühlt haben es Autofahrerinnen und Autofahrer schon lange, jetzt gibt es die offizielle Bestätigung: 2022 war das teuerste Tankjahr aller Zeiten. Nach Berechnungen des ADAC kostete ein Liter Superbenzin E10 im Jahresdurchschnitt 1,86 Euro, für Diesel mussten knapp 1,95 Euro pro Liter gezahlt werden. Das waren etwa 27 und 47 Cent mehr als im bisher teuersten Tankjahr 2012. Wie haben sich die Spritpreise in diesem Jahr entwickelt? Was waren die Gründe dafür? Warum ist Diesel jetzt so viel teurer als Superbenzin? Wie werden sich die Preise an den Tankstellen in diesem Jahr voraussichtlich entwickeln? Das Abendblatt hat sich auf die Suche nach Antworten auf die wichtigsten Fragen gemacht.

Benzinpreise: Wie haben sie sich über das Jahr entwickelt?

Laut den Berechnungen des ADAC war Super E10 im bundesweiten Monatsdurchschnitt in Dezember mit 1,69 Euro nur zwei Cent teurer als im Januar (1,67 Euro). Bei Diesel sieht das anders aus. Zu Jahresbeginn kostete er im Monatsschnitt 1,59, im Dezember 1,81 Euro. Vergleichswerte für Hamburg werden nicht erhoben. Doch in den Preisübersichten für einzelne Städte und Bundesländer ist die Hansestadt meist ein eher günstiger Standort.

Im Jahresverlauf gab es eine Art Achterbahnfahrt auf den Preisschildern der Tankstellen, die kurz nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine ihren Höhepunkt erreichte. Im März erreichten die Preise mit mehr als 2,20 und 2,30 Euro ihren absoluten Höhepunkt. Als viele Hamburger in die Skiferien fuhren, kostete selbst bei Kleinwagen eine Tankfüllung um die 100 Euro. Die Spritpreisbremse im Sommer brachte zwar eine Entlastung – doch die war geringer als erhofft. Seit Oktober und bis kurz vor dem Jahreswechsel wurde Tanken kontinuierlich günstiger.

Was sind die Gründe dafür?

Der ADAC sieht eine Vielzahl von Faktoren: „Unsicherheiten bezüglich des Ukraine-Kriegs, Lieferengpässe und -schwierigkeiten, eine steigende Nachfrage der Industrie nach Diesel sowie eine Entkoppelung der Preise an den Tankstellen von den Rohölnotierungen“ hätten zum Preisauftrieb für die Autofahrer beigetragen, heißt es. Jürgen Albrecht, der Kraftstoffmarktexperte des ADAC, verweist zudem darauf, dass sich die Gewinne der Raffinerien „vervielfacht“ hätten. Nach Zahlen des Kartellamts kamen die durchschnittlichen Nettomargen der Hersteller 2021 nie über drei Cent pro Liter Benzin oder Diesel hinaus.

Im Mai 2022 waren es bei Benzin dagegen gut 15 Cent, bei Diesel um die 13. Einzelne Raffinerien hätten sogar mehr als 25 Cent Gewinnspanne pro Liter. Zumindest die Entwicklung des Benzinpreises hänge inzwischen wieder stärker vom Rohölpreis ab, sagt Albrecht. Der Rohstoff für den Kraftstoff war zuletzt auf etwa 80 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der für Europa wichtigen Sorte Brent gefallen.

Warum ist Diesel viel teurer als Benzin?

Obwohl die Steuer auf Diesel gut 20 Cent niedriger ist als auf Benzin, ist der Kraftstoff deutlich teurer. Gründe dafür seien die hohe Nachfrage privater Haushalte nach Heizöl im Winter, sagt Albrecht, zudem nutze die Industrie verstärkt Öl statt Gas. Zugleich seien die Raffineriemargen weiterhin sehr hoch.

Benzinpreise: Wie werden sie sich 2023 entwickeln?

Weder Albrecht noch Kai Eckert, der Chefredakteur des Hamburger Energie Informationsdienstes, wagen eine Vorhersage. „Es gibt zu viele Einflussfaktoren und nicht vorhersehbare Entwicklungen“, sagt Eckert. Die Experten sind überzeugt, dass die Entwicklungen der Corona-Lage in China und des Kriegs in der Ukraine großen Einfluss auf die Nachfrage und damit auf die Spritpreise haben werden. „Die Auswirkungen des russischen Ölembargos werden wir aber erst in einigen Wochen sehen“, sagt Eckert. Albrecht sieht immerhin die Chance auf sinkende Dieselpreise, sobald im Frühjahr private Haushalte weniger Heizöl ordern. Einstweilen lautet sein Rat an Autofahrer: „Preisbewusst tanken und auf die eine oder andere Fahrt verzichten.“