Berlin/Hamburg. Im Streit um den Einstieg der Chinesen beim HHLA-Terminal Tollerort zeichnet sich ein Kompromiss ab. China-Institut warnt vor Risiken.
Der chinesische Cosco-Konzern soll sich nun doch am HHLA-Terminal Tollerort im Hafen Hamburg beteiligen dürfen – aber nur mit einem kleineren Anteil. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ von Montagabend haben die sechs Ministerien, die den Deal bislang abgelehnt hatten, sich auf einen Kompromiss geeinigt.
Demnach werde die Bundesregierung eine sogenannte Teilversagung beschließen. Das bedeute, dass die chinesische Staatsreederei Cosco nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen könne, sondern nur 24,9 Prozent. Der Konzern könnte dann als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.
Hafen Hamburg: Kompromiss beim Cosco-Deal eine "Notlösung"
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Abend zeichnet sich dieser Kompromiss ab, die Ressortabstimmung laufe noch. In Regierungskreisen war von einer „Notlösung“ die Rede. Zuvor hatte auch das digitale Medienhaus Table.Media über einen solchen möglichen Kompromiss berichtet.
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Offen war laut „Süddeutscher Zeitung“, ob der Beschluss an diesem Mittwoch im Kabinett fällt oder im Umlaufverfahren. Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen ist politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gilt als Befürworter des Geschäfts, unter anderem Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) hatten sich dagegen positioniert.
Cosco-Deal in Hamburg: China-Institut warnt vor Risiken
Das China-Institut Merics hat im Streit um einen chinesischen Einstieg bei dem Containerterminal im Hamburger Hafen vor Risiken gewarnt. Analyst Jacob Gunter sagte in Berlin: „Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.“ Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt – sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben.
Im September 2021 hatten der Hamburger Hafenlogistiker HHLA und der chinesische Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort (CTT) in der Hansestadt vereinbart. Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Reederei, deren Containerschiffe bereits seit 40 Jahren von der HHLA am CTT abgefertigt werden. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen.
„Abhängigkeitsrisiko“ für den Hamburger Hafen?
Merics-Experte Gunter warnte vor langfristigen Sicherheitsrisiken. „Erstens gibt es das Risiko der Einflussnahme – je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco wird, desto mehr Einfluss können Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.“
Außerdem bestehe ein Abhängigkeitsrisiko – Cosco betrachte Hamburg als wertvolle Drehscheibe für die internationale Schifffahrt, für den Umschlag in Nordeuropa und als Drehscheibe für die Binnenschifffahrt entlang der Elbe durch Tochtergesellschaften. Da Cosco dank seines geschützten Heimatmarktes und der Unterstützung aus Peking einen aggressiven Preiswettbewerb führen könne, werde es für deutsche und europäische Unternehmen eine große Herausforderung sein, mit Cosco über den Preis um Marktanteile zu konkurrieren.
Gunter wies außerdem auf die Ungleichheit der gegenseitigen Marktzugangsbedingungen hin. Cosco habe einen wesentlich besseren Zugang zu Deutschland und der EU als europäische Reedereien zum chinesischen Markt.