Berlin. Die Ampel-Koalition will 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Doch das Ziel scheint in weite Ferne zu rücken. Verbände schlagen Alarm.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte das Wohnen bezahlbar machen – damit warb er im Wahlkampf und entsprechend ambitioniert sind die im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP festgehaltenen Ziele: 400.000 neue Wohnungen sollen pro Jahr entstehen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Doch nach gerade einmal einem halben Jahr wachsen bereits Zweifel, ob die Ampelkoalition dieses Ziel erfüllen wird.
Im vergangenen Jahr sank demnach die Zahl der neu gebauten Wohnungen sogar – und fiel unter die Marke von 300.000 Einheiten. 293.393 Wohnungen wurden fertiggestellt, im Jahr 2020 waren es noch rund 7000 Wohnungen mehr gewesen.
Wohnen: Lieferkettenengpässe belasten die Bauwirtschaft
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stockten viele Bauvorhaben, weil Arbeiter fehlen und sich Baumaterialien stark verteuerten. Dieser Trend allerdings dürfte sich in diesem Jahr noch verstärken.
Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges mangelt es auf dem Bau an vielen Materialien, die Preise sind weiter durch die Decke gegangen. Hinzu kommt Chaos bei Förderprogrammen. Im Januar lief ein Förderprogramm für den Neubau energiesparender Häuser aus, ein Nachfolgeprogramm war binnen Stunden aufgebraucht.
Wohnungswirtschaft warnt vor „dramatischem Einbruch“
Bei Bau- und Wohnungsverbänden löste der Rückgang um mehr als vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr Entsetzen aus. „Die im vergangenen Jahr deutlich gesunkene Zahl fertiggestellter Wohnungen ist Vorbote eines dramatischen Einbruchs beim Wohnungsbau in Deutschland“, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Auch beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) registriert man die Zahlen mit Sorge. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass es in diesem Jahr auch nicht mehr werden“, sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Die Baugewerkschaft IG BAU bekräftigte angesichts der Entwicklung ihre Forderung nach einer Reduzierung der Mehrwertsteuer für den sozialen Wohnungsbau.
Bauministerin Geywitz ist unzufrieden mit Entwicklung
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zeigte sich unzufrieden mit den neusten Zahlen. Sie kündigte an, Hürden beim Bauen aus dem Weg räumen zu wollen – etwa mit digitalisierten Genehmigungs- und Planungsprozessen, einer Harmonisierung der Bau-Länderverordnungen und besseren Bedingungen für das serielle Bauen.
Zugleich schränkte Geywitz aber auch ein, dass viele Unternehmen aufgrund der Preissteigerungen und Lieferengpässe derzeit abwarten würden: „Auf diese extrem schwierigen Bedingungen hat der deutsche Staat kaum Einfluss.“
Dieser Artikel erschien zuerst auf abendblatt.de.