Hamburg. Die Handelskammer möchte ihren Präses Norbert Aust ins Kontrollgremium entsenden. Doch die Wirtschaftsbehörde möchte lieber eine Frau.

Das Verhältnis der Hamburger Wirtschaftsbehörde zur Handelskammer ist schon länger gestört. Die Bande sind bei weitem nicht mehr so eng wie zu der Zeit, als Ex-Kammerpräses Frank Horch nahtlos an die Spitze der Behörde wechselte. Bereits das Vorpreschen der Kammer mit Plänen zur industriellen Entwicklung Moorburgs kam in der Wirtschaftsbehörde nicht gut an. Und die Vorstellungen für einen neuen Hafenentwicklungsplans gehen ebenfalls weit auseinander. Nun gibt es auch noch Streit um eine Personalie.

Dabei geht es um die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA). Dessen Mitglieder müssen neu bestellt oder ihre Verträge verlängert werden. Die Handelskammer möchte gerne ihren Präses, Norbert Aust, in das Kontrollgremium entsenden. Die Wirtschaftsbehörde legt sich quer, fordert eine Frau.

Hamburger Hafen: Senat will freie Wirtschaft einbinden

Wie viele Mitglieder die Wirtschaftsbehörde in das Kontrollgremium entsenden darf und wie viele die Arbeitnehmervertreter ist im HPA-Gesetz von 2006 geregelt. Dort heißt es auch: „Die Anstalt wird in ihrer Struktur mit Aufsichtsrat und Geschäftsführung einem privaten Unternehmen nachgebildet.“

Diesem Grundsatz folgend will der Senat den Aufsichtsrat nicht nur mit eigenen Staatsräten und Senatoren besetzen, sondern auch die freie Wirtschaft einbinden. In der Vergangenheit war es üblich, dass die Handelskammer als oberstes Selbstvertretungsorgan der Hamburger Wirtschaft einen Vertreter entsenden durfte.

Präsides der Kammer vertraten Wirtschaft im HPA-Aufsichtsrat

Um klar zu machen welche Bedeutung der Hafen und die HPA für die Hamburger Wirtschaft einnehmen, waren es in der Regel die Präsides der Kammer, die die Wirtschaft im HPA-Aufsichtsrat vertraten. Das galt für Karl- Joachim Dreyer ebenso wie für Frank Horch und Fritz Horst Melsheimer. Lediglich unter der Führung der Kammerrebellen wurde der Grundsatz aufgeweicht. Anstatt des amtierende Präses wurde Christine Beine, damalige Geschäftsführerin des Bereichs Infrastruktur in der Kammer, in den Aufsichtsrat entsandt. Dort sitzt sie noch heute, obwohl sie die Handelskammer bereits im Jahr 2019 verlassen hat und mittlerweile Geschäftsführerin des Vereins Hamburg Cruise Net ist, einer Lobbyorganisation der Kreuzfahrtindustrie.

Die Handelskammer möchte gerne wieder ins Kontrollgremium einziehen – und zwar in alter Stärke. „Der Hamburger Hafen ist für die Zukunft unseres Standortes von entscheidender Bedeutung. Deswegen hat üblicherweise der Präses der Handelskammer das Gesamtinteresse der Hamburger Wirtschaft im Aufsichtsrat der Hamburg Port Authority vertreten. Natürlich steht unsere Handelskammer dafür zur Verfügung“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Im Klartext: Präses Aust möchte gerne in das Kontrollgremium.

Wirtschaftsbehörde hat schon eine Wunschkandidatin

Die Wirtschaftsbehörde sieht das allerdings ein wenig anders. „Zu Personalspekulationen nehmen wir grundsätzlich keine Stellung“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. „Aber wir als Behörde sind selbstverständlich dazu angehalten, Ämter paritätisch zu besetzen.“ Und es sei schwer vorstellbar, dass man in der Kammer keine geeignete Frau finde.

Aus dem Behördenumfeld war zu erfahren, dass man bereits eine Wunschkandidatin hat, nämlich die Vize-Präses der Handelskammer, Astrid Nissen-Schmidt. Die Handelskammer hält den Geschlechter-Proporz für falsch, ihr geht es ausschließlich um eine fachliche Besetzung. Den Posten sollte derjenige einnehmen, der die Kammer nach außen vertritt und das sei Norbert Aust. Auch eine Besetzung durch den Hauptgeschäftsführer Malte Heyne könne man sich vorstellen, heißt es.

„Wir unterstützen die Kandidatur von Herrn Aust“

Die Hafenwirtschaft, die mit der derzeitigen Zusammensetzung des Aufsichtsrats ebenfalls unzufrieden ist, unterstützt die Kammer. „An erster Stelle bei der Neubesetzung des Aufsichtsrats sollte die fachliche Eignung stehen. Wenn dem Senat die Parität so wichtig ist, kann er noch am ehesten mit seinen fünf Vertretern oder der Personalrat mit seinen drei Vertretern diese herstellen“, sagt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH). „Wir unterstützen die Kandidatur von Herrn Aust.“

Derzeit sitzen im neunköpfigen Aufsichtsrat neben dem Vorsitzenden, Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, vier Männer und vier Frauen, darunter die Staatsrätin der Kulturbehörde, Jana Schiedek, und die Staatsrätin der Finanzbehörde, Bettina Lentz. Neben Christine Beine ist der Hamburger Unternehmer Hermann Ebel der einzige Nicht-Regierungsvertreter auf der Arbeitgeberseite in dem Kontrollgremium. Er wurde 2010 in den Aufsichtsrat gewählt. Damals war Ebel ein bedeutender Charterreeder in der Stadt. Doch aufgrund der langanhaltenden Schifffahrtskrise musste er vor längerem mit diesem Unternehmenszweig Insolvenz anmelden.

Hamburger Hafen: Ebel verkauft Sea Cloud Cruises

Kürzlich gab Ebel auch die Trennung vom Kreuzfahrtgeschäft mit dem bevorstehenden Verkauf seiner Firma Sea Cloud Cruises bekannt, so dass er eigentlich keine beruflichen maritimen Verbindungen mehr hat. Im Aufsichtsrat sei Ebels Fachwissen aber stets geschätzt worden, hieß es aus dem Umfeld der Behörde. Aufsichtsratschef Westhagemann muss nun der zuständigen Senatskommission für öffentliche Unternehmen seine Vorschläge für die Neubesetzung zuleiten. Ob er es auf eine offene Konfrontation mit der Kammer ankommen lassen wird, bleibt abzuwarten.