Hamburg. Fluggesellschaft bringt ihre Kunden im Privatjet auf die Malediven, nach Dubai oder wohin sonst sie wollen. Was das kostet.
Russen gehören traditionell zu den wichtigsten Kunden von Air Hamburg. In diesem Winter war das nicht anders. Doch statt in Richtung der Skigebiete hob die Charterfluggesellschaft für Gutbetuchte und Stars wegen der Corona-Pandemie und Reiserestriktionen in den Alpen-Ländern in Richtung Sonnenziele ab.
„Unsere Rennstrecke ist derzeit Moskau–Dubai“, sagt Air-Hamburg-Chef Floris Helmers. Rund 45.000 Euro lassen sich die Kunden das für eine Strecke kosten. Teilweise sei man mit zehn Fliegern an einem Tag in dem Wüstenstaat. Denn auch aus restlichem Europa heraus ist das Emirat gefragt.
Großes Schlafzimmer und eine Dusche
Das zweite Hauptziel für die Hamburger Privatjet-Airline sind die Malediven. Teilweise habe es dort schon keine Parkplätze mehr gegeben, sodass die Maschinen nur schnell ihre Passagiere aus- und neue einsteigen lassen konnte, bevor sie wieder abhoben. Dieser Trip kostet noch einmal 30.000 Euro mehr. Und bald steht für diese Routen ein neuer Flieger zur Verfügung.
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„Unser neues Flaggschiff wird die Lineage 1000E“, sagt Helmers. Das Geschäftsreiseflugzeug basiert auf der Embraer 190. Dabei handelt es sich um eine in Brasilien gebaute Maschine, die vor allem auf Kurzstrecken im Regionalverkehr eingesetzt wird. Auf Massen ausgerichtete Fluglinien packen gut 100 Passagiere in den Jet. Bei Air Hamburg wird es nur 19 Sitzplätze geben. Es soll ein großes Schlafzimmer, eine Dusche sowie einen in Beige gehaltenen Ess- und Chillbereich geben.
Der Embraer-Jet sei top beim Preis-Leistungs-Verhältnis
„Wir haben gerade den Kaufvertrag für die Maschine unterzeichnet“, sagt der 47-Jährige. Bereits Ende Juni will er die Maschine in Empfang nehmen. Es handelt sich um ein Vorführflugzeug, das nur wenige Flugstunden auf der Uhr hat und voll eingerichtet ist. Zu den Finanziers dürfte – wie in der Vergangenheit häufig – Wella-Erbe Simon Ebert zählen, dessen Familie einst der Haarpflegespezialist Wella gehörte. Umgerechnet knapp unter 30 Millionen Euro dürfte der Jet wohl kosten.
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„Die Lineage 1000E ist hinsichtlich Länge, Spannweite und Höhe die mit Abstand größte Maschine in unserer Flotte“, sagt Helmers. Vom Bug bis zum Heck misst sie etwa 36 Meter und liegt damit zwischen den Airbus-Modellen A319 und A320. „Wir haben auch mal mit Airbus gesprochen. Aber das ist für uns preislich unattraktiv“, sagt Helmers. Der Embraer-Jet sei top beim Preis-Leistungs-Verhältnis und überzeuge mit hoher Qualität. Ersatzteile seien wegen des Einsatzes als Regionaljet überall erhältlich und günstiger als bei anderen Maschinen in der Flotte.
Die Lineage 1000 schafft dank Zusatztanks rund 8500 Kilometer nonstop
Die Lineage 1000 schafft dank Zusatztanks rund 8500 Kilometer nonstop. Neben Dubai und Malediven soll der Flieger künftig die Ostküste Amerikas und die Karibik ansteuern. Mit einem Tankstopp seien sogar Trips nach Australien möglich. Für die Crew gibt es einen Ruheraum, sodass sich ein dritter Pilot an Bord zum Schlafen legen kann. Statt regulär eine wird es an Bord des Fliegers stets zwei Stewardessen geben.
Die Lineage 1000E ist nicht das einzige Flugzeug, das in diesem Jahr in die Flotte aufgenommen wird. „Pro Jahr ist unser Ziel, netto sechs bis sieben neue Maschinen einzuflotten“, sagt Helmers. Drei Embraer Legacy verschiedener Größen sind bereits seit Jahresanfang neu hinzugekommen.
Air Hamburg unterhält seit 2017 eine eigene Luftwerft
Im Sommer sollen zwei Praetor des brasilianischen Herstellers folgen, die technologische Weiterentwicklungen der Legacy sind. Von zwei älteren Maschinen trennte man sich zuletzt, weil die Gelegenheit günstig war und damit das Durchschnittsalter der Flotte von derzeit etwa fünf Jahren jung bleibt. 39 Jets fliegen derzeit im Design der Airline, die an Bord bereits weltbekannte Promis wie Schauspieler George Clooney, Ex-Politiker Tony Blair und den Dalai Lama begrüßte. Am Jahresende sollen es zwischen 43 und 45 Flugzeuge sein.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Weil die Maschinen in regelmäßigen Abständen gewartet werden müssen, unterhält Air Hamburg seit 2017 eine eigene Luftwerft in Baden-Baden. Anfang Mai soll dort der Spatenstich für eine neue Halle erfolgen. Sie ist so breit, dass an drei Maschinen gleichzeitig große Checks vorgenommen werden können, bei denen die Ersatzteile an der Seite gelagert werden – was viel Platz kostet.
Und sie ist so hoch, dass auch Boeings 737 oder ein Airbus A320 hineinpassen würde. In weniger als einem Jahr soll die Halle fertig sein, mehr als zehn Millionen Euro werden investiert. Bisher werden rund ein Drittel der Wartungsaufträge an Fremdfirmen vergeben.
Bewerberflut von Piloten
Während in der Branche wegen der nach wie vor herrschenden Flaute im Pauschaltourismus und bei Geschäftsreisen überwiegend Jobs abgebaut werden, baut Air Hamburg Stellen auf. „Wir haben in den ersten drei Monaten mehr als 100 Kollegen eingestellt und sind nun bei knapp 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, sagt Helmers.
Dabei habe es nur wenige Abgänge durch Umzüge und Verrentungen gegeben. Auf der anderen Seite herrscht derzeit eine regelrechte Bewerberflut. In den vergangenen zwölf Monaten hätten sich allein 1200 Piloten um eine Anstellung beworben. In der Zentrale in Bahrenfeld wurden zusätzliche Büros angemietet. Dort sowie im Café Himmelsschreiber am Flughafen sowie in der Flugschule beschäftige man mehr als 200 Mitarbeiter am Standort Hamburg. Weil der Arbeitsmarkt momentan gut sei, wolle man die Gunst der Stunde nutzen und weiterwachsen.
Im vergangenen Jahr konnte Air Hamburg trotz Corona und Lockdowns den Umsatz nahezu stabil bei knapp 183 Millionen Euro halten. Die Höhe des Gewinns beziffert das Unternehmen nicht. „Für 2021 rechnen wir mit 200 Millionen Euro Umsatz und einem positiven Ergebnis“, sagt Helmers. Die gesunde Marge solle weiteres Wachstum ermöglichen.
Urlaubsflüge überwiegen momentan
Im ersten Quartal habe es bei Umsatz, Ergebnis und Flugstunden ein leichtes Plus gegeben – was allerdings auch an der vergrößerten Flotte lag. Die Crews werden vor ihren meist eine Woche dauernden Einsätzen auf Covid-19 getestet. Zudem sind in vielen Ländern nach der Landung Tests obligatorisch. Im Kundenkontakt soll das Personal stets Handschuhe und Mund-Nasen-Schutz tragen. Auch das trage zu mehr Sicherheit im Privatjet bei und werde von den Kunden geschätzt.
Momentan überwiegen die Urlaubsflüge, zudem gibt es auch Regierungs- und Militäraufträge sowie Werttransporte. Perspektivisch sollten aber auch die Geschäftsreisen wieder zulegen, sagt Helmers und ist für den Rest des Jahres optimistisch: „Wir erwarten einen steilen Anstieg bei den Buchungen und volle Auftragsbücher. Viele Leute wollen reisen, sobald die Beschränkungen fallen und die Bevölkerung in den Ländern durchgeimpft ist.“