Hamburg. Frei nehmen oder gemeinsam gucken? Das Abendblatt hat gefragt, wie Hamburger Unternehmen mit der umstrittenen WM in Katar umgehen.
Die Spiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei den turnusgemäß alle zwei Jahre stattfindenden internationalen Turnieren haben so etwas wie einen Lagerfeuer-Effekt. Die Menschen sammeln sich vor den Fernsehern und fiebern mit den Kickern um Kapitän Manuel Neuer mit. Im Sommer 2021 schauten bei der coronabedingt um ein Jahr verschobenen Europameisterschaft gut 27 Millionen Menschen das 0:2 im Achtelfinale gegen Erzrivalen England.
Am Mittwoch wird bei der umstrittenen Weltmeisterschaft in Katar nun erstmals das Team von Bundestrainer Hansi Flick auflaufen. Der Anstoß gegen Japan erfolgt allerdings schon um 14 Uhr – also zu einem Zeitpunkt, an dem viele Menschen mitten in ihrem Arbeitstag stecken. Das Abendblatt fragte daher bei großen Hamburger Unternehmen nach, ob sie ihren Beschäftigten das Schauen des Auftaktspiels erlauben oder sogar größere Gemeinschaftsaktionen wie ein Public Viewing planen.
WM 2022: Airbus gibt nicht allgemein frei
Die Begeisterung für Fußball wie auch für andere Sportarten sei Privatsache der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, heißt es bei Airbus. Wer also ein bestimmtes WM-Spiel schauen möchte, muss sich dafür freinehmen oder gegebenenfalls eine Schicht tauschen, für die man unpassenderweise eingeteilt ist. In den einzelnen Fachbereichen werde dies soweit möglich über flexible Arbeitszeiten und Schichtmodelle geregelt, sagte ein Sprecher.
Wie in der Vergangenheit auch bei Welt- oder Europameisterschaften werde das dezentral in den Teams organisiert. Generelles WM-frei für die deutschen Spiele gibt es also nicht – und wäre aufgrund des internationalen Personalmixes wohl auch unangebracht. Schließlich sind mehr als 50 Nationalitäten bei dem mitten im Jahresendspurt steckenden Flugzeugbauer auf Finkenwerder beschäftigt. Sie müssten zu anderen Zeiten als die Deutschen arbeitsfrei haben, um ihre Heimatelf anzufeuern.
Aurubis plant keine besonderen WM-Aktivitäten
Auch die Kupferhütte Aurubis verweist auf ihre Internationalität mit verschiedenen Standorten in Europa und den USA. Weil das Fußball-Interesse in den Ländern sehr unterschiedlich sei, sei eine gleichberechtigte Lösung für alle schwierig zu finden. Zudem werde rund um die Uhr produziert, weil die Herstellungsprozesse nicht unterbrochen werden dürften. Das bedeute für den Hamburger Standort auf der Veddel, „dass ein Public Viewing nicht einfach umsetzbar ist“, sagte eine Sprecherin.
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Zudem gebe es in der Verwaltung eine sehr arbeitnehmerfreundliche Homeoffice-Regelung, die nur zwei Tage Anwesenheit im Betrieb vorsehe. Eine Veranstaltung wie gemeinsames Fußballschauen würde daher wohl nur eingeschränktes Interesse hervorlocken. Wer aus der Verwaltung das deutsche Spiel sehen möchte, könne in Absprache mit den Vorgesetzten aber von der Gleitzeitregelung Gebrauch machen. Besondere Aktivitäten zur WM seien nicht geplant.
Haspa und Hapag-Lloyd verweisen auf flexible Arbeitszeiten
Zentral sind auch bei der Hamburger Sparkasse keine Aktionen rund um die Fußball-WM geplant. Im Rahmen der flexiblen Arbeitszeiten sei es grundsätzlich aber möglich, das Spiel zu schauen – solange es abgesprochen werde und keine betrieblichen Belange dagegenstünden.
Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd verweist ebenfalls auf ihre flexiblen Arbeitszeiten. Zu 40 Prozent könne pro Woche von zu Hause aus der Job erledigt werden, die Tage dafür könne man sich aussuchen, sagte ein Sprecher: „Wer zu Hause das Spiel sehen will, der kann das natürlich gerne tun – und die Zeit dann entsprechend nacharbeiten.“ Pläne für ein Public Viewing oder sonstige Aktivitäten rund um das Turnier gebe es nicht.
HHLA: "Fußball ist Privatangelegenheit"
Bei der in der gleichen Branche Schifffahrt tätigen Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) wird es ebenfalls keine Aktionen geben. Kurz und knapp heißt es bei dem Hafenumschlagsbetrieb: „Fußball ist eine private Angelegenheit.“
Die Mitarbeiter von Jungheinrich können sich dank ihrer flexiblen Arbeitszeiten das Spiel Deutschland gegen Japan um 14 Uhr grundsätzlich anschauen. Im Rahmen ihres Arbeitszeitkontingents und wenn es im Terminkalender passe, sei dies möglich, sagte ein Sprecher. Der Gabelstaplerbauer selbst plant keine Aktionen um das Turnier. Es gibt auch keine spezielle WM-Regelung zum Schauen der Spiele in der Arbeitszeit – Anfragen dazu von Mitarbeitern seien auch nicht bekannt.
WM 2022: Otto hat Corona-Bedenken, Flughafen hat nichts geplant
Nach einem Angebot zum Public Viewing sei bei Otto von den Mitarbeitern bisher nicht gefragt worden, heißt es beim Handelshaus. Wegen der seit dem 1. Oktober geltenden neuen Arbeitsschutzverordnung im Zuge der Corona-Bekämpfung sei dies auch schwierig umzusetzen, so ein Sprecher.
An allen Orten im Unternehmen, an denen ein Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden könne, müsse eine medizinische Maske getragen werden. Das gelte sowohl für Innen- als auch Außenbereiche und biete daher keine optimalen Rahmenbedingungen für Public Viewing. Zumal es draußen von den Temperaturen ungemütlich werde. Entsprechend sei das Fußballgucken für die Otto-Beschäftigten ausschließlich privates Freizeitvergnügen, sagte der Sprecher: „Dank unserer flexiblen Arbeitszeiten sollte es aber allen Fußballfans gut möglich sein, viele Spiele zu verfolgen.“
Wer mit dem Flugzeug reisen muss, wird in Fuhlsbüttel übrigens keine großen Bildschirme mit Fußball finden. Es sei weder geplant, in Abteilungen von Hamburg Airport das Spiel gemeinsam zu schauen, so eine Sprecherin, noch das Spiel in den Terminals für die Passagiere zu zeigen.