Hamburg. Käufer und Verkäufer sollen sich die Provision eigentlich teilen. Doch nach Abendblatt-Recherchen gibt es Schlupflöcher.

Seit einem halben Jahr gelten für die Maklercourtage neue Regeln, Verkäufer und Käufer müssen sich seitdem das Honorar für den Vermittler teilen. Das Ziel dieser Regelung: mehr Wettbewerb in den verkrusteten Maklermarkt zu bringen. Am Ende sollten geringere Provisionssätze stehen als bisher, denn durch die gestiegenen Immobilienpreise haben auch die Erlöse der Makler kräftig angezogen.

Wie wirkt sich das für die Käufer in Hamburg aus? Wie reagieren die Makler? Wie verhandlungsstark sind Immobilienverkäufer, die nun die Hälfte der Courtage übernehmen müssen? Werden durch die Neuregelung Immobilien noch teurer? Das Abendblatt sprach mit Experten und analysiert die bisherigen Auswirkungen der neuen Courtageregelung.

Maklercourtage: Wie sich die neue Regelung für Hamburg auswirkt?

Rein formal profitieren Käufer in Hamburg seit dem 23. Dezember 2020 von der Teilung der Courtage, denn zusammen mit Berlin, Brandenburg, Hessen und Bremen hatte sich hier die Praxis etabliert, der Käufer zahlt die Provision allein. Auch in den an Hamburg angrenzenden Regionen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurde diese Praxis übernommen. Rein formal hat es zwar eine Entlastung für die Käufer gegeben, doch angesichts weitergestiegener Immobilienpreise ist der Effekt geringer als erhofft.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ermittelte für Käufer in Hamburg einen Rückgang von 2,6 Prozentpunkten. Ein wirklicher Wettbewerb um die Maklerprovision ist aber noch nicht in Gang gekommen. „Teilweise wird sogar der Provisionsanteil des Verkäufers zu 90 Prozent auf den Vermarktungspreis aufgeschlagen“, sagt Sebastian Wagner, Gründer und Unternehmenschef von Hausgold. Die digitale Immobilienplattform aus Hamburg vermittelt Makler an Eigenheimverkäufer.

Was müssen Käufer bei der Maklercourtage jetzt zahlen?

Eine Auswertung des Abendblatts zu Verkaufsangeboten von Einfamilienhäusern auf dem Immobilienportal Immobilienscout24 ergab, dass mit 36 Prozent der höchste Anteil jetzt auf einen Provisionssatz von 3,57 Prozent entfällt. Der wird teilweise von Maklern wie Dahler & Company, Engel & Völkers und Sparda Immobilien verlangt. 3,57 Prozent ist die Hälfte des Satzes von 7,14 Prozent, der vor der Reform nur in Ausnahmefällen in der Hansestadt kassiert wurde.

Üblich war eine Provision von 6,25 Prozent, die Hälfte waren also nur 3,125 Prozent. Doch nur 16 Prozent der Angebote sind jetzt noch mit diesem Provisionssatz zu finden, wenn man auch leichte Aufrundungen auf 3,20 Prozent mitberücksichtigt. Zusammen entfallen nach der Stichprobe also mehr als die Hälfte der Angebote auf diese beiden Provisionssätze.

Angesichts der hohen Immobilienpreise für Einfamilienhäuser in Hamburg, müssen die Käufer erhebliche Mittel aus dem Eigenkapital für den Makler zur Verfügung stellen. Bei einem Hauspreis von 850.000 Euro sind das zwischen 30.345 Euro (3,57 Prozent) und 27.200 Euro (3,20 Prozent). Viel Geld bei einer Vermarktungsdauer von durchschnittlich 46 Tagen für eine Eigentumswohnung und 40 Tagen für ein Haus in der Hamburger Region.

Auch die Immobilienplattform Hausgold kommt nach der Auswertung von Daten von insgesamt 4000 Maklern zu dem Ergebnis, „dass sich die Höhe der Maklercourtage, wenn man sie insgesamt betrachtet, seit der Gesetzesänderung nicht signifikant geändert hat“, sagt Wagner im Gespräch mit dem Abendblatt. Allerdings gibt es nach der Abendblatt-Auswertung auch Angebote mit weniger als drei Prozent Courtage, und 25 Prozent der Offerten sind sogar offiziell ohne Courtage, auch Makler sind darunter vertreten wie das Hamburger Unternehmen Wentzel Dr.

Werden von Maklern jetzt höhere Provisionen verlangt?

Hausgold hat bundesweit nach Quartalen erfasst, wie sich der Anteil der Maklercourtage nach bestimmten Größenordnungen verändert hat. Erstmals ablesbar ist die neue Gesetzeslage ab dem ersten Quartal 2021. Dabei zeigt sich, dass sich der Anteil der höchsten Gesamtcourtage (mehr als sieben Prozent) von 25 auf 34 Prozent erhöht hat.

Immer mehr Makler reizen also die höchste Courtagespanne aus, wie auch die Auswertung des Abendblatts gezeigt hat. Gleichzeitig ist der Anteil der mittleren Courtagespanne, also zwischen sechs und sieben Prozent, von 56 auf 52 Prozent zurückgegangen (siehe Grafik). Die Makler freut es: „Die Immobilienverkäufer sind weiterhin bereit, für gute Leistung zu zahlen und denken meist gar nicht erst daran, an dieser Stelle zu verhandeln“, sagt Wagner.

Ähnlich wird das vom Hamburger Makler Grossmann & Berger eingeschätzt. „Auch die Verkäufer akzeptieren ihren Teil der Courtage“, sagt Andreas Gnielka, Geschäftsleiter Wohnen Bestand bei Grossmann & Berger. „Natürlich versucht der eine oder andere Verkäufer, die Courtage nach unten zu verhandeln. Aber da argumentieren wir ganz sachlich mit unserer Dienstleistungskette und dann ist die Courtagehöhe kein Thema mehr.“

Wird die Courtage auf den Immobilienpreis aufgeschlagen?

Knapp 40 Prozent der Verkäufer wollen nach den Erhebungen von Hausgold über die Höhe der Courtage verhandeln. „25 Prozent wollen zumindest einen kleinen Nachlass erreichen, und 13 Prozent verhandeln richtig hart“, sagt Wagner. In Top-Lagen werde eher verhandelt als in abgelegenen Regionen. „Wir gehen davon aus, dass Makler für diese beiden Gruppen etwa 90 Prozent des Courtageanteils der Verkäufer auf den Vermarktungspreis aufschlagen.“

Bisher werde das vom Markt angesichts der hohen Immobiliennachfrage akzeptiert, aber man müsse abwarten, ob das auch langfristig so bleibt. Auch ist der Vermarktungspreis nicht immer der beurkundete Verkaufspreis. „2021 sind die Preise weitergestiegen. Aber ob das jetzt an der Maklercourtageteilung oder an der allgemeinen Marktdynamik durch Corona liegt, lässt sich nicht genau sagen“, sagt Gnielka.

Die Preisdaten des Verbandes der Hypothekenbanken zeigen auf Basis tatsächlicher Kaufpreise für Hamburg im ersten Quartal des laufenden Jahres jedenfalls einen deutlichen Preisschub. Einfamilienhäuser verteuerten sich danach im Vergleich zum Vorjahresquartal um 11,2 Prozent und Eigentumswohnungen um 7,4 Prozent.

Warum wird häufig nicht über die Courtage verhandelt?

Die Käufer sind in einer schlechten Verhandlungsposition, weil es für fast jedes Objekt aktuell sehr viele Interessenten gibt. In einer deutlich besseren Position sind aber die Immobilienverkäufer, weil sie zumeist eine sehr begehrte Immobilie haben, die viele Makler vermitteln möchten. Erreichen die Verkäufer einen geringeren Satz, hilft das auch den Käufern, denn beide zahlen maximal die Hälfte der gesamten Courtage.

„Aber nach unseren Erfahrungen verhandeln 50 Prozent der Verkäufer überhaupt nicht“, sagt Wagner. „Der Immobilienverkauf insbesondere von Einfamilienhäusern ist eine sehr emotionale Angelegenheit. Die Verkäufer geben ein Haus weg, in dem die Kinder aufgewachsen sind, in das man viel Arbeit gesteckt hat. Da sind wohl viele überfordert so zu agieren wie sie das beim Kauf eines Autos sicherlich tun würden.“

Welche Entwicklung ist bei der Courtage zu erwarten?

Makler Wagner sieht wenig Chancen, dass das Niveau der Courtage künftig noch sinken wird. „Das wäre nur möglich mit einer gesetzlichen Begrenzung“, sagt Wagner. „Insgesamt ist der Markt sehr kleinteilig und bei den Maklern gibt es keine Tendenzen, sich gegenseitig zu unterbieten.“ Neue Marktteilnehmer wie Homeday, die mit je 1,95 Prozent Courtage für Verkäufer und Käufer werben, sind die Ausnahme.

„Für viele Verkäufer ist die Provisionshöhe offensichtlich nicht das entscheidende Kriterium, und die Courtage wird ja auch erst fällig, wenn die Immobilie verkauft ist“, sagt Wagner. Allerdings könnte es künftig noch mehr provisionsfreie Verkaufsangebote ohne Makler geben. „Unserer Erfahrung nach versuchen preissensible Eigentümer eher, ihre Immobilien selbst zu verkaufen und die Maklerprovision vollständig einzusparen“, sagt Kai Enders, Vorstand der Engel & Völkers AG.

Insgesamt sei auf dem Markt daher eine Verschiebung zum Privatverkauf festzustellen. „Ein Blick ins Ausland zeigt, dass die deutschen Maklerprovisionen immens sind“, sagt Immobilienexperte Michael Voigtländer vom IW. In Schweden, den Niederlanden und Großbritannien beispielsweise erhalten Makler insgesamt maximal zwei Prozent Provision. In Dänemark liegt die Provision bei vier Prozent