Hamburg. Immer mehr Firmen setzen auf Klimaschutz und grüne Energie. Das dürften Verbraucher bald schmerzhaft zu spüren bekommen.
Der Strom stammt aus Wind, Sonne oder Wasserkraft statt aus Atom- oder Kohlekraft – Hunderttausende Hamburger Haushalte beziehen bereits Öko- oder Grünstrom. Und mit fast 50 Prozent ist der Anteil derjenigen Energieverbraucher in der Hansestadt im bundesweiten Vergleich ungewöhnlich hoch, die sich bei Abschluss eines neues Liefervertrags für einen Ökostromtarif entscheiden. Das fällt leicht: Zwischen Grün- und dem sogenannten Graustromtarifen gibt es kaum noch Preisunterschiede.
Das dürfte sich bald ändern. Denn nach Einschätzung des Hamburger Ökostrompioniers Lichtblick wird umweltverträgliche Energie teurer. „Der Preis für Grünstrom wird in den nächsten Jahren signifikant steigen“, sagte Lichtblick-Vertriebsvorstand Constantin Eis bei der Vorstellung der Jahresbilanz von Deutschlands mittlerweile fünftgrößtem Strom- und Gaslieferanten. „Grünstrom wird ein knappes Gut“, sagte Eis, der vor gut zwei Jahren vom Matratzen-Start-up Casper in die Hamburger Lichtblick-Zentrale wechselte.
Firmen kaufen massenhaft Grünstrom
Der Grund: Großabnehmer – etwa ganze Städte oder Unternehmen decken ihren Strombedarf mittlerweile aus erneuerbaren Energiequellen, weil sie klimaneutral werden wollen. Die Betreiber großer Serverparks ebenso wie Autobauer oder der Hamburger Gabelstaplerbauer Jungheinrich lassen ihre Anlagen und Werke nurmehr mit Grünstrom laufen – und kaufen ihn inzwischen oft direkt bei den Betreibern von Wind- oder Solarparks ein.
Der wachsenden Nachfrage steht ein weniger stark wachsendes Angebot gegenüber. „Erneuerbare Energien werden nicht stark genug ausgebaut“, sagte Eis. In den Niederlanden sei Ökostrom bereits knapp. Eine ähnliche Entwicklung erwartet der Lichtblick-Manager in den nächsten Jahren auch in Deutschland.
Lichtblick investiert in Energieparks
Das Unternehmen, das in seinen Gründungsjahren Teilnehmer zu Anti-Atom-Demonstrationen transportierte und seinen gut 400 Beschäftigten im Herbst 2020 frei gab, damit sie an der Hamburger Fridays-for-Future-Demo teilnehmen können, fordert nun von der künftigen Bundesregierung einen stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland. Lichtblick selbst will künftig auch zum Energieerzeuger werden, indem es in Wind- und Solarparks investiert. „Bis 2025 sollen 20 bis 25 Prozent unseres Absatzes aus eigener Ökostrom-Produktion stammen“, kündigte Innovationsvorstand Enno Wolf an.
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Im vergangenen Jahr waren die Zahl der Lichtblickkunden von 600.000 auf mehr als eine Million. der Umsatz auf von 600 Millionen auf mehr als eine Milliarde Euro und der Gewinn von 28 auf 50 Millionen Euro nach oben geschnellt. Hauptgrund: Lichtblick übernahm vom Konkurrenten E.on das Geschäft mit Heizstrom-Kunden. In Hamburg, wo das Unternehmen um die 80.000 Kunden beliefert, sei das Wachstum der Verträge „moderat“ gewesen, hieß es.
Schelte von Robin Wood
Weil das Unternehmen inzwischen komplett dem niederländischen Energieversorger Eneco gehört, musste es einen Imageschaden hinnehmen. Die Umweltorganisation Robin Wood führt Lichtblick nicht mehr als besonders empfehlenswerten Stromanbieter, weil Eneco auch noch Graustrom verkauft.