Hamburg. Aufbruchstimmung in Hamburgs Innenstadtpark. Andere Betreiber kämpfen hingegen mit Nachwirkungen der Pandemie.
Erst hört man nur die Vögel zwitschern, dann anschwellendes Lachen, Rufen, Gejohle. Eine Schulklasse naht. „Schnell, schnell“, sagt Roland Schreck. Bälle und Schläger müssen bereitgestellt werden, während ein Jugendlicher ein Eis kaufen will. Die Sonne scheint, das Gewitter tobt irgendwo weit weg im Westen. Es ist Aufbruchstimmung an der Minigolfanlage in Hamburgs Innenstadtpark Planten un Blomen.
Seit 1996 führen Schreck und seine Frau die Anlage. Jeden Morgen um 8.30 Uhr kommen sie an, bereiten den Spieltag vor und öffnen um Punkt 10 Uhr den Minigolfplatz. „Karfreitag ging es los, und da fing es schon gut an“, sagt Schreck über den Saisonstart. 18 typische Minigolfkurse verteilen sich über die Anlage, dazwischen Bänke, Tischtennisplatten und viel Grün – mitten in der Stadt. Überall hört man das Klickern der Bälle, Jubelrufe bei gelungenen Schlägen und Stöhnen, wenn ein Ball mal wieder das Loch verpasst hat.
Park Hamburg: Minigolf spielen in Planten un Blomen
Wie anders ist der Saisonstart jetzt als noch im vergangenen Jahr und im Jahr davor. April, Mai da war nichts. „Wir hatten im Lockdown jeweils zwei Monate zu“, sagt Schreck. „Und im Saisongeschäft zählt jeder Monat.“ Auch als die Anlage wieder öffnete, lief sie nur mit angezogener Handbremse: „Wir mussten ja reichlich Abstand zusichern, deshalb wurde das Betreten der Anlage auf 50 Personen begrenzt.
Schläger und Bälle mussten nach jedem Durchgang desinfiziert werden. Dafür haben wir extra jemanden abgestellt“, sagt Schreck. Das drückt die ohnehin schon schmale Rendite des Betriebs. „Etwa ein Drittel unseres Jahresumsatzes haben wir 2021 eingebüßt und im Jahr davor genauso viel.“ Und privat? Schreck zuckt mit der Schulter und sagt: „Wir haben uns halt eingeschränkt.“ Urlaubsreisen und sonstige private Aktivitäten wurden gestrichen. Der Einkauf beschränkte sich auf Lebensmittel. Jetzt, so die Hoffnung, geht alles wieder los.
Minigolfanlage in Planten un Blomen feiert „Nachholeffekt“
Das Telefon klingelt. Schon wieder eine Reservierung einer Betriebssportgruppe. „Jetzt gibt es einen richtigen Nachholeffekt“, sagt Schreck und blättert durch das bis August gut gefüllte Reservierungsbuch. Alleine schon rund 20 Schulklassen haben sich angemeldet. Dazu einige kleinere Firmen und viele Familien. „Ich habe den Eindruck, dass die Leute die wiedergewonnene Freiheit unbedingt genießen wollen, weil sie Angst haben, dass die Einschränkungen bald zurückkommen“, sagt Schreck.
Viel Betrieb auch bei der Minigolf-Sparte des VfL Lohbrügge. Die im Grünen Zentrum Lohbrügges beheimatete Anlage an der Leuschnerstraße bereitet sich auf eine Reihe von Aktionstagen vor, mit der die Abteilung bekannter werden und neue Vereinsmitglieder werben will. Dabei spielen Behinderte mit Nichtbehinderten zusammen, unterstützt wird die Aktion vom Deutschen Minigolfverband, der die Aktion mit 1100 Euro bezuschusst. Kommenden Sonnabend geht es los. Bis Oktober ist für jeden Monat ein Aktionstag vorgesehen, um den Sport wieder in Schwung zu bringen. „Der VfL Lohbrügge hat die spielfreie Zeit im Lockdown genutzt, um seine Anlage für rund 17.600 Euro wieder auf Vordermann zu bringen“, sagt ein Vereinsfunktionär.
Andere Minigolf-Betriebe haben noch zu kämpfen
Anders ist die Lage bei Frank Marx, Leiter der Minigolf-Klause in Neu Wulmstorf. Seine Anlage ist schön gelegen, auf einem 5700 Quadratmeter großen Gelände, das durch einen kleinen Bach geteilt ist. Auch bei Marx kommen wieder mehr Spieler auf die Bahn, allerdings hat er noch mit den Folgen des Corona-Lockdowns zu kämpfen. „Häufig gehören die Minigolfanlagen Vereinen, die ausbleibende Einkünfte besser kompensieren können. Mir gehört diese Anlage hier. Zusammen mit der kleinen Klause besorgt sie für mich und meine Lebensgefährtin den Lebensunterhalt“, sagt der 66-jährige.
Und er hadert mit der Situation. „Ich hatte Corona-Hilfen beantragt, von denen ich jetzt einen Teil wieder zurückzahlen soll.“ Bis Oktober wollen die Behörden 5800 Euro von ihm haben. „Bei den geringen Erträgen, die der Betrieb abwirft, ist das nicht zu schaffen“, sagt er. „Ich werde wohl eine Ratenzahlung vereinbaren müssen.“ Marx hadert mit den Behörden. „Die Bedingungen, unter denen wir Geld zurückzahlen müssen, sind nicht von Anfang an klar kommuniziert worden. Das ist eine Frechheit, wie man mit uns umgeht.“
Minigolfweltmeisterschaften in Planten un Blomen
Die 18 Betonbahnen mit den Hindernissen hat Marx von seinem Vater geerbt. Sie stehen für glorreiche Zeiten: Hier werden und wurden regelmäßig Spiele der Hamburger Minigolfmeisterschaften ausgetragen. Zuletzt vor zwei Wochen. „Es waren aber nur 17 Spieler da“, sagt Marx. 2020 fanden die Meisterschaftsspiele gar nicht statt, 2021 nur eingeschränkt. Jetzt hat der Landesverband sogar wieder vier Hamburger Spieler in der Bundesliga.
Vorsitzender des Bahnengolfverbands Hamburg ist Holger Benn. Er ist erst 2015 zu dem Sport gekommen. „Zufällig durch einen Artikel im Abendblatt.“ Der Sport hat sein Leben verändert: „An der Bahn mit dem Schrägkreis habe ich meine heutige Frau kennengelernt. Minigolf verbindet.“ Etwa ein Dutzend Anlagen gebe es in Hamburg sagt er. Dazu fünf eingetragene Vereine. Insgesamt habe der Pandemie-bedingte Lockdown eine Entwicklung verschärft, die es seit Jahrzehnten gibt. „Wir haben die Sorge, dass den Vereinen die Mitglieder wegsterben.“ Noch vor einigen Jahrzehnten war Minigolf ein Breitensport mit Hunderten von Spielern in der Hansestadt. Dann kamen andere Sportarten wie Climbing, Rollerblades oder Darts auf, die heute in Mode sind.
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Minigolf spielen: Mehr Jüngere im Verein
Dennoch ist Benn im Moment nicht unzufrieden. Denn auch er sieht eine Aufbruchstimmung für den Freizeitsport: „Wir sehen es an der Mitgliederzahl in unseren Vereinen: Sie war während Corona auf 173 gesunken. Aktuell haben wir wieder 225.“ Hintergrund sei die Gutschein-Aktion des Hamburger Sportbunds zur Unterstützung der Vereine in der Corona-Zeit, die für jedes Neumitglied 80 Euro Zuschuss vorsieht. „Eine tolle Aktion, die auch Jüngere wieder zum Minigolfen gebracht hat“, sagt Benn.
Man schöpft also wieder Hoffnung auf den Eternit- und Betonbahnen in dieser Stadt. Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen.