Hamburg. Flugzeugbauer überarbeitet Pläne für den Cityairbus. Prototyp der neuen Maschine soll in zwei Jahren erstmals fliegen.
Als Airbus im März 2019 sein Lufttaxi auf dem Ingolstädter Rathausplatz erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, war das Fazit von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer klar. „Schaut ziemlich cool aus, jetzt muss er nur noch fliegen“, sagte der CSU-Politiker über den Cityairbus. Letzteres hat das Fluggerät mit einiger Verspätung mittlerweile nachgewiesen. Allerdings wird es bald ganz anders aussehen als die erste Version – und vielleicht ein bisschen mehr normal als cool.
Vor wenigen Tagen kündigte der DAX-Konzern Pläne für die nächste Generation des Cityairbus an. Kurz: den Cityairbus NextGen. Er sei jetzt in seiner detaillierten Designphase, der Erstflug des Prototypen sei für das Jahr 2023 vorgesehen, hieß es. „Wir haben eine Menge aus den Testkampagnen mit unseren beiden Demonstratoren Cityairbus und Vahana gelernt“, sagte Bruno Even, Chef der Helikoptersparte von Airbus und fügte an: „Der Cityairbus NextGen kombiniert das Beste aus beiden Welten mit einer neuen Architektur und schafft die richtige Balance zwischen Schweben und Vorwärtsflug.“
Airbus-Lufttaxi: Zweite Version sieht eher nach Flugzeug aus
Für den ersten Cityairbus waren die vier kreisrunden Metallverstrebungen an der oberen Kante der Maschine charakteristisch. In ihnen drehten sich jeweils die elektrisch angetriebenen Doppelpropeller. Nachdem sie per Fernsteuerung angelassen wurden, brachten sie das unbemannte Flugobjekt nahezu senkrecht in die Luft. Der Nachfolger sieht auf den ersten Blick stärker nach einem Flugzeug aus.
Es gibt links und rechts jeweils eine starre Tragfläche sowie einen V-förmigen Heckflügel, an denen insgesamt acht Propeller eines einzigartigen neuen elektrischen Antriebssystems sitzen, so der Luft- und Raumfahrtkonzern. Das System der starren Flügel wurde auch beim Demonstrator Vahana verwendet, auf den Even verwies. Das Projekt mit dem per Autopilot gesteuerten Einsitzer wurde im US-Bundesstaat Oregon durchgeführt und Ende 2019 beendet.
- Flugtaxis: So fühlt es sich im Innern der Elektro-Jets an
- Ein Experte verrät, wie der Verkehr der Zukunft aussieht
Größenangaben für das neue Airbus-Lufttaxi noch geheim
In Deutschland lag der Fokus der Öffentlichkeit hingegen von Anfang an mehr auf dem Cityairbus, weil dieser im Werk in Donauwörth von der Helikoptersparte gebaut wird. Auch der Cityairbus NextGen soll dort gefertigt werden. Welche Außenmaße das neue Lufttaxi haben wird, ist noch Geheimsache.
Während der erste Cityairbus mit maximal acht mal acht Metern kleiner als der kleinste Helikopter sein sollte, sodass er in den engen Städten an vielen Orten starten und landen könnte, lässt sich der Konzern für den Nachfolger keine Größenangaben entlocken. Man werde „natürlich die Anforderungen, die sich aus der Infrastruktur ergeben, im Auge haben“, sagte Airbus-Sprecher Gregor von Kursell dem Abendblatt: „Derzeit wollen wir uns noch nicht über die genauen Maße äußern. Der Wettbewerb muss ja nicht alles wissen.“
Reichweite des Airbus-Lufttaxis soll bei 80 Kilometern liegen
Klar sind aber andere Parameter des Flugobjekts: Wie bei dem Vorgänger sollen bis zu vier Passagiere in die senkrecht startende und landende Maschine passen. Ein Pilot muss eigentlich nicht an Bord sein, weil der Cityairbus vollautomatisch fliegen können soll. Aus rechtlichen Gründen dürfe man aber zumindest anfangs wohl nicht darauf verzichten. Die Reichweite soll bei 80 Kilometern liegen. Und die Reisegeschwindigkeit bei 120 Kilometern pro Stunde. Damit sei er für eine Reihe von Missionen in Großstädten einsetzbar, so der Konzern.
Ob Lufttaxis aber tatsächlich die Großstädte in Massen erobern werden, wird heute selbst in der Branche bezweifelt. Das liegt an mehreren Gründen: Um die Sicherheit zu gewährleisten und Unfälle zu verhindern, bedarf es zum einen eines guten automatischen Flugmanagementsystems. Und zum anderen gibt es natürlich den Faktor Lautstärke. Die Maschinen müssen leise sein, damit sie überhaupt vom Großteil der Bevölkerung akzeptiert werden können. Airbus kündigte an, dass der Schallpegel während des Überflugs geringer als 65 Dezibel sein soll und während der Landung weniger als 70 Dezibel. Zum Vergleich: Eine normale Unterhaltung hat bis zu 60 Dezibel, in der Nähe eines eingeschalteten Staubsaugers sind es um die 70 Dezibel und tagsüber an einer Hauptverkehrsstraße zwischen 70 und 80 Dezibel.
Lufttaxis gelten als künftiger potenzieller Milliardenmarkt
Der Cityairbus NextGen erfülle die höchste Zertifizierungsstufe für vertikal startende und landende Fluggeräte der europäischen Aufsichtsbehörde EASA, so das Unternehmen. Man profitiere von der jahrzehntelangen Erfahrungen aus dem Flugzeugbau, Forschung und Entwicklung der Soundtechnologie und von den Erfahrungen mit dem ersten Cityairbus und dem Vahana-Projekt. Mit den beiden sogenannten Demonstratoren – dabei handelt es sich um Flugobjekte, die zum Experimentieren gebraucht werden, aber noch keine Vorstufe einer Serienfertigung sind – wurden 242 Flug- und Bodentests absolviert, und sie seien etwa 1000 Kilometer weit geflogen. Auch im Windkanal wurde getestet.
Weltweit gelten Lufttaxis als zukünftiger potenzieller Milliardenmarkt. „Wir sind bestrebt, einen völlig neuen Markt mitzugestalten, der die urbane Luftmobilität nachhaltig in die Städte integriert und gleichzeitig ökologische und soziale Belange berücksichtigt“, sagte Airbus-Helikopter-Chef Even. Die Maschine soll dank ihres Elektroantriebs für Flüge mit null Emissionen stehen. Man wolle dank der Fähigkeiten im Konzern der Gesellschaft einen sicheren, nachhaltigen und vollständig integrierten Service bieten, so Even.
Lufttaxis: Ein neues Luxusvehikel für Reiche?
Spannend dürfte das Thema Ticketpreise werden. Im Jahr 2018 errechnete die Beratungsgruppe Porsche Consulting beispielsweise für die 40 Kilometer lange Strecke vom Münchner Flughafen zum Marienplatz eine Reisedauer von zehn Minuten in der Luft statt 45 Minuten mit dem Auto und einem Flugpreis von etwa 100 Euro, damit es sich für einen privaten Anbieter rechnet.
Kritiker monieren, dass vor allem ein neues Luxusvehikel für Reiche geschaffen werden könnte. Statt mit Hubschrauber oder Limousine ginge es dann trendy mit dem Lufttaxi zum Konzert oder Sportevent. Auch gilt die Kapazität von maximal vier Personen an Bord als zu gering, um die Stauprobleme in den Städten dauerhaft zu lösen – wie es die Branche mitunter suggeriert.
Auslegung auf vier Passagiere Gewichtsklasse der Zukunft
Bei Airbus sieht man sich in dem neuen Marktsegment der Passagierdrohnen – in dem auch deutsche Start-ups wie Lilium und Volocopter Schlagzeilen machen – weltweit führend. Der deutsche Helikopter-Chef Wolfgang Schoder sagte Ende Juli nach einem Testflug in Manching, der Cityairbus sei in seiner Klasse das einzige Fluggerät, das als vollelektronischer Senkrechtstarter bereits in Originalgröße fliege.
Die Auslegung auf vier Passagiere bei einem Abfluggewicht von mehr als zwei Tonnen sei die Gewichtsklasse der Zukunft für die sogenannte „Urban Air Mobility“, also für die städtische Mobilität in der Luft. Der Cityairbus NextGen muss das nun beweisen. Das Ziel umschreibt Even so: „Der Prototyp soll den Weg ebnen für die Zertifizierung, die um das Jahr 2025 herum geplant ist.“