Hamburg. Nicht nur große Konzerne wie Tchibo erhöhen die Kaffee-Preise, auch Hamburger Röstereien wie Elbgold reagieren auf Marktturbulenzen.
Wer an den bevorstehenden Festtagen zum Nachmittagskuchen gerne guten Kaffee trinken möchte, wird in diesem Jahr für ein Päckchen der gemahlenen Bohnen deutlich tiefer als vor einem Jahr ins Portemonnaie greifen müssen. Denn die Preise sind in den vergangenen Monaten extrem gestiegen.
An der New Yorker Rohstoffbörse kostete ein angloamerikanisches Pfund Kaffee (umgerechnet 454 Gramm) vor einem Jahr noch 1,20 US-Dollar (gut 1 Euro). In diesem November schwankt der Preis an der Börse bereits zwischen 2,30 und 2,40 Dollar pro Pfund. Er hat sich also nahezu verdoppelt. Das schlägt sich natürlich auch bei den Verkaufspreisen der Händler hierzulande nieder.
Bereits Mitte Juni hatte der Hamburger Tchibo-Konzern seine Preise je nach Sorte und Herkunftsland um 50 Cent bis zu 1 Euro angehoben. Andere Branchengrößen folgten. Im Supermarkt kostet ein Pfund Jacobs Krönung derzeit bis zu 6,29 Euro. Vor einem Jahr waren es im Schnitt 5,49 Euro.
Kaffee-Preise steigen wegen Corona
Gründe für den Anstieg der Kaffeepreise gibt es verschiedene. Die durch die Corona-Pandemie hervorgerufene Lieferkettenproblematik spielt auch in diesem Fall eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das betrifft vor allem Vietnam, den zweitgrößten Kaffeeerzeuger weltweit.
Der Hafen von Ho-Chi-Minh-Stadt, einer der großen asiatischen Drehkreuze für Kaffee, wurde in seinem Betrieb immer wieder beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass es Hamburger Kaffeeimporteuren äußerst schwerfällt, leere Container für die georderten Lieferungen zu ergattern. Die Massenware Kaffee wird nämlich nicht mehr in einzelnen Säcken transportiert, sondern in großen Schläuchen in Containern.
Schlechte Kaffee-Ernte in Brasilien treibt Preise
Hauptgrund für die Preisexplosion sind aber Wetterkapriolen in Brasilien, dem mit Abstand weltgrößten Produzenten und Exporteur der Bohnen, die den Ertrag verringert haben. „Es geht dabei nicht um Wettereinflüsse in den vergangenen Wochen, sondern um die klimatischen Bedingungen über das ganze Jahr“, sagt Arnd Liedtke, Sprecher des Tchibo-Konzerns, dem Abendblatt. Erst hätte eine Dürreperiode den brasilianischen Erzeugern zu schaffen gemacht, dann folgte unerwarteter Frost mit Schneefall. Liedtke will sich nicht konkret zu Preisentwicklungen äußern, gibt deshalb auch keine Prognose ab.
Er gewinnt den gestiegenen Preisen aber durchaus etwas Positives ab: „In den vergangenen drei Jahren waren die Rohkaffeepreise eigentlich zu gering. Durch den Kauf höherpreisigen Kaffees unserer Partner in den Anbauländern tragen wir zur Verbesserung der Lebensumstände der Menschen bei, die unseren Kaffee anbauen.“
Kaffee-Experte rechnet nicht mit Preissenkung
Um viele Millionen Säcke Kaffee sei die Ernte durch die Witterungsprobleme geringer ausgefallen, sagt Jens Walter von der Kaffee Import Compagnie mit Sitz in der Speicherstadt. Das Unternehmen zählt zu den bedeutenden Hamburger Importeuren. Walter ist seit fast 60 Jahren im Geschäft. „Wir sind hinübergeflogen und haben uns die Situation in Brasilien angeschaut. Erstaunlicherweise waren nicht so sehr die Plantagen in den Hochlagen betroffen, sondern eher die tiefer liegenden.“
Zudem sei der Ausfall sehr unterschiedlich gewesen. „Wir haben Plantagen gefunden, bei denen sich die Ernte fast normal entwickelt hat, während gleich daneben eine Plantage lag, die erhebliche Beeinträchtigungen erfuhr.“ Laut Walter, der seine Geschäfte über die New Yorker Börse absichert, ist der eklatante Preisanstieg für Rohkaffee aber auch auf andere Einflüsse zurückzuführen. „Der Kaffeepreis an der Börse wird derzeit stark durch Investmentfonds beeinflusst, die mit viel Geld einsteigen, und so die Preise nach oben treiben. Das macht die Vorhersage einer Marktentwicklung schwierig.“
Auf absehbare Zeit rechnet Walter aber nicht damit, dass die Kaffeepreise von ihrem hohen Niveau herunterkommen. Auch der Oktober-Report der Internationalen Kaffee Organisation ICO mit Sitz in London gibt wenig Anlass zur Hoffnung, dass die Preise bald sinken werden. Denn obwohl sich die Wettersituation in Brasilien gebessert hat, legen die Kaffeepreise weiter zu. Allein im Vergleich zum September waren es 6,8 Prozent.
Hamburger Kaffee-Konsum um elf Prozent gestiegen
Die Lust am koffeinhaltigen Genuss scheint den Deutschen in der Corona-Krise dennoch nicht abhandengekommen zu sein. Denn obwohl Restaurants und Cafés über längere Phasen schließen mussten, ist der Konsum in Deutschland im vergangenen Jahr nach Angaben des in Hamburg sitzenden Deutschen Kaffeeverbands um elf Prozent gestiegen. Die Hamburger trinken ihren Kaffee also nun vor allem zu Hause.
Selbst die kleinen Hamburger Röster, die ihren Kunden Spezialsorten anbieten, sind von den Preisentwicklungen nicht abgekoppelt. „Wir hängen nicht an der Börse, wo vor allem die gängigen Marken Arabica und Robusta gehandelt werden“, sagt Thomas Kliefoth, Betreiber der Rösterei Elbgold in Winterhude. „Aber da auf den Märkten insgesamt weniger Mengen zur Verfügung stehen, merken auch wir das.“
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Rösterei Elbgold muss womöglich auch Preise anheben
So würden die großen Händler gerade in Nicaragua und Honduras die Märkte leer kaufen, wo Spezialsorten angebaut werden. Hinzu komme, dass der Kaffeekonsum nicht nur hierzulande, sondern auch in den Schwellenländern selbst steige, sagt Kliefoth. „Die Nachfrage nimmt zu.“
Ein weiteres Problem ist nach seiner Meinung die Schwäche des Euro. Der Kaffeehandel werde letztlich weltweit in US-Dollar abgewickelt. Verkaufen müssten die Hamburger Betriebe aber in Euro. Die Umrechnungsschwankungen hätten die Gewinne in der jüngsten Vergangenheit bereits gedrückt, sagt Kliefoth dem Abendblatt. Zwar steigt der Eurokurs im Vergleich zum US-Dollar seit Mitte September wieder. Doch der Kaffee, der derzeit zu kaufen ist, wurde von den Händlern schon vor Monaten geordert. Auch Elbgold wird um Preisanhebungen wohl kaum herumkommen. Rund sechs Prozent dürften es sein.