Hamburg. Sonnabends drohen während der Pandemie lange Schlangen im Einzelhandel. Doch es gibt Zeiten, zu denen trifft man kaum andere Kunden.

Mittwochvormittag stand Jörg Meyer vor einem gewaltigen Pro­blem. Eigentlich ist der Edeka-Kaufmann niemand, der sich leicht aus der Ruhe bringen lässt. Er ist lange im Geschäft, betreibt in und um Hamburg neun Supermärkte. Aber nachdem der Bund-Länder-Gipfel gut 24 Stunden vorher beschlossen hatte, den Corona-Lockdown über Ostern mit sogenannten Ruhetagen zu verschärfen und auch den Lebensmittelhandel am Gründonnerstag zu schließen, musste er die gesamte Lieferlogistik umplanen.

„Die Entscheidung ist eine Katastrophe. Wir steuern auf ein Chaos zu“, sagte Meyer dem Abendblatt. Das war um 10 Uhr. Gut eine Stunde später war plötzlich alles wieder anders. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kassierte die Osterruhe und entschuldigte sich für die zusätzliche Verunsicherung in der Bevölkerung. „Gott sei Dank“, sagte Meyer etwas später.

Kritik an politischen Entscheidungen

Der Edeka-Kaufmann ist nicht der Einzige, der erleichtert aufatmet. Der Handel hatte die Pläne zuvor massiv kritisiert. „Es ist ein kleiner Lichtblick, dass bei den vielen nicht nachvollziehbaren Entscheidungen in letzter Zeit, auch mal Sachargumente etwas bewegen können“, sagte der Präsident des Handelsverbands Nord, Andreas Bartmann, auf Anfrage des Abendblatts.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

 Es sei erschreckend, wie weit die Politik von der Realität entfernt sei und die Folgen der Geschäftsschließungen nicht zu Ende bedacht hätte. „Im Lebensmittelhandel ist Ostern eine besonders große Herausforderung. Die Warenlieferungen sind lange vorher geplant, die lassen sich nicht in wenigen Tagen umstellen“, so der Handelsexperte.

Woche vor Ostern ist die umsatzstärkste Jahreszeit

Zusammen mit dem Weihnachtsgeschäft ist die Woche vor Ostern die umsatzstärkste Jahreszeit, heißt es auch bei den Handelsforschern vom EHI Retail Institute. „Durch die vielen derzeitigen Einschränkungen in der Gastronomie, in den Betriebskantinen und beim Reisen hat sich das sogar noch verstärkt“, weiß EHI-Geschäftsführer Michael Gerling.

Aber an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten kauft man in der Pandemie generell am sichersten ein? Also wann trifft man auf möglichst wenige Menschen, die shoppen gehen?

Nach einer Umfrage des Kölner EHI-Instituts aus der Vor-Corona-Zeit ist der Sonnabend über alle Produktgruppen hinweg der stärkste Shoppingtag. Fast 60 Prozent der Deutschen kaufen dann Lebensmittel und Getränke. Auch der Freitag mit 52,2 Prozent wird für das Besorgen der Güter des täglichen Bedarfs gerne genutzt. Es folgt der Montag mit 45 Prozent. Mittwoch und Donnerstag liegen mit 37 Prozent etwa gleichauf. Schlusslicht unter den Werktagen ist der Dienstag, an dem jeder Dritte in Supermärkten und beim Discounter unterwegs ist.

Leere abends nach 19 Uhr

Rückschlüsse auf das Geschäft um die Ecke sind aber nur bedingt möglich. Der Sonnabend sei nach wie vor der stärkste Tag, sagt Frank Ebrecht, Geschäftsführer von Edeka Niemerszein mit neun Filialen in Hamburg. Von Montag bis Freitag verteile sich das aber mittlerweile ganz gut – mit Spitzen im Tagesverlauf. „Möglichst die Mittagszeit von 12 bis 14 Uhr und die Zeiten zwischen 17 und 19 Uhr meiden“, sagte Ebrecht, und er rät zum frühen Aufstehen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Von 8 bis 10 Uhr sei es recht entspannt mit kurzen Wartezeiten. Langschläfer fänden relative Leere abends nach 19 Uhr in den Geschäften vor. Länger haltbare Artikel sollten mit Blick aufs Osterfest möglichst in dieser Woche eingekauft werden. „In der Osterwoche wird es zu Schlangen vor den Läden kommen, weil ein Verkaufstag fehlt“, so Ebrecht. Und am Gründonnerstag sollte man möglichst aufs Einkaufen verzichten oder eben sehr früh ins Geschäft kommen.

Kunden sollten sich für Ostern einen Plan machen

Zu welchen Zeiten weniger Kunden in einem Markt einkaufen, hängt stark von der Lage ab. Edeka-Händler Meyer, der unter anderem einen großen Supermarkt in der Rindermarkthalle betreibt, empfiehlt, die Abendstunden zu nutzen. Grundsätzlich rät er dringend, sich einen Plan für die gesamte Osterzeit zu machen. „Alles, was haltbar ist, sollte man schon im Vorweg einkaufen. Wir sind vorbereitet.“ Unter anderem verpackt Meyer Fleisch und Wurst aus der eigenen Produktion sowie Fisch mit einem neuen Verfahren. „So erhöhen wir die Haltbarkeit auf fünf Tage.“

Auch die Hamburger Drogeriekette Budnikowsky empfiehlt, zu Randöffnungszeiten einzukaufen, um Kontakte zu minimieren. „Wir halten uns strikt an die Regularien bezüglich der maximalen Kundenzahl pro Standort. Das steuern wir bei besonders stark besuchten Filialen über die Anzahl der Einkaufskörbe und Einkaufswagen“, sagte eine Sprecherin.

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Kaufland empfiehlt seinen Kunden, die gesamte Länge der Öffnungszeiten zu nutzen, möglichst allein oder nur zu zweit einkaufen zu gehen und haltbare Lebensmittel bereits diese Woche einzukaufen. Bei Aldi, Penny und Rewe klingt das ähnlich. Bei der Drogeriemarktkette dm lohnt sich auch ein Blick auf die Internetseite oder in die App. Dort werden die Stoßzeiten jedes Marktes stundengenau angezeigt.

Rewe bietet darüber hinaus mit einem Abholservice in vielen Supermärkten sowie dem Lieferservice Alternativen zum Gang ins Geschäft. Auch die neuen Online-Lebensmittel-Bringdienste wie Gorillas, Flink und Bringoo sowie der Getränkelieferdienst Flaschenpost sind Gründonnerstag und Ostersonnabend am Start.