Lübeck. Der kleine Airport hat sich auf Urlaubsziele spezialisiert – und bietet sogar Direktziele, die nicht im Hamburger Flugplan stehen.

Die Pandemie hat ihre Schrecken derzeit weitgehend verloren, die Deutschen leben ihre Lust auf Urlaub und Reisen – gerne auch mit dem Flugzeug zu ferneren Zielen – wieder aus. Die Passagierzahlen steigen rasant. Der Hamburg Airport meldete unlängst, im Mai seien erstmals seitdem das Coronavirus über die Welt kam, wieder mehr als eine Million Passagiere binnen eines Monats abgefertigt worden.

Der Trend zur Flugreise wird nicht allein in Fuhlsbüttel und auf den anderen großen deutschen Airports spürbar, sondern auch eine knappe Autostunde weiter nördlich. Der Flughafen Lübeck-Blankensee, von dem selbst viele Norddeutsche glauben, dort starteten nurmehr Privat- und Geschäftsflieger, ist seit wenigen Wochen zurück im Geschäft mit den Ferienflügen – und hat dem ungleich größeren Mitbewerber in der großen Hansestadt an der Elbe in einigen Punkten sogar einiges voraus.

Sommerferien: Flughafen Lübeck hat 15 Urlaubsziele im Flugplan

Derzeit stehen im Flugplan der Starts in Lübeck neben München und Stuttgart Direktflüge zu immerhin 15 Urlaubsdestinationen. Palma de Mallorca, Heraklion auf Kreta und das türkische Antalya zählen dazu, aber auch Bastia auf Korsika, Olbia auf Sardinien, Zadar in Kroatien sowie Keflavik, der Flughafen nahe der isländischen Hauptstadt Reykjavik. „Sardinien läuft richtig gut“, sagt Stefanie Eggers. Sie ist sowohl die Sprecherin des Flughafenbetreibers als auch der Fluggesellschaft Lübeck Air, die ein Tochterunternehmen der Flughafengesellschaft ist.

Die hohe Nachfrage nach Flügen auf die in diesem Jahr bei Reisenden sehr angesagte Insel hoch oben im Nordatlantik, sei für Lübeck Air durchaus überraschend gewesen, so Eggers. Ursprünglich sollte die Verbindung nach Island nur im August angeboten werden, letztlich startete sie am Montag vergangener Woche. Bis Ende August fliegt German Airways mit einem zweistrahligen Embraer-Jet einmal wöchentlich nach Keflavik.

Wohin man von Lübeck aus direkt fliegt – aber nicht von Hamburg

Obwohl in Hamburg Direktflüge zu gut 115 Zielen starten und von Lübeck aus bei Weitem nicht so viele Destinationen angeflogen werden, hat Blankensee vier direkte Zielflughäfen im Programm, die in Fuhlsbüttel fehlen: Das schweizerische Bern, das norwegische Bergen, die Kanalinsel Jersey und Mahon auf Menorca, der kleinen Schwesterinsel von Mallorca.

Ausschließlich im August soll mit Visby auf Gotland eine Ostsee-Destination noch hinzukommen. Will sich Blankensee ganz bewusst von Fuhlsbüttel abheben und mit exklusiven Zielen zum Konkurrenten werden? Unternehmenssprecherin Stefanie Eggers nennt es lieber einen „freundlichen Wettbewerb. Wir sind aber tatsächlich sehr bewusst auch dahin gegangen. wo Hamburg derzeit nicht ist.“ Insgesamt sei Lübeck Air mit der Buchungslage bei den neuen Ferienzielen „gar nicht unzufrieden. Wobei man sagen muss, dass bei den Flügen nach Ibiza, Menorca und
Zadar schon noch Platz ist.“

Flughafen Lübeck: Nur ein halbes Dutzend Starts pro Tag

Die Zwischenbilanz bei Sundair klingt ähnlich. Die Airline fliegt mit A319- und A320-Jets von Blankensee nach Palma de Mallorca, Heraklion und Antalya. „Im Mai war die Buchungslage für Antalya zunächst so, dass wir die Verbindung doch etwas später aufgenommen haben, als ursprünglich geplant“, sagt Holger Conrad, der bei Sundair (Sitz Stralsund) einer der Verantwortlichen für die Flugplangestaltung ist. Palma de Mallorca und Heraklion seien von Beginn an gut gebucht gewesen. Das gilt jetzt für alle drei Ziele. „Die Flüge sind derzeit so gut gebucht, dass es nach aktuellem Stand keinen Grund gibt, eine der Verbindungen aus dem Flugplan zu nehmen“, so Conrad.

Das alles passiert in vergleichsweise kleinem Maßstab. Zu den Urlaubszielen gibt es höchstens zwei direkte Hin- und Rückflugverbindungen pro Woche, mehr als ein halbes Dutzend Starts gibt es an keinem Wochentag und Lübeck-Blankensee ist seit dem Rückzug der Discounter-Airlines Ryanair und Wizz Air im Jahr 2016, dem Verkauf an einen Lübecker Unternehmer, Millionen-Investitionen in Terminal und Infrastruktur und dem jetzt erfolgten Neustart auch als Ferien-Airport kein Billigflieger-Standort mehr.

Wieder „Gepäckchaos“ am Airport – Passagiere erbost

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  • Ein Preisvergleich zeigt: Ein Flug von Lübeck nach Bastia am 9. Juli, dem ersten Sonnabend in den Hamburger Sommerferien, kostet ebenso viel wie mit Eurowings von Hamburg nach Korsika: um die 660 Euro. Anders beim Ziel Palma de Mallorca. Sundair bietet Hin- und Rückflug inklusive Gepäck derzeit für 390 Euro an, Ryanair berechnet ab Hamburg 437 Euro, die Buchung bei Eurowings ab Fuhlsbüttel kostet 614 Euro. Solange die neuen Verbindungen von Blankensee zu den Ferienzielen noch wenig bekannt sind, dürften preissensible Passagiere eine neue Alternative haben. Zumal ein Dauer-Autoparkplatz in Lübeck 400 Meter vom Terminal entfernt für zwei Wochen mit nur gut 100 Euro die Reisekasse belastet.

    Im Terminal geht es zumeist eher beschaulich zu, etwas voller werde es nur, bevor die Flieger nach Mallorca und Menorca kurz hintereinander abheben, versichert Unternehmenssprecherin Eggers. Auch wenn in Blankensee am Boden nicht immer alles optimal laufe, kommt der Airport offenbar besser mit einem größeren Passagieraufkommen klar, als große Flughäfen in diesen Tagen. Es habe allenfalls kleine Verspätungen gegeben, so Eggers. „Bei uns muss jedenfalls kein Passagier drei Stunden vor Abflug da sein.“

    Sonnenziele künftig auch im Winter?

    Der Neustart als Ferienflughafen scheint einigermaßen geglückt, nun planen Lübeck Air und Sundair den Winterflugplan. „Derzeit tauschen wir uns noch sehr stark mit den Reiseveranstaltern darüber aus, welche Sonnenziele sinnvoll und machbar sind“, sagt Holger Conrad, von Sundair. Er betont mit Blick auf Lübeck: „Sundair ist keine Airline, die nur im Sommer tätig ist.

    Wir haben großes Interesse, auch im Winter attraktive Ziele anbieten zu können.“ Stefanie Eggers spricht von einem neuen „schönen Wintersportort in Skandinavien“. Welcher auch immer das ist: Flugverkehrs-Nostalgiker erleben in Lübeck etwas selten gewordenes: Die Passagiere gehen zu Fuß 300 Meter vom Terminal zum Flieger auf dem Vorfeld. Für Schmuddelwetter stehen Regenschirme bereit.