Hamburg. Kredite sind deutlich teurer geworden. Die monatliche Belastung der Käufer steigt um Hunderte Euro. Was man noch tun kann.

Anfang des Jahres konnten sich Bauherren und Immobilienkäufer noch über einen Zins von weniger als einem Prozent für ein zehnjähriges Baudarlehen freuen. Inzwischen müssen Kreditnehmer im Schnitt fast 1,50 Prozent Zinsen dafür bezahlen. Zwar hatten Experten mit einem Anstieg im Verlauf des Jahres gerechnet, doch jetzt geht es schneller als erwartet.

„Einige Banken haben ihre Zinssätze innerhalb von sieben Wochen bis zu sechsmal signifikant hochgesetzt“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein. Seit Beginn des Jahres gibt es fast Woche für Woche neue Höchststände bei den Durchschnittskonditionen für zehn, 15 oder 20 Jahre Zinsbindung auf der Internetseite des Baugeldexperten Max Herbst (www.fmh.de). So stieg auch der Zins für eine 15-Jährige Zinsbindung von 1,22 Prozent auf 1,70 Prozent.

Immobilien: Zinsen steigen durch Ukraine-Krise

„Der aktuelle Anstieg ist zum Teil der Ukraine-Krise geschuldet“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. „Aber auch die abwartende Haltung bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Inflationsbekämpfung hat ihren Anteil.“ Für Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatgeschäft beim Baugeldvermittler Interhyp ist klar: „Die Zinswende ist beim Baugeld bereits angekommen.“ Auf günstigere Konditionen sollten Kaufwillige nicht mehr hoffen.

Mirjam Mohr, Vorständin der Interhyp-AG.
Mirjam Mohr, Vorständin der Interhyp-AG. © Interhyp

Knapp 1,50 Prozent – das sind im langjährigen historischen Vergleich zwar noch immer günstige Konditionen, doch angesichts der enormen Kreditlast, die sich Hamburger für den Einzug in die eigenen vier Wände aufbürden, fallen schon relativ kleiner Änderungen ins Gewicht. Wer jetzt den Kreditvertrag abschließt, zahlt bei einem Darlehen über 500.000 Euro rund 200 Euro pro Monat mehr als zu Beginn des Jahres. Über die gesamte Zinsbindungsfrist von zehn Jahren sind das 24.000 Euro an zusätzlicher Belastung.

Immobilien-Rückzug wegen hoher Zinsen

Da viele Finanzierungen wegen der hohen Immobilienpreise knapp kalkuliert sind, kann ein solcher Unterschied schon das Aus für das Traumhaus bedeuten. Denn genau die 200 Euro im Monat waren im Haushaltsbudget vielleicht als Sicherheit für unvorhergesehene Ausgaben reserviert. Jetzt müssen sie in die höhere Rate aus Zins und Tilgung fließen. Da spielt nicht mehr jede Bank mit. „Einzelne Interessenten treten dann vom Vorhaben zurück, dem sie schon viel Energie und auch Herzblut gewidmet haben“, bestätigt Neumann.

Verglichen mit den historischen Tiefstwerten aus dem Frühjahr 2020 müssen für die Kreditraten bei einem Darlehen über 500.000 Euro jetzt sogar monatlich 345 Euro (10 Jahre) und 333 Euro (15 Jahre) mehr bezahlt werden. Und auf Sicht der nächsten sechs bis zwölf Monate erwarten 80 Prozent der Experten steigende Zinsen.

Grossmann & Berger erwartet steigende Immobilienpreise

Noch ein weiterer Faktor erschwert jetzt den Immobilienkauf. Der Hamburger Makler Grossmann & Berger erwartet auch in diesem Jahr steigende Immobilienpreise. So sollen sich Einfamilienhäuser in Hamburg um 8,9 Prozent verteuern und Eigentumswohnungen um 7,8 Prozent. Im Umland könnte der Preisanstieg sogar noch knapp darüber liegen. Bisher konnten die Preisanstiege zumindest zu einem Teil mit immer weiter sinkenden Zinsen ausgeglichen werden. Die Käufer mussten zwar einen höheren Kredit aufnehmen, aber wegen der gesunkenen Zinsen war das Projekt kaum teurer. Dieser Vorteil entfällt nun.

Die Inflationserwartungen und der Ausblick auf eine straffere Zinspolitik anderer Notenbanken verbunden mit höheren Renditen bei Staatsanleihen, an denen sich die Konditionen für Baugeld orientieren, führen seit Wochen zu einem Anstieg der Bauzinsen. „Viele Investoren richten aktuell ihre Anlagestrategie neu aus. In den USA sind die Renditen der Staatsanleihen schon seit Längerem gestiegen“, sagt Mohr.

Immobilien: Wie hoch sich Hamburger verschulden

Zwar wird in unsicheren Zeiten Geld bevorzugt in sicheren Staatsanleihen geparkt. „Aber die Rendite der US-Staatsanleihen ist zehnmal so hoch wie die der Bundesanleihe“, sagt Herbst. Anlagegelder fließen also eher von Europa weg. Da weniger Kapital im Angebot ist, müssen die Zinsen also steigen. Während die US-Notenbank bereits Zinserhöhungen gegen die aufkommende Inflation angekündigt hat, „ist das Vertrauen in die Europäische Zentralbank nicht so groß“, sagt Herbst.

Unabhängig von der Zinsentwicklung gibt es weitere Faktoren, die Immobilienkredite künftig verteuern werden. Für die eigene Immobilie verschulden sich Hamburger im Schnitt mit 466.313 Euro (s. Grafik). Seit 2015 ist das ein Anstieg um 88 Prozent. Doch Deutschlands oberste Finanzwächter, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), sind vom Boom bei den Wohnungs- und Häuserpreisen alarmiert. Sie warnen die Banken davor, zu riskante Darlehen zu vergeben.

So müssen die Kreditinstitute spätestens ab 2023 für Baufinanzierungen einen zusätzlichen Risikopuffer in ihren Bilanzen bilden. „Durch die neuen Auflagen wird es für Banken teurer, sich zu refinanzieren“, sagt Neumann. Nach Ansicht von Experten könnte Baugeld allein dadurch um 0,2 Prozentpunkte teurer werden.

Wie soll man eine Immobilie jetzt noch finanzieren?

Eine Möglichkeit für Immobilienkäufer, die höheren Zinsbelastungen auszugleichen gibt es fast nicht. „Manche fragen im familiären Umfeld nach Unterstützung“, sagt Neumann. Denn das Eigenkapital aus eignen Ersparnissen noch aufzustocken, haben die wenigsten. Experte Herbst sieht Spielraum bei der anfänglichen Tilgung, die in vielen Finanzierungsplänen bei knapp drei Prozent liegt. „Wenn man die auf das von den Banken verlangte Mindestmaß von zwei Prozent reduziert, gewinnt man Spielraum bei der monatlichen Belastung“, sagt Herbst.

Verbraucherschützer sehen das skeptisch. „Damit wird das Problem nur in die Zukunft verlagert, denn am Ende der Restlaufzeit sitzt man auf einem Berg Restschulden mit vielleicht dann noch höheren Zinsen“, sagt Dirk Scobel, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. „Gerade in Zeiten steigender Zinsen sollte man eine Zinsbindung von mindestens 15, besser 20 Jahren wählen“, rät er. Denn nach 20 Jahren sind am Ende der Zinsbindung im Schnitt die Hälfte der Schulden getilgt. Auch ein doppelt so hoher Zins für die Anschlussfinanzierung würde die monatliche Belastung dann nicht erhöhen.

Immobilien: Trost für Käufer in Hamburg

Der Verbraucherschützer sieht eher Spielraum bei anderen Dingen. „Neue Küche, Carport, Gartenneugestaltung, das kann man auch später noch realisieren und so lässt sich die Kreditsumme vielleicht etwas abspecken“, sagt Scobel.

Zumindest einen Trost gibt es für Immobilienkäufer. Ab sofort können wieder Förderkredite und Zuschüsse bei der KfW-Förderbank beantragt werden, nachdem sie zunächst überraschend gestoppt worden waren. Bis zu 150.000 Euro Kredit für Sanierung, Neubau und Kauf stehen zur Verfügung. Je nach erreichter Energieeffizienz muss man bis zu 50 Prozent des Kredits nicht zurückzahlen.

Allerdings schlägt sich der Zinsanstieg auch in den KfW-Konditionen nieder. So liegen die Effektivzinsen bei einer zehnjährigen Zinsbindung zwischen 1,11 und 1,34 Prozent.