Hamburg. Das Hamburger Finanz-Start-up Rubarb hat 33.000 Nutzer. Boni aus dem Wechsel des Strom- und Gasanbieters werden in Fonds investiert.
Voraussichtlich haben Fabian und Jakob Scholz in der kommenden Woche einen Anlass zum Feiern. Denn Olaf Scholz dürfte dann zum neuen Bundeskanzler gewählt werden – und der amtierende Bundesfinanzminister von der SPD ist der Onkel der beiden Hamburger Unternehmer.
„Dass man als Familie zu feierlichen Gelegenheiten zusammenkommt, ist doch ganz normal“, sagt Fabian, einer der Gründer und Geschäftsführer des Finanz-Start-ups Rubarb. „Unser Onkel weiß natürlich, was wir mit Rubarb machen, und freut sich sicherlich mit uns über den bisherigen Erfolg“, so Fabian Scholz, „inhaltlich hat er aber nichts damit zu tun.“
Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es die App, die Wertpapiersparen besonders einfach machen soll, gut 33.000 Nutzer hat sie inzwischen. „Die bestehenden Angebote zur Geldanlage richten sich in der Regel an die 20 Prozent der Bevölkerung, die schon wissen, was ein ETF ist“, erklärt Fabian Scholz. „Den Vermögensverwaltern geht es meist darum, reiche alte weiße Männer noch reicher zu machen. Wir dagegen richten uns an die anderen 80 Prozent“ – überwiegend sind die Rubarb-Nutzer zwischen 25 und 45 Jahre alt.
Neffen von Olaf Scholz sind Gründer des Finanz-Start-ups Rubarb
Auch sie hätten Träume, die sie sich erfüllen wollen, etwa eine tolle Reise in sechs Monaten oder eine eigene Wohnung in zehn Jahren. „Wir bieten über Investitionsmöglichkeiten in Aktien,
Anleihen oder eine 50-50-Mischung von beiden die Chance, das gesparte Geld zu mehren, anstatt es auf dem Girokonto durch die Inflation und Negativzinsen abnehmen zu lassen“, so Scholz.
Und so funktioniert es: Man muss nur bei der Anmeldung aufgrund der eigenen Risikoeinstellung angeben, in welches der drei möglichen Portfolios aus börsennotierten Indexfonds (ETFs) die Sparbeiträge fließen sollen und auf welche Weise gespart werden soll. Auch dafür gibt es bisher drei Möglichkeiten, die man kombinieren kann: Einmal-Einzahlungen, Sparpläne mit täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Sparbeiträgen oder die Aufrundung des Preises von Käufen im Internet auf den nächsten vollen Euro.
„Knapp 90 Prozent unserer Kunden nutzen auch die Funktion, bei Online-Käufen den Kaufpreis aufzurunden und die Differenz zu sparen“, so Scholz. „Allein damit können bis zu 30 Euro im Monat zusammenkommen.“ Im Durchschnitt investierten die Nutzer bisher etwa 150 Euro im Monat: „Dabei stammt der größere Teil aus Einmal-Einzahlungen, dann folgen die regelmäßigen Sparplan-Einzahlungen und schließlich die Aufrundungen.“
App Rubarb: Weitere Sparmöglichkeit seit einigen Tagen
Seit einigen Tagen gibt es noch eine weitere Sparmöglichkeit, von der sich Fabian Scholz einiges erwartet: den regelmäßigen und automatischen Wechsel in günstigere Energieverträge. Auch dies will Rubarb den Nutzern leicht machen. Die Kunden müssen nur angeben, ob sie das absolut billigste Angebot wollen oder einen Öko-Versorger bevorzugen. Die Firma kann dank eines Maklermandats den neuen Tarif im Namen der Nutzer abschließen.
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„89 Prozent der Deutschen wissen, dass es ratsam wäre, Strom- und Gasanbieter jährlich zu wechseln, aber 76 Prozent haben das trotzdem noch nie getan“, sagt Fabian Scholz: „Wir gehen von einem durchschnittlichen Einsparpotenzial von 300 Euro pro Jahr durch die Optimierung der Energieverträge aus – vor allem durch die Wechselboni.“ 20 Prozent des tatsächlich gesparten Betrags behält Rubarb als Provision, der Rest kann für den Kunden investiert werden.
Für 2022 hat sich nicht nur die neue Bundesregierung, voraussichtlich unter der Führung von Olaf Scholz, einiges vorgenommen. Auch für das Hamburger Start-up seiner Neffen stehen Neuerungen an. So will man im Januar auch DSL- und Internet-Tarife in den sogenannten Wechselbutler einbeziehen. Und während Rubarb für das Investment bisher auf ishares-ETFs des US-Fondshauses Blackrock setzt, sollen ab Januar maßgeschneiderte ETF-Portfolios, die mit einem anderen Partner gemeinsam konzipiert wurden, angeboten werden. „Wir wollen ein wirkliches nachhaltiges Investitionsprodukt“, erklärt Scholz dazu: „Die Auswahl der Unternehmen in den Fonds orientiert sich dann an ihrem Beitrag zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen.“
Olaf Scholz' Neffen haben ehrgeizige Ziele für 2025
Derzeit hat Rubarb rund 30 Beschäftigte, von denen etwa 20 in Hamburg arbeiten. Die Geschäftsführung bilden Fabian Scholz (31), der zuvor die Hamburger IT-Personalberatung Paltron mit aufbaute, und sein Bruder Jakob (28), der zunächst als Investmentbanker bei Credit Suisse und später beim Finanzportal Raisin („Weltsparen“) arbeitete, sowie der Brite Kelvin Craig (45). Auch er kommt von einem Finanzportal, der Hamburger Firma Deposit Solutions („Zinspilot“), die sich in diesem Jahr mit Raisin zusammengeschlossen hat.
Passend zur nächsten Legislaturperiode ihres berühmten Onkels haben sich Fabian und Jakob Scholz auch Ziele für 2025 gesetzt – und die klingen durchaus ehrgeizig: „Wir wollen das führende Finanzportal für die breite Masse der Sparer in Europa sein“, sagt Fabian Scholz: „Im Jahr 2025 wollen wir um die sechs Millionen Nutzer auf unserer Plattform haben und gut 13 Milliarden Euro verwaltetes Vermögen.“ Damit würde auch die Personalstärke erheblich zunehmen: „Bisher besteht unser Kundenservice aus zwei Personen. Bei einer solchen Nutzerzahl werden wir eine hohe zweistellige oder sogar dreistellige Zahl von Kundenbetreuern benötigen.“
Vorgesehen ist, bald auch im Ausland aktiv zu werden, zunächst wohl in Österreich, Spanien und Italien. Dass die Aktienkultur gerade in Deutschland als nicht gerade ausgeprägt gilt, ist Fabian Scholz durchaus bewusst – und auch, dass sein Onkel als Bundesfinanzmister nicht allzu viel dazu beigetragen hat, das zu ändern: „Jakob und ich haben uns gefreut, dass er während des Wahlkampfs wenigstens einmal den jungen Menschen geraten hat, in Aktien zu investieren“ – auch wenn Olaf Scholz gleich anfügte, er selbst besitze keine Aktien.