Hamburg. Immer mehr Mitarbeitende melden sich krank. Manche Läden öffnen erst um 11 Uhr, andere schließen schon um 18 Uhr – eine Übersicht.

Wer gleich morgens beim Schuhhändler Görtz im Einkaufszen­trum Mercado in Ottensen nach neuen Schuhen suchen will, steht im Moment vor verschlossenen Türen. Ein Zettel an der Eingangstür weist seit einigen Tagen auf veränderte Öffnungszeiten hin. Statt um 9.30 Uhr macht der Laden erst eine Stunde später um 10.30 Uhr auf. Und abends schließt er nun eine halbe Stunde später um 19.30 Uhr.

„Aufgrund der derzeitigen Pandemielage brechen die Frequenzen deutlich weg“, erklärt Geschäftsführer Frank Revermann die ungewöhnliche Maßnahme. Das Unternehmen habe momentan keine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, um aber die Kosten im Griff zu halten, würden standortspezifisch die Öffnungszeiten reduziert. Und das, obwohl der Januar als beliebter Schnäppchenmonat für reduzierte Winterware gesetzt ist.

Corona Hamburg: Läden wie Görtz ändern Öffnungszeiten

Auch in anderen Filialen müssen sich die Kunden an neue Einkaufszeiten gewöhnen. Das Stammhaus an der Spitalerstraße etwa ist jetzt von 11 bis 20 Uhr geöffnet. Görtz 17 in der Bergstraße sogar nur bis 18 Uhr. Voraussichtlich bis Ende Februar sollen neue Geschäftszeiten gelten, so Revermann.

Görtz ist kein Einzelfall. Spielwarenhändler Nils Hartfelder hat in vier seiner sechs Filialen im Hamburger Stadtgebiet die Öffnungszeiten abends um eine Stunde reduziert. Auch der Standort im Mercado ist betroffen. „Uns fehlt Personal“, begründet der Kaufmann die Maßnahme. Durch die Pandemie fielen immer wieder Mitarbeiter aus, weil sie selbst erkrankten oder in Quarantäne müssten. „Wir sind die ganze Zeit nur dabei, Personal hin und her zu schicken, um den Verkauf in unseren Läden zu gewährleisten.“

Kleinere Hamburger Geschäfte in Not

Dazu kommt, dass nach dem Weihnachtsgeschäft die Kauflaune gesunken sei. Im Vergleich zum Januar 2020 liege das Minus etwa um 30 Prozent. Trotzdem sagt Hartfelder: „Auch wenn sich manche Läden im Moment eigentlich nicht lohnen, ist immer noch alles besser, als ganz zu schließen.“

Es ist ein Dilemma, in dem viele Einzelhändler im Moment stecken. Einen Corona-Lockdown wie im vergangenen Jahr will niemand. Aber wenn die Pandemie mit strengen Zugangsregeln wie 2G in den Geschäften und 2G-plus in der Gastronomie weiter so auf die Kauflaune drückt, verdienen gerade die kleineren Geschäfte kaum oder gar nichts. „Es ist eine wirtschaftliche Betrachtung, wie man mit der aktuellen Situation umgeht“, sagt Andreas Bartmann, Präsident des Handelsverbands Nord.

Läden in der City schließen früher – wegen Corona

„Wenn man morgens und abends ein bisschen von den Geschäftszeiten abknappst und sich auf die Kernzeiten von 11 bis 19 Uhr konzentriert, hat das den Charme, dass man mit einer Acht-Stunden-Schicht auskommt“, so der Handelsexperte. Auch in den Geschäften der Outdoor-Kette Globetrotter, wo er Geschäftsführer ist, sollen ab nächster Woche die Zeiten entsprechend angepasst werden. „Alles andere macht gerade keinen Sinn.“

Auch beim Gang durch die innerstädtischen Einkaufsstraßen sieht man inzwischen überall Hinweise auf reduzierte Geschäftszeiten. Es ist ein bisschen wie eine Reise in die Vergangenheit, als in Zeiten früherer Ladenschlussgesetze die Geschäfte abends um 18 oder 19 Uhr schließen mussten. Jetzt machen etwa der Juwelier Christ, der Ausrüster Jack Wolfskin, das Modehaus AppelrathCüpper oder das Haushaltswarengeschäft WMF an der Mönckebergstraße freiwillig um 19 Uhr dicht.

Ara schließt schon um 18 Uhr

Bei anderen, wie dem Schuhgeschäft Ara, ist schon um 18 Uhr Schluss. Ganz ähnlich sieht es im Passagenbereich, wo etwa im Hanseviertel das Gros der Läden jetzt um 18 Uhr schließt, oder auch im Nikolai Quartier aus. Nur in den großen Kaufhäusern und bei Handelsketten wie Galeria Karstadt, H&M, Zara, Ansons, Sportscheck oder C&A kann man noch bis 20 Uhr einkaufen – meistens nahezu allein mit dem Verkaufspersonal.

Auch bei Citymanagerin Brigitte Engler ist das Thema angekommen. Sie sagt: „Wir brauchen verlässliche Öffnungszeiten je nach Quartier, damit die Kunden sich orientieren können.“ Am Neuen Wall sei das in der Regel 19 Uhr, im Bereich Mönckebergstraße/Spitalerstraße 20 Uhr. Aktuell gebe es keine Tendenzen, dass vor allem die großen Händler daran grundsätzlich etwas ändern wollten. Zugleich sei aktuell der wirtschaftliche Druck groß. Schon ab dem späten Nachmittag leeren sich Straßen und Geschäfte.

Hamburger trauen sich nicht in die Stadt

Viele Menschen sind im Homeoffice und kommen gar nicht mehr in die Innenstadt, der Tourismus ist am Boden und auch die Hamburger, sonst regelmäßige Shopper, bleiben aus Angst vor Omikron häufig zu Hause. „Die Kundenfrequenzen in der Innenstadt sind so niedrig, wie wir uns das nicht hätten vorstellen können“, so Engler. Inzwischen seien die ersten Beschäftigten wieder in Kurzarbeit. „Letztlich entscheidet jedes Unternehmen für sich über die Öffnungszeiten“, so die Citymanagerin. „Wir können nur appellieren.“

Etwas anders ist die Lage in den Einkaufszentren und Passagen. „In unseren Centern gibt eine vertragliche Bindung für die Öffnungszeiten“, sagt etwa Lukas Nemela, Sprecher der ECE-Gruppe, die unter anderem die Europa Passage und das Alstertal Einkaufszentrum betreibt. In der Regel müssen dort Geschäfte, die keine Lebensmittel oder Waren des täglichen Bedarfs verkaufen, von 10 bis 20 Uhr geöffnet sein.

Wormland und Thalia noch normal geöffnet

„Aber bei den hohen Inzidenzen ist das eine besondere Situation“, so Nemela. Man reagiere verständnisvoll und nehme Rücksicht auf die Kaufleute, wenn sie etwa wegen corona-bedingten Personalmangels die Öffnungszeiten reduzieren müssten. Aktuell treffe das auf etwa 20 bis 25 Prozent der Läden in den Hamburger ECE-Einkaufszentren zu.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Allerdings sollten die Öffnungszeiten nicht um mehr als eine Stunde gekürzt werden, und es müsse darauf gut sichtbar hingewiesen werden. Genauso handhabt es auch Jörg Harengerd, Centermanager in der Europa Passage. Dort sind die großen Läden wie Wormland und Thalia im Moment noch normal geöffnet. „Aber es ist ein dynamischer Prozess, und auch dort kämpfen sie inzwischen jeden Tag, um genug Personal für ihre Flächen zu haben.“

„Der Schaden geht auf unsere Kappe“

Aktuell besonders betroffen ist etwa Porzellanhändler Jürgen Weitz. Während am Hauptstandort am Neuen Wall die Belegschaft weitgehend gesund ist, sind in der Filiale im Alstertal Einkaufszentrum drei von fünf Mitarbeiterinnen erkrankt. „Wir mussten die Öffnungszeiten dramatisch einschränken“, sagt Weitz.

Werden dort normalerweise von 9.30 bis 20 Uhr Geschirr und Küchenartikel verkauft, ist das jetzt nur noch von 10 bis 19 Uhr möglich. Diese Entscheidung könnte die Umsätze weiter beeinträchtigen. Trotzdem rechnet Weitz nicht damit, dass er Überbrückungshilfe für die Ausfälle bekommt. „Der Schaden geht auf unsere Kappe“, sagt er.

Corona Hamburg: Händler haben noch Hoffnung

Noch hoffen die Händler, dass sich spätestens im März wieder die normalen Öffnungszeiten lohnen werden. „Ich denke nicht, dass die jetzige Situation den schleichenden Abgesang der bisherigen Ladenöffnungszeiten bedeutet“, sagt Handelsverbands-Präsident Bartmann. Er rechnet damit, dass nach der aktuellen Welle die Krankenstände sinken und die Kauflaune wieder steigt. Im Traditionsgeschäft Brendler in der Großen Johannisstraße, das auf Marine- und Tropenausrüstung spezialisiert ist, hat In­grid Osthues schon nach dem ersten Lockdown im April 2020 einen Schnitt gemacht und öffnet in der Woche nur noch von 11 bis 17 Uhr, am Sonnabend sogar nur bis 16 Uhr.

„Unsere Kunden stellen sich darauf ein und meckern nicht“, sagt die Einzelhändlerin. Die Reinigung um die Ecke macht es noch drastischer. Dort kann man seine Wäsche persönlich nur noch von 8 bis 14 Uhr abholen. Sonnabends ist geschlossen.