Hamburg. Wie schon andere Schweizer Anbieter ist nun auch TAG Heuer mit einem eigenen Standort in der Stadt vertreten. Ein guter Schachzug.

Rolex tut es bereits, die Wettbewerber Omega, Breitling und Patek Philippe ebenso: Alle diese Schweizer Luxusuhrenhersteller verkaufen ihre hochpreisigen Zeitmesser in Hamburg nicht nur in den Juweliergeschäften von Ketten wie Wempe oder Bucherer, sondern auch in separaten Markenshops.

Seit wenigen Tagen gehört auch TAG Heuer zu diesem Kreis. Das im Jahr 1860 gegründete Unternehmen, das inzwischen im Besitz des französischen Luxusgüterkonzerns Moët Hennessy Louis Vuitton (LVMH) ist, hat eine so genannte „Boutique“ am Neuen Wall eröffnet – wenige Schritte entfernt von Cartier und Tiffany. Es ist erst der zweite derartige Shop von TAG Heuer in Deutschland und mit 100 Quadratmetern wesentlich größer als der Standort in München (20 Quadratmeter), den es schon seit 2012 gibt.

Neuer Wall: TAG Heuer führt Standort selbst

„In unserer neuen Boutique in Hamburg haben wir die Möglichkeit, unser gesamtes Markenuniversum und unsere 161-jährige Uhrmacherkompetenz zu zeigen“, sagt Davide Lungi, der bei TAG Heuer das Geschäft in Deutschland, Österreich und den Niederlanden leitet. Diese Kollektion reicht von den Sport- und Taucheruhren der Aquaracer-Serie über die kantigen, mit dem Autorennsport verbundenen Monaco-Modelle bis hin zu Smartwatches, mit denen man E-Mails empfangen kann. „Der durchschnittliche Preis einer in Deutschland verkauften TAG Heuer liegt bei über 3000 Euro, aber die Spanne reicht bis zu mehr als 20.000 Euro“, erklärt Lunghi.

Im Unterschied zu den Hamburger Shops von Rolex und Patek Philippe, die von Wempe betrieben werden, sowie dem im September 2020 eröffneten Breitling-Showroom, hinter dem die Dortmunder Juwelierkette Rüschenbeck steht, führt TAG Heuer den neuen Hamburger Standort selbst und mit eigenem Personal. Fünf Beschäftigte betreuen die Kunden. Zwar sei es nicht leicht, qualifiziertes Personal zu finden, so Lunghi. Die Tatsache, dass das Unternehmen zu einem bekannten Luxusgüterkonzern gehört, dürfte dabei aber helfen: Im Uhrensektor zählen unter anderem Hublot, Bulgari und Zenith dazu, sowie Modehäuser wie Dior und Givenchy, aber auch die Parfümeriekette Sephora und das Pariser Warenhaus Le Bon Marché.

„Alle profitieren von so einer Boutique"

Nun kann man davon ausgehen, dass die Eröffnung eines eigenen Verkaufsstandorts bei Hamburger Juwelieren mit TAG-Heuer-Vertretung nicht gerade auf Begeisterung stößt. Doch Lunghi hält dem entgegen: „Alle profitieren von so einer Boutique, denn die Marke wird dadurch bekannter, und wir können signalisieren, wie stark sie ist.“ Was Lunghi nicht sagt: Beim Verkauf über die Boutique kassiert das Unternehmen die Handelsspanne von vielleicht 40 Prozent, die sonst an den Juwelier ginge – denn der Verkaufspreis ist gleich. Manche Kunden informierten sich aber auch nur in der Boutique und gingen für den Kauf einer Uhr dann zu einem Juwelier, den sie schon lange kennen, so Lunghi.

Wie in der Branche zu hören ist, zielen die Markenshops ohnehin nicht zuletzt auf Touristen: Begüterte Reisende aus China, den arabischen Staaten oder Russland sind mit weltweit berühmten Herstellerbezeichnungen wie Omega oder Breitling vertraut, mit Namen wie Wempe oder Bucherer aber können sie nicht unbedingt etwas anfangen. Und schließlich gleichen die Hersteller mit der Eröffnung von eigenen Showrooms eine Tendenz aus, die seit Jahren anhält: Die Uhrenmarken entziehen immer mehr Juwelieren die Vertretung, weil die Händler die Marke nicht im gewünschten repräsentativen Rahmen präsentieren können. Eigene Standorte bieten da andere Möglichkeiten.

Corona: TAG Heuer musste Geschäftseinbußen hinnehmen

Wie die meisten der Schweizer Premiumuhrenanbieter hat auch TAG Heuer 2020 erhebliche Geschäftseinbußen hinnehmen müssen. Insgesamt gingen die Exporte der Schweizer Hersteller um knapp 22 Prozent auf umgerechnet 16,2 Milliarden Euro zurück, weil Juweliere pandemiebedingt zeitweise geschlossen hatten und die Verkäufe an Flughäfen stark beeinträchtigt waren. Einem Marktreport der Investmentbank Morgan Stanley zufolge musste TAG Heuer weltweit ein Minus von 31 Prozent auf 562 Millionen Euro hinnehmen.

„In diesem Jahr werden wir den Umsatz aber im zweistelligen Prozentbereich gegenüber 2019 steigern“, sagt Lunghi. Auch für 2022 ist er optimistisch. Nicht nur, weil er anstrebt, in Deutschland, dem viertwichtigsten Markt für das Unternehmen hinter den USA, China und Großbritannien, eine oder zwei weitere Boutiquen zu eröffnen. Seit November 2020 verkauft TAG Heuer hier die Produkte auch über einen eigenen Onlineshop. „Für uns hat sich gezeigt, dass diese Strategie richtig ist“, so der Manager. „Bei uns kaufen die Menschen auch Uhren für mehr als 10.000 Euro im Internet, da sie mit unserer hohen Qualität vertraut sind. Und der stationäre Handel hat weiter viele Kunden.“

Smartwatches besonders bei jungen Menschen gefragt

Lunghis Zuversicht beruht außerdem auf den Smartwatches, die vor allem beim jungen Publikum gefragt seien: „Wir haben schon 2015 als erster Schweizer Premium-Anbieter eine solche Uhr auf den Markt gebracht und investieren viel Geld in die Technologie.“ Eine eigens dafür aufgebaute Abteilung mit 50 Beschäftigten in Paris entwickelt immer neue Apps unter anderem für Fitness- und Golfsport-Anwendungen.

Dass die elektronischen Begleiter am Handgelenk die mechanischen Werke weitgehend verdrängen werden, erwartet Lunghi aber nicht: „Auch der Markt für Automatikuhren wächst tendenziell weiter. Ich glaube, dass wir künftig häufiger Menschen mit zwei Uhren am Arm sehen werden.“