Hamburg. Seit 25 Jahren ist das beliebte Center für Designmöbel in der Hansestadt. Der Eigentümer betreibt mittlerweile auch zwei Hotels.
Die Türen schließen sachte, dann gleitet der gläserne Fahrstuhl langsam nach oben – und öffnet den Blick in den beeindruckend hohen Raum des Hamburger Stilwerks. Alexander Garbe beginnt den Rundgang in der ersten Etage. Dort hat der skandinavische Möbelhersteller Fasmas im vergangenen Jahr einen neuen Standort eröffnet. Nicht weit entfernt sind die Verkaufsräume der hansgrohe Group, die auf einer erweiterten Fläche edle Armaturen und stylishe Brausen zeigt.
Nach fast einem halben Jahr im Corona-Lockdown sind die Geschäfte in der Design-Institution am Fischmarkt wieder geöffnet. „Endlich“, sagt der Hausherr, und man merkt ihm die Erleichterung an. Auch an anderen Stellen tut sich was. Im dritten Stock richtet sich der Berliner Möbelhersteller Fraai ein. „Die Neueröffnung ist jetzt für Mitte Juni geplant“, sagt Garbe. Die Pandemie hat auch im Stilwerk Zeitpläne ins Wanken gebracht.
Hamburger Stilwerk feiert Geburtstag
Ein Termin allerdings steht: In diesem Jahr wird das Stilwerk 25 Jahre alt. Seit 1996 ist die ehemalige Malzfabrik aus dem 17. Jahrhundert eine bekannte Adresse für Designermöbel – vom Klassiker bis zur Avantgarde, von der Küche bis zum Arbeitszimmer, von der Planung bis zur Einrichtung, vom Showroom bis zum digitalen Shopping. „Wir sind eine Plattform für gehobenen Lebensstil, hauptsächlich für Innenarchitektur“, sagt Alexander Garbe.
Sein Vater, der Immobilienunternehmer Bernhard Garbe, hatte die Idee gemeinsam mit dem Gründer des Edeleinrichters Clic, Alexander Raab, umgesetzt, in dem Industrie-Denkmal an der Elbe inmitten des einstigen Rotlichtviertels Premiumhersteller und -händler unter einem Dach zu versammeln. Quasi ein Institut für guten Geschmack – vor einem Vierteljahrhundert war das ein Novum.
Angebotsspektrum des Stilwerks gewachsen
„Das Konzept ist im Grundsatz unverändert“, sagt Garbe junior, der das Stilwerk seit 2009 führt und zwischen 2015 und 2017 aus dem Familienunternehmen herausgelöst und übernommen hatte. „Allerdings haben wir heute mehr Varianz und Breite bei den Marken.“ Auch das Angebotsspektrum sei gewachsen. „Das Haus ist weniger auf den Verkauf von einzelnen Möbelstücken ausgerichtet. Konzeption und Planung von der Einrichtung einzelner Zimmer bis zu ganzen Wohnungen spielen eine größere Rolle als in den Anfangsjahren.“
In der Corona-Zeit ist das ein Vorteil. Viele Unternehmen im Haus hätten trotz der langen Geschäftsschließungen weiterhin Planungs- und Beratungsaufträge bekommen, so Garbe. „Wir haben keinen Mieter wegen der Pandemie verloren. Da geht es uns besser als anderen.“ Aktuell gebe es keine Leerstände im Stilwerk. Als Vermieter habe er mit allen gesprochen und „individuelle Lösungen gefunden“.
Acht neue Anbieter im Hamburger Stilwerk
Inzwischen ist der Hausherr auf seinem Rundgang in der 5. Etage angekommen. Dort ist seit Oktober 2020 das britische Unternehmen Timothy Oulton auf einer 600-Quadratmeter-Fläche mit der ersten Deutschland-Niederlassung vertreten. „Die Kunden, die die Marke kennen, haben uns schnell gefunden“, erklärt Ladenchef Michael Rips.
Das Geschäft sei trotz des Lockdowns gut angelaufen. Jetzt soll es richtig losgehen. Insgesamt werden in den nächsten Wochen acht neue Anbieter im Stilwerk präsent sein. Unter anderem eröffnet das Berliner Label Urbarana, das 2011 als Online-Anbieter für hochwertige Heimtextilien gestartet war, einen Pop-up-Shop im Souterrain.
An diesem Vormittag ist allerdings wenig los. Aus unsichtbaren Lautsprechern tröpfelt gefällige Loungemusik. Im ganzen Haus verlieren sich nur wenige Kunden, um zu schauen, zu shoppen oder im hauseigenen Restaurant zu speisen. Das hat mit dem Neustart nach Corona zu tun, aber nicht nur. Auch in der Design-Destination am Fischmarkt macht sich der Wandel im Handel bemerkbar.
USM Haller in Hamburger Innenstadt präsent
Zogen in den Anfangsjahren Läden wie der Conran-Shop des britischen Designers und Habitat-Gründers, Sir Terence Conran, oder das House of Scandinavia zahlreiche Kaufwillige ins Haus, gibt es heute unter den etwa 30 Mietern immer mehr mit sehr speziellen Angeboten, etwa für besondere Markisen und Sonnenschutzsysteme oder einen Hersteller von edlen Hometrainern aus Holz. Bekannte Marken, wie der Inneneinrichter USM Haller, sind nicht im Stilwerk, sondern in der Hamburger Innenstadt präsent.
Auch Möbelhändler Alexander Raab, der mit Clic zu den Gründungsmietern gehört, zieht es dorthin. Das Unternehmen eröffnet im Oktober in den historischen Stadthöfen an der Stadthausbrücke neue Verkaufsräume und wird das Stilwerk verlassen. Schon Ende August zieht der Markenshop Rolf Benz, den Clic-Inhaber Raab im vierten Stockwerk betreibt, ebenfalls in die Stadthöfe.
„Die Mietverträge laufen aus. Ich musste eine Entscheidung für die nächsten zehn Jahre treffen“, sagt der bestens vernetzte Händler zu dem Schritt. Beide Geschäfte seien in dem neuen Umfeld gut aufgehoben, das mehr Kunden von außerhalb anziehe. Der Unternehmer wird noch mit einem kleineren Pop-up-Shop von Rolf Benz im Stilwerk vertreten sein, auch der Markenshop von Cor/Interlübke bleibt.
„Wir haben seit Jahren stabile Besucherzahlen“
Die Konkurrenz wächst. Trotzdem ist Stilwerk-Chef Alexander Garbe zuversichtlich. „Wir haben seit Jahren stabile Besucherzahlen.“ Etwa 300.000 Kunden kämen jedes Jahr ins Haus – vor Corona. Wichtiger ist ihm eine andere Zahl: Der Umsatz pro Quadratmeter sei in den vergangenen Jahren leicht gestiegen, auf 3000 bis 3500 Euro. „Es hat immer Marktbewegungen gegeben“, so Garbe. Den Vorteil des Stilwerks sieht er darin, dass es viele Marken unter einem Dach vereinige – aktuell sind es etwa 800. Auch in Corona-Zeiten habe es Anfragen von neuen Mietern gegeben.
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In den vergangenen Jahren hat der Sohn des Stilwerk-Gründers das Unternehmen umgebaut und ist unter der Marke Stilwerk Hospitality auch unter die Hoteliers gegangen. Von den einst fünf Stilwerk-Standorten sind noch Hamburg und Düsseldorf übrig. Ende April hatte das Berliner Stilwerk an der Kantstraße geschlossen, nachdem der neue Immobilieneigentümer den Mietvertrag gekündigt hatte und mit einem ähnlichen Konzept selbst an den Markt gehen will. „Wir waren dort erfolgreich. Unser Konzept wird jetzt gehijackt“, sagt Garbe. Nun sucht er einen neuen Standort in der Hauptstadt.
Firmenzentrale an der Großen Elbstraße
Inzwischen sitzt der Unternehmer in einem Besprechungsraum im achten Stock der ehemaligen Malzfabrik an der Großen Elbstraße. Hier ist die Firmenzentrale mit gut 20 Beschäftigten. Im Vorbeigehen hat er die Post mit hereingenommen. „Die meisten Mitarbeiter sind im Homeoffice, da müssen wir uns alle ein bisschen anders organisieren.“
Im Eingangsbereich hängt noch ein Plakat mit den Zielen für 2020. Es war kein einfaches Jahr für die Stilwerk-Gruppe. „Corona hat uns eineinhalb Jahre in der Geschäftsentwicklung gekostet“, sagt Alexander Garbe, der das Unternehmen gemeinsam mit Tatjana Groß führt. Über Geschäftszahlen schweigt der Bankkaufmann, der unter anderem in London in der Immobilienbranche gearbeitet hat.
Mitten in der Pandemie im April vergangenen Jahres war das erste Stilwerk-Hotel eröffnet worden, im Hamburger Stadtteil Rotherbaum. Die Idee: „Wir wollen Herstellern und Händlern ein weiteres Schaufenster geben, um ihre Produkte im wirklichen Leben zu präsentieren“, sagt Garbe. Sein Unternehmen hat viel Geld in das Haus mit 24 Zimmern investiert. Eine konkrete Summe will der Firmenchef nicht nennen. Im Abendblatt hatte er Anfang 2019 von einem Investitionsvolumen von 40 Millionen Euro für drei geplante Projekte gesprochen.
Der Umbau des Strandhotels ist auf 2022 verschoben
Ein Jahr später traf Corona die Branche mit voller Wucht. „Hotels sind im Moment nicht das Gewerbe, das wahnsinnig viel Freude macht“, sagt der Stilwerk-Chef. Der Neubau eines Stilwerk-Hotels in Travemünde lag in den vergangenen Monaten auf Eis. Jetzt sind die Planungen wieder gestartet. „Wir haben das Grundstück und die Baugenehmigung, aber wir müssen jetzt erst mal sehen, wie sich die Lage nach Corona entwickelt“, so Garbe. Das gelte auch für ein Hotelprojekt in den Harburger Bergen. Noch kurz vor Beginn der Krise im März 2020 hatte die Stilwerk-Gruppe das Strandhotel in Blankenese erworben und betreibt es seitdem. Der Umbau ist aber verschoben, auf frühestens 2022
Sehr konkret wird inzwischen ein anderes Projekt im Kerngeschäft der Gruppe. Nach sieben Jahren Planung soll in Rotterdam ein weiteres Stilwerk eröffnen. 20 Millionen Euro investiert Garbe in das ehemalige Lagerhaus auf der Halbinsel Katendrecht zwischen Rhijn- und Maashaven. „Erstmals bauen wir in den beiden oberen Stockwerken auch Apartments für Kurzzeitmieter“, sagt er. Die Fertigstellung hat sich allerdings – coronabedingt – um gut ein Jahr auf voraussichtlich Ende 2022 verschoben.
Wohnungen im Hamburger Stilwerk möglich
Auch für den Pionierstandort in Hamburg hat der Vater von zwei Töchtern, der mit seiner Familie am Klosterstern wohnt, neue Pläne. So könne er sich auch hier Wohnungen im obersten Stockwerk mit Blick über Stadt und Hafen vorstellen, sagt er. Jetzt soll aber erst mal das Jubiläum gefeiert werden. Unter anderem mit einer digitalen Schatzsuche – die an ganz reale Orte in Hamburg, Düsseldorf und Berlin führt. Es geht um Designobjekte – natürlich.