Hamburg. Die Liste der betroffenen Frachter kommt in Kürze. Hamburger Hafen wächst um 1,9 Prozent, bleibt aber von Corona gebeutelt.

Der Krieg gegen die Ukraine ist allgegenwärtig. Das zeigte sich auch am Montag bei der jährlichen Pressekonferenz zur Vorstellung der Umschlagsergebnisse des Hamburger Hafens im vergangenen Jahr. Genau eine Minute nahm Hamburgs Wirtschaftsenator Michael Westhagemann (parteilos) an der Veranstaltung teil, dann musste er weiter.

„Eine Sonderkonferenz der deutschen Wirtschaftsminister“, sagte er zur Begründung. Dort würde über die Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen gegen Russland beraten. „Wir werden Beeinträchtigungen haben“, sagt er. Welche, wisse man noch nicht. „Wir müssen ehrlicherweise abwarten, welche Unternehmen betroffen sein werden.“ Dann war er wieder weg.

Krieg gegen Ukraine hat Auswirkungen für Hafen

Viel konkreter wurden die Prognosen auch im folgenden Verlauf der Veranstaltung zu diesem Thema nicht. „Der Krieg in der Ukraine wird sich auch auf die Umschlagsentwicklung des Hamburger Hafens auswirken. Aktuell lässt sich jedoch noch nicht sagen, inwieweit die Sanktionen gegenüber Russland den Handel beeinflussen werden“, sagte Ingo Egloff, einer von zwei Vorständen der Marketingorganisation des Hafens.

Er verwies darauf, dass sich bereits beim Embargo 2014 nach dem Überfall der Russen auf die Krim der Containerverkehr fast halbiert habe. Deutlich geringer sei der Umschlag von Massengut wie Kohle und Holz zurückgegangen.

Russischen Schiffen droht Bann im Hafen

Aktuell gibt es den Angaben zufolge zehn Liniendienste zwischen dem Hamburger Hafen und Russland, sieben davon mit St. Petersburg, die anderen mit Kaliningrad, dem früheren Königsberg. „Wir haben keine Informationen über betriebliche Einschränkungen“, hieß es. Die Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd hatte allerdings bereits am Freitag bekannt gegeben, ihren wöchentlichen Liniendienst von Hamburg nach Kaliningrad zunächst auszusetzen.

Russischen Schiffen droht indes ein Einlaufverbot in Häfen in der EU, wie EU-Beamte in Brüssel bestätigten. Nachdem Häfen in Großbritannien und in Frankreich zwei Schiffe russischer Oligarchen abgewiesen haben, werde derzeit eine Liste mit Schiffen erstellt, die Hamburg nicht anlaufen dürfen, sagte der Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA), Jens Meier. Man rechne „in Kürze“ damit. Aktuell gebe es in Hamburg zwar nur sehr wenige Anläufe von Schiffen, die unter russischer Flagge fahren. Bei einem Embargo gehe es aber nicht nur um die Herkunft der Schiffe, sondern auch um die der Waren.

Hamburger Hafen wächst trotz Corona

Dann kamen die Hafenexperten zu den Umschlagszahlen des vergangenen Jahres. Dabei zeigte sich, dass sich der Seegüterumschlag im Hamburger Hafen im Vergleich zu 2020 leicht gesteigert hat, aber immer noch deutlich unter den Mengen des Vor-Corona-Jahrs 2019 liegt. Insgesamt wurden 128,7 Millionen Tonnen im Hafen bewegt, das bedeutete ein Plus von 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Containerumschlag legte auf 8,7 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) zu. Das sind 2,2 Prozent mehr als 2020.

Im Vergleich zu 2019 sind es aber immer noch 5,9 Prozent weniger. Damals wurden 9,3 Millionen Stahlboxen in Hamburg über die Kaikanten gehoben. Der zweite Marketing-Vorstand, Axel Mattern, verwies darauf, dass die Zahl der beladenen Container um 2,5 Prozent gestiegen sei und nunmehr bei 88 Prozent liege. Das sei der höchste Wert im Vergleich der europäischen Häfen und aus dem Grunde hervorzuheben, weil die Wertschöpfung bei beladenen Boxen größer sei als bei leeren.

Gleichwohl ist der Marktanteil Hamburgs im Vergleich zur nordeuropäischen Konkurrenz erneut zurückgegangen, wenn auch nur leicht um 0,3 Prozent. Die Sieger sind die Häfen von Rotterdam und Bremen, wobei ersterer um 1,3 Prozent zulegen konnte, die Bremischen Häfen um 0,2 Prozent. Antwerpen stagniert, liegt aber mit einem Marktanteil von 29,2 Prozent immer noch weit vor Hamburg (21,2 Prozent).

Mattern betonte, dass Marktanteile wenig über die tatsächliche Wertschöpfung aussagten und bezeichnete diese Zählweise als „unprofessionell“. Mehr Aussagekraft hätten das lokale Ladungsaufkommen und der Hinterlandverkehr. „Beide Größen wachsen in Hamburg.“ Insbesondere der An- und Abtransport der Seegüter über die Schiene hat stark zugenommen. Die Hamburger Hafenbahn konnte im vergangenen Jahr ein Transportvolumen von 48,5 Millionen Tonnen (plus vier Prozent) abfertigen. Beim Containertransport wurde mit 2,79 Millionen TEU sogar ein Plus von acht Prozent erreicht.

Hamburger Hafen kritisiert Handelskammer

Kritik übte die Marketingorganisation an der Handelskammer, die im Verbund mit den anderen norddeutschen Kammern in der vergangenen Woche ein Positionspapier für eine norddeutsche Hafenkooperation vorgestellt hatte. „Das war alter Wein in neuen Schläuchen“, sagte Egloff. Er beklagte, dass sich die Handelskammer nicht zuvor mit der Marketingorganisation des Hafens oder mit den zuständigen Behörden abgestimmt habe. Unter anderem hatten die Kammern ein gemeinsames internationales Marketingkonzept der norddeutschen Häfen gefordert.

„Das ist so, als wenn sie im Ausland das deutsche Auto anbieten wollen, nicht etwa Mercedes, Audi oder BMW, sondern das deutsche Auto“, sagte Egloff kopfschüttelnd. „Das passiert, wenn man solche Vorschläge raushaut, ohne dass man sich zuvor mit den Leuten bespricht, die etwas davon verstehen.“ Drei Jahre habe die Handelskammer in Hamburg nicht stattgefunden, fügte Egloff mit Bezug auf die Amtsperiode der Kammerrebellen hinzu. „Im Hafen hat es niemand bemerkt.“

Eine Prognose für den Verlauf des Jahres 2022 wollte die Marketingorganisation angesichts des Ukraine-Konflikts nicht abgeben. Die Containermengen hätten aber allein im Januar 810.000 TEU betragen, sagte Mattern: „Das ist der zweitbeste Wert seit 2008. Das stimmt positiv.“