Hamburg. Michael Eggenschwiler rechnet mit mehr Passagieren ab Ostern. Nach 94 Millionen Euro Verlust im Vorjahr droht auch 2022 ein Minus.

An einzelnen Stellen versprüht Michael Eggenschwiler Optimismus. Zwar sei der Winter erneut hart gewesen. Aber bald erwartet der Chef des Hamburger Flughafens nach zwei Jahren coronabedingter Branchenkrise eine Zunahme des Geschäfts.

„Wir sehen Licht am Ende des Tunnels, die Durststrecke scheint überwunden, und wir schauen zuversichtlicher in Richtung Ostern und Sommer“, sagt Eggenschwiler am Montag bei der Vorstellung der Bilanz für das Jahr 2021. „Die Leute wollen raus, sitzen auf gepackten Koffern. Ich denke, die Sehnsucht nach Urlaub ist da. Und es gibt einen Nachholbedarf.“

Flughafen Hamburg erwartet mehr Passagiere ab Ostern

Mit 200.000 Passagieren pro Woche rechnet Hamburg Airport in den Osterferien. Das entspricht immerhin 55 Prozent des Aufkommens im Vor-Corona-Jahr 2019. Dies sei ein klares Signal der Erholung, so Eggenschwiler. Für das Gesamtjahr prognostiziert er elf Millionen Passagiere, die den Helmut-Schmidt-Flughafen nutzen. Das wären mehr als in den Jahren 2020 und 2021 zusammen.

Damit könnten aber die nächsten Probleme auftauchen. Denn die Verdoppelung des Verkehrs müsse personell gestemmt werden. „Bereits jetzt beobachten wir für drei bis vier Stunden volle Terminals, die danach wieder über Stunden fast leer sind. Das ist eine große Herausforderung, insbesondere im Hinblick auf die Personalplanung“, so Eggenschwiler. In der Krise sagten einige Beschäftigte – frustriert von zwei Jahren Kurzarbeit und daraus resultierenden Einkommenseinbußen – der Luftfahrt Tschüs und suchten sich andere Jobs.

Im Sommer könnten Personalengpässe drohen

Es drohen Personalengpässe. „Es kann ein durchaus heißer Sommer werden, zumindest hier am Flughafen“, sagt Eggenschwiler. Passagiere sollten mindestens zwei Stunden vor Abflug am Airport sein, sich gut über die Covid-19-Maßnahmen informieren und digitale Möglichkeiten zum Beispiel beim Check-in nutzen.

Aktuell werde die Kurzarbeit zurückgefahren. Aber knapp 60 Prozent der Mitarbeiter seien noch zu 23 Prozent in Kurzarbeit. Heißt aber auch, dass sie immerhin wieder 77 Prozent der regulären Arbeitszeit leisten.

Abbau von 200 Stellen schreitet voran

Am Flughafen direkt sind 1869 Menschen beschäftigt, ein Minus von 11,5 Prozent. Der bis 2023 geplante Abbau von 200 Stellen schreite gut voran, zwei Drittel habe man in trockenen Tüchern, zum Beispiel durch das Abschließen von Altersteilzeit. Das letzte Drittel solle in diesem Jahr „definiert“ und bis Ende 2023 umgesetzt werden.

In den vergangenen Wochen störte der bundesweite Streik der Luftsicherheitskräfte – die nicht am Flughafen, sondern bei privaten Dienstleistern angestellt sind – die Abläufe. Er hoffe, dass sich die Gesprächspartner schnell einigen, sagt Eggenschwiler am Vormittag. Stunden später ist eine Einigung erzielt. Laut Gewerkschaft Ver.di gibt es einen Abschluss für 24 Monate, die Löhne sollen allein in diesem Jahr zwischen 4,4 und 7,8 Prozent steigen. Die zwei Streiktage in Fuhlsbüttel kosteten den Airport bis zu 25.000 Fluggäste – und damit auch rund eine halbe Million Euro Umsatz.

Das Umsatzziel wurde 2021 nicht erreicht

Im Vorjahr wurden die Erlöse zwar um 7,8 Prozent auf rund 129 Millionen Euro gesteigert. Allerdings lag die Planung 32 Millionen Euro höher. Die Luftfahrt erholte sich nicht so schnell wie erhofft. „Wir sind im letzten Jahr – und das muss man ehrlicherweise sagen – hinter den Erwartungen zurückgeblieben“, sagt Eggenschwiler.

Das verdeutlichen auch die Extremwerte. Am 2. Februar 2021 hätten die nur 1600 Passagiere des Tages theoretisch in zwei vollbestuhlte A380 gepasst. Es flogen damals nur fünf Prozent der Menschen, die es zwei Jahre zuvor waren. Und am 17. Oktober – dem besten Tag während der Pandemie – waren es zwar immerhin 42.000 Fluggäste. Im Vergleich zu 2019 fehlte aber noch ein Drittel. Die Lücke bei den Fluggästen ist also noch groß. Waren es 2019 insgesamt 17,3 Millionen, stiegen zwei Jahre später nur 5,3 Millionen ein oder aus.

Zuschüsse von Bund und Land gibt es 2021 nicht

In der Bilanz schlägt sich das zum zweiten Mal in Folge mit einem dicken Minus nieder. 94 Millionen Euro Verlust weist der Airport aus. Das liegt im Rahmen dessen, was in den vergangenen Monaten prognostiziert wurde. Man habe die Ausgaben auf ein Minimum gesenkt und die Effektivität gesteigert, so Eggenschwiler. Sonst wäre der Fehlbetrag noch höher gewesen.

2020 lag er zunächst sogar bei 113 Millionen Euro. Später konnte dieser durch einen Zuschuss von Bund und Ländern für das Offenhalten der Infrastruktureinrichtung auf 65 Millionen Euro reduziert werden. Das sei eine einmalige Aktion gewesen, so Eggenschwiler. Anzeichen für eine Wiederholung der Geldzahlungen sieht er nicht.

Gesellschafter müssen erneut Verlust ausgleichen

In den vergangenen 25 Jahren habe der Airport 893 Millionen Euro Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet. Das sind die Stadt Hamburg, die 51 Prozent der Anteile hält, und die AviAlliance GmbH, der 49 Prozent gehören und hinter der seit 2013 der kanadische Infrastrukturfonds PSP Investments steht. „Die Gesellschafter stehen weiter zum Flughafen“, sagt Eggenschwiler. „Sie haben natürlich die Verluste für das letzte Jahr auszugleichen. Das tut kein Gesellschafter mit Freude.“ Letztlich wird also der Steuerzahler für rund die Hälfte des Verlustes aufkommen müssen.

Das dürfte dieses Jahr nicht anders werden. Für 2022 wird ein Verlust von 41 Millionen Euro erwartet. Ziel sei es, möglichst schnell wieder schwarze Zahlen zu schreiben. 2023 ist eine schwarze Null geplant, 2024 soll es Gewinn geben.

1,5 Millionen Reisende in ersten drei Monaten

Das hängt aber maßgeblich von der Passagierentwicklung ab. Im ersten Quartal 2022 nutzen voraussichtlich 1,5 Millionen Reisende den Airport – ein Minus von 55 Prozent zu 2019. Doch die Buchungen für das Ostergeschäft wecken Hoffnungen. Die Frequenzen zu den beliebtesten Zielen in Spanien seien wieder auf Vorkrisenniveau. In die Türkei und nach Griechenland würden mehr Flug­tickets als 2019 angeboten.

Mit Bilbao (Spanien), Ordu (Türkei) und Mailand-Linate gebe es drei neue Ziele. Die neue italienische Fluggesellschaft ITA Airways nimmt ab sofort eine tägliche Verbindung in die Modemetropole neu auf. Mit Paphos (Zypern), Tel Aviv (Israel), Verona (Italien), Göteborg (Schweden) und Vilnius (Litauen) kommen fünf Städte nach längerer Pause zurück ins Streckennetz. Im Sommer sollen 50 Fluglinien 115 Ziele von Fuhlsbüttel direkt ansteuern.

Flughafen Hamburg: Gepäckanlage wird modernisiert

Das alte Rekordniveau von mehr als 17 Millionen Passagieren pro Jahr hakt Eggenschwiler nicht ab: „Ich glaube, wir werden darauf zurückkommen.“ Bis 2025 erwartet er aber nur 85 Prozent des 2019er-Niveaus. Um für mehr Passagiere gewappnet zu sein, wird in Terminal 1 nun die 17 Jahre alte Gepäckanlage nach und nach modernisiert. Sie transportiert Koffer und Taschen von abfliegenden Reisenden zu den startbereiten Jets.